In der Kürze liegt die Würze
Je kürzer und prägnanter Sie die Witze erzählen, desto größer der Genuss beim Zuhören. In der heutigen Zeit fällt es vielen Menschen schwer, über einen längeren Zeitraum intensiv zuzuhören. Sie sind mit Problemen des Alltags beschäftigt und erhoffen sich von den Sprechkünstlern für eine kurze Zeit abgelenkt zu werden. Sie von ihren Sorgen und Ängsten zu befreien, ist somit die Aufgabe eines Clowns oder Alleinunterhalters. Es gibt Animateure in den Urlaubsorten, diese Arbeit sollte man nicht unterschätzen! Die Gäste brauchen bloß zu lachen, aber kommen Sie erst mal auf solch einen Blödsinn.
Wer immer lacht, dem glaubt man nicht,
dass er auch weinen kann;
und wenn ihm fast das Herz zerbricht,
man sieht es ihm nicht an.
Und von ihm erwartet ihr nur Spaß und schönen Schein,
es ist nicht leicht ein Clown zu sein.
(Mary & Gordy)
Stellen Sie sich mal vor, ein ganzer Saal voller Miesepeter, das ist Schwerstarbeit für den Engagierten. Ich werde oft, wie folgt, auf den Sitzungen angesagt: »Jetzt kommt ein Redner der leisen Töne, hören Sie gut zu …« Allein schon die kurze, knappe Ansage ist wichtig und entscheidend über den Erfolg oder Misserfolg des Interpreten (Redners). Ich bin mal in weiter Ferne aufgetreten und der Conférencier war ein Fan von mir. Er sagte mich wie folgt an: »Meine Herren, jetzt kommt ein Spitzenredner, der die Massen zum Kochen bringt. Wolle mer en eroilasse?« Was ist passiert? Die Herren lehnten sich zurück, verschränkten die Arme und sagten sich: Na, dann zeig mal, was du auf dem Kasten hast. Bescheidenheit bringt einen weiter, nicht dieses Angeben. Das kann man auf nach dem Auftritt verschieben. Bei der Absage können Sie immer noch auf den Putz hauen. Auch ein Sitzungspräsident muss Feingefühl und Takt besitzen. Den Fehler, den die meisten Präsidenten machen, ist, dass sie bei der Ansage einen oder mehrere Witze erzählen. Das sollten sie den Rednern überlassen, die sie eigens dafür verpflichtet haben. Wenn der Präses einen sehr guten Witz bei seinem Publikum angebracht hat, ist es für den Vortragenden, der im Anschluss kommt, doppelt schwer. Seine Einstiegspointe muss es in sich haben, um Gehör zu finden. Das ist ein Kunststück für sich, die richtige zu entdecken und anzuwenden. Beginnen Sie einfach so kurz wie möglich:
Guten Abend meine sehr Verehrten … und Herren.
Ich habe mir gedacht, in Deutschland wird so viel hergestellt, warum soll ich mich nicht auch mal hier herstellen.
Bitte klatschen Sie nicht so laut, Sie stören die anderen beim Denken.
Einmal hat mir Rudi Grevsmühl einen Tipp gegeben. Wir trafen uns auf einer Herrensitzung und der Saal war schon am Kochen, auf dem Siedepunkt angekommen. Ich war sehr nervös und sprach zu Rudi: »Was soll ich denn jetzt noch bringen, es hört mir ja doch keine Sau mehr zu?« Er wollte mich beruhigen und bot mir einen Witz aus seinem Repertoire an. Ich sollte meinen Vortrag wie folgt beginnen:
»Ich habe heute früh, so gegen 4:00 Uhr meine Frau gevögelt.«
»Ist das nicht ein bisschen früh?«
»Ja schon, aber ich wollte heute auch mal der Erste sein!«
Der vortragende Spaßvogel sollte allerdings sein Witzrepertoire nicht unnütz verpulvern und nur Dinge erzählen, die gewiss bei jedem Erdenbürger ankommen. Wenn mein Vater einmal in Fahrt war, fand er kein Ende mehr, man musste ihn leider immer abbrechen. Ein Vortrag sollte 20 Minuten nicht überschreiten. Heben Sie sich lieber ein paar Witze für spätere Jahre auf. Die Kunst liegt darin, den Gag zur gegebenen Zeit aus dem Ärmel zu schütteln. Das wiederum setzt Wissen voraus. Sie können nur mit den Jahren lernen. Ob Sie nun wollen oder nicht, dieser Lernprozess lässt sich nicht vermeiden. Sie haben schon mal den Schritt in die richtige Bahn gelenkt. Wenn Sie dieses Handbuch gründlich studiert haben, können Sie zumindest ein Publikum begeistern, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Ich schlage vor, Sie markieren sich die kurzen Gags mit einem Textmarker. So können Sie schnell nachblättern und finden auf Anhieb den gewünschten Witz. Im hinteren Teil des Buchs befinden sich noch mehr lustige, kurze Witzsplitter.
Hier aber vorab ein kleines Sammelsurium:
Publikum nix Lachen gleich,
weil Witz so alt wie Gammelfleisch.
In Meerbusch hat man einen Schwanz verhaftet. Er hat gestanden.
