Reiner Kotulla
Ausstand
Eine Lahntal - Sardinien Roadstory
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Inhaltsverzeichnis
Titel Reiner Kotulla Ausstand Eine Lahntal - Sardinien Roadstory Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog „Nein“, schrie sie, „tu das nicht!“ Doch es war zu spät gewesen. Er saß kerzengerade in seinem Bett, als ihm bewusst wurde, dass er geträumt hatte, wieder einmal, immer dieselbe Geschichte. Hörte das denn nie auf? Draußen war es noch dunkel. Jonas Bogner hatte kaum geschlafen, war jetzt eigentlich noch hundemüde. An ein erneutes Einschlafen war nicht zu denken, wusste er aus Erfahrung. Und schon begann sein Gehirn zu arbeiten, und auch wenn er kaum geschlafen hatte, ging er davon aus, dass sich vertrackte Gedankenverbindungen geordnet hatten. Er glaubte fest daran, dass die Theorie stimmte, wonach unser Gehirn ähnlich einer Festplatte funktioniert, mit einer Art Defragmentierungsprogramm, das in der Lage ist, wenn wir schlafen, Gedanken aufzuräumen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, Bedeutsames zusammenzuführen, Wertloses zu entsorgen. Außer über unsere Träume, so verworren sie uns auch erscheinen mögen, bekommen wir davon nichts mit. Ihm war kalt. Er kroch noch einmal ganz unter die Bettdecke, und plötzlich schien alles klar zu sein, was ihn noch gestern hatte befürchten lassen, dass es nichts wird, mit dem neuen Roman. Auf einmal wusste er, um was es da gehen sollte: um eine Liebe und um Ereignisse, die sich hier in der Gegend um die Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert im Eisenerzbergbau zugetragen hatten.
Erster Teil Reiner Kotulla Ausstand Eine Lahntal - Sardinien Roadstory Dieses ebook wurde erstellt bei
Eins
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Elf
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Siebzehn
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Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Dreiundzwanzig
Vierundzwanzig
Fünfundzwanzig
Sechsundzwanzig
Siebenundzwanzig
Achtundzwanzig
Zweiter Teil
Eins
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Sechs
Dritter Teil
Eins
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Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Vierter Teil
Eins
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Drei
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Sechs
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Neunzehn
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Einundzwanzig
Weitere Romane von Reiner Kotulla in der Reihenfolge ihrer Entstehung:
Das Gitter
Morina
Michelle
Marijana
Melina
Muriel
Karen
Leander Parow in: Chatten über Waldgirmes
Leander Parow in: Schicksalsschleuse Altenberg
Leander Parow in: Die Braunfelsrevolte
Carina
Impressum neobooks
„Nein“, schrie sie, „tu das nicht!“
Doch es war zu spät gewesen. Er saß kerzengerade in seinem Bett, als ihm bewusst wurde, dass er geträumt hatte, wieder einmal, immer dieselbe Geschichte. Hörte das denn nie auf?
Draußen war es noch dunkel. Jonas Bogner hatte kaum geschlafen, war jetzt eigentlich noch hundemüde. An ein erneutes Einschlafen war nicht zu denken, wusste er aus Erfahrung.
Und schon begann sein Gehirn zu arbeiten, und auch wenn er kaum geschlafen hatte, ging er davon aus, dass sich vertrackte Gedankenverbindungen geordnet hatten.
Er glaubte fest daran, dass die Theorie stimmte, wonach unser Gehirn ähnlich einer Festplatte funktioniert, mit einer Art Defragmentierungsprogramm, das in der Lage ist, wenn wir schlafen, Gedanken aufzuräumen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, Bedeutsames zusammenzuführen, Wertloses zu entsorgen. Außer über unsere Träume, so verworren sie uns auch erscheinen mögen, bekommen wir davon nichts mit.