Zwei Börsenmakler unterhalten sich:
»Hat ihre Tochter denn auch Aktien?«
»Aber ja doch, das ganze Gesicht voll!«
Unterhalten sich zwei Gärtner. Da sagt der eine: »Haben Sie auch Kompost?«
Der andere: »Ja, zwei Mal in der Woche.«
»Ich meine einen Komposthaufen.«
»Ja, manchmal kommt ein Haufen Post.«
»Ich hab jetzt zu Hause echt italienische Toiletten.«
»Können Sie sich doch gar nicht leisten.«
»Doch, die waren im Angebot bei Aldi.«
»Aldi führt doch keine echt italienischen Toiletten.«
»Doch, die waren nicht teuer, Römertopf 19,90 Euro.«
»Bah, was bist du hässlich.«
»Was ist denn an mir hässlich?«
»Deine Glatze. Guck mich an, volles Haar. Ich bin schon mehr wie sexy – ich bin schon sieby.«
(Colonia Duett)
Wir waren alle nackt in der Sauna. Die Leute haben mich vielleicht von oben bis unten angeguckt. Und dann der Neid in der Bude.
(Hans Süper)
Diese Pointen kommen immer gut an, weil man nicht zu lange nachzudenken braucht und keine Handlung nachverfolgen muss. Und es sind Themen, die uns alle beschäftigen und interessieren.
Ich habe einen Gag von Dieter Krebs meinen Bekannten erzählt und komischerweise kam dieser Witz nicht an. Ich war ein bisschen enttäuscht. Er ist doch im Grunde sooo einfach und unkompliziert. Normalerweise sollte der zünden. Ich will ihn hier als mahnendes Beispiel anführen, dass auch anspruchsloses in die Irre führen kann. »Ich irre mich nie, wenn ich mich nicht irre.«
(Sam Hawkins)
Meine Schwester war vielleicht sauer, dass ich drei Schwestern habe und sie nur zwei.
Der Feind der Kürze und Prägnanz ist die Weitschweifigkeit, denn sie führt manchmal in die Irre und macht müde. Der Hörer braucht sich bei kurzen Gags nicht so lange zu konzentrieren und wird schnell über den lachauslösenden Positionswechsel in Kenntnis gesetzt. Auch die Handlungsabläufe sollte man einkürzen, verdichten. Bei längeren Scherzen und mitreißenden Anekdoten muss eine gewisse Begabung des Sprechkünstlers vorhanden sein, um den Hörer an sich zu fesseln. Da reicht ein Witzerzähler nicht mehr aus, da sollte schon ein Geschichtenerzähler ran. In diesem Nachschlagwerk werden Sie auch zu einem Geschichtenerzähler ausgebildet. Früher nahm man mich nicht für voll, weil die Bekannten und Verwandten, bei denen ich meine neuen Witze testete, nie wussten, erzählt er jetzt einen Witz oder ist es Wirklichkeit. Das ist es, was einen guten Redner ausmacht. Mir sagt man nach, dass der Herr mir eine begnadete Witzigkeit in die Wiege gelegt hat, aber auch hier lässt sich ohne harte Arbeit nicht viel machen. Wenn Sie in einer Session eine hervorragende Rede gebracht haben, gehen die Pointen nach kurzer Zeit ins Volksvermögen über und werden dann von Session zu Session von Laien und Anfängern, aber auch von alten Hasen gewissenlos geklaut und erneut durch die Säle gezerrt. Lassen Sie sich mal Jahr für Jahr etwas Neues einfallen, schlichtweg fast unmöglich. Da braucht man schon ein Archiv voller guter Scherze. Eine Ausbildung zum Alleinunterhalter (Publikumsliebling) kann bis zu zehn Jahre dauern, vielleicht werden Sie etwas früher fertig, je nachdem wie fleißig Sie sind. Ob Sie ein Einzelkämpfer sind oder sich schulen lassen. Ich persönlich habe den Weg des Autodidakten gewählt. Daher mein Rat: Schmeißen Sie niemals eine gebrauchte Rede weg, heben Sie sich zumindest die Witze für viel spätere Jahre auf. Nach circa fünf bis zehn Jahren kennt keiner mehr den Urheber, geschweige denn den lachauslösenden Positionswechsel. Insbesondere der historische Witz, speziell aus der Karnevalshochburg Köln, eigentlich gibt es ihn gar nicht. Es gibt vermutlich überhaupt keine Witze, die es nicht bereits vorher anderswo schon gegeben hat. Auch die meisten sogenannten Kölner Witze sind wesentlich älter als Köln selbst. Und über manche Kalauer von Tünnes und Schäl haben die Kelten schon gelacht. Daher noch ein Rat: Archivieren Sie Ihre guten Gags und lassen Sie sie reifen, wie einen alten Gouda, dann erst sind sie würzig genug für eine öffentliche Bühne. Verpulvern Sie nicht Ihr ganzes Witzmaterial in einem Vortrag. Dosieren Sie Ihre Rede, denn nur Highlights aneinandergereiht können auch die Suppe versalzen. Der Zuhörer braucht auch eine Verschnaufpause, muss Luft holen können. Denn Luftholen sollte man selber, da kann man keinen schicken!
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