Ihm war kalt. Er kroch noch einmal ganz unter die Bettdecke, und plötzlich schien alles klar zu sein, was ihn noch gestern hatte befürchten lassen, dass es nichts wird, mit dem neuen Roman. Auf einmal wusste er, um was es da gehen sollte: um eine Liebe und um Ereignisse, die sich hier in der Gegend um die Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert im Eisenerzbergbau zugetragen hatten.
Wie wird man Historiker, hatte er sich unlängst gefragt, nachdem sich für ihn so manches geändert hatte. Und er war frei, endlich. Vera war – aber das war eine andere Geschichte. Die neue Freiheit hatte er seiner Lieblingstante zu verdanken. Die war gestorben, nach kurzer schwerer Krankheit, wie es in der Todesanzeige hieß, die er selbst verfasst hatte. Solche Anzeigen haben ihn bisher überhaupt nicht interessiert. Diese Seiten der Regionalzeitung überblätterte er stets.
Er wusste, dass es Leser gab, die sie mit großem Interesse verfolgten, und das waren nicht nur die Älteren. Die lasen sie meist, um zu schauen, ob sie womöglich möglich bald an der Reihe seien, oder um zu erfahren, wer von den Ihren gegangen war.
Warum junge Leute Todesanzeigen lasen, war ihm bisher verschlossen geblieben. Die seiner Tante würde auf alle Fälle Erstere interessieren. In Wetzlar gab es sicher eine ganze Reihe Zeitgenossen, die Margarete Wiener gekannt hatten.
In der Sandgasse, oberhalb vom Eisenmarkt, hatte sie zwei Häuser besessen, die nun ihm gehörten. Ein Rechtsanwalt, ein Zahnarzt und ein Steuerberater hatten hier ihre Kanzlei, Praxis oder Büro und Wohnung. Alle drei alteingesessen mit sicherer Kundschaft, Patienten oder Klientenschaft.
Margarete, die Tante, hatte rechtzeitig restaurieren und renovieren lassen, Zentralheizung, Fahrstuhl und Dachterrasse. Reparaturen oder Renovierungsarbeiten standen zurzeit nicht an, sodass er von den Mieteinnahmen gut leben konnte.
Diese, seine gewonnene materielle Freiheit, erneuerte für ihn die Frage, die er sich schon öfter gestellt hatte: Wie wird man Historiker? Er wusste, dass dieser Beruf in der heutigen Zeit als eine brotlose Kunst galt. Aber wie gesagt, die Mieteinnahmen zweier Häuser …
Ein Freund, Archäologe, hatte ihm empfohlen, sich an der Uni einzuschreiben. Es gäbe da Studiengänge für Leute, die keinen Abschluss erwerben wollten, Senioren meist, die noch einmal etwas Neues beginnen wollten. Als ein solcher fühlte er sich allerdings noch nicht.
In Erwartung des üblicherweise unwirtlichen Februars im hessischen Wetzlar hatte er sich in die Toskana verzogen, nach Arezzo. In der Nähe der Piazza San Francesco war er in einem kleinen Hotel untergekommen. Hier wollte er bis Ende April bleiben, um dann den Frühling zu Hause zu genießen.
Er schrieb eigentlich gerne in Gesellschaft, Gespräche an Nachbartischen hörend aber nicht verstehend. Gerade wurde er bei seinen Aufzeichnungen unterbrochen, als eine Gruppe italienischer Seniorinnen und Senioren über die Terrasse herfiel. Dieses Spektakel allerdings, was die Alten hier inszenierten, ließ ihn keine klaren Gedanken mehr fassen. Deshalb verließ er fluchtartig den vormals so gemütlichen Ort.
Der Name des Cafés, auf dessen Terrasse er gerade noch gearbeitet hatte, erinnerte an den Titel eines Films, der hier vor Jahren gedreht worden war: „La Vita e Bella, das Leben ist schön“. Wenn er sich richtig erinnerte, geht es in der Geschichte um einen Vater, der seinem kleinen Sohn das Leben in einem faschistischen Konzentrationslager so schön wie möglich gestalten möchte.
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