Wieland Becker - Auf die Dämmerung folgt die Finsternis

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Gestern standen wir an einem Abgrund. Heute sind wir zwei Schritte weiter. – Wer diesen sarkastischen Spruch zuerst gesagt oder gedacht hat, ist nicht überliefert. Es gab und gibt allerdings zu viele schlechte Gründe dafür. Die Welt nach 1945 bis zur Wende 1989. Oft schien es, dass sie vor Abgründen stand. Merkwürdiger Weise kam es weltpolitisch nicht zum ersten und letzten Schritt. Der III. Weltkrieg blieb den Menschen den Menschen erspart, aber erschreckend mörderische Kriege und Bürgerkriege wurden auf allen Erdteilen ausgetragen. Armut, Elend, Hunger, Krankheiten und Analphabetismus herrschten vor allem in vielen Ländern der Dritten Welt. Wann und wo es lichte Momente der Hoffnung gab und was aus diesen wurde, wer warum Krieg führte sind zwei Themen dieses Buches. Ebenso wie das Jahr der großen Transformation, als die Hoffnung zurückkehrte, dass die Welt nun endlich friedlicher und gerechter werden würde. Sie hielt auch in Europa nicht einmal ein Jahr. Krieg reihte sich an Krieg, die Welt geriet aus den Fugen, Not und Elend wuchsen weiter und weiter. Warum und woran die Hoffnungen letztendlich zum Scheitern verurteilt waren, darauf will dieses Buch Antwort geben. Wie nah ist die Finsternis heute. Und morgen?

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Wieland Becker

AUF DIE DÄMMERUNG FOLGT DIE FINSTERNIS

1945 – 2016

Die Welt auf einem Weg ohne Zukunft

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Wenn Wissen mächtig würde,

könnte es die Welt zum Besseren verändern

für André Brie

Inhaltsübersicht

Cover

Titel Wieland Becker AUF DIE DÄMMERUNG FOLGT DIE FINSTERNIS 1945 – 2016 Die Welt auf einem Weg ohne Zukunft Engelsdorfer Verlag Leipzig 2016

Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de

Zitat Wenn Wissen mächtig würde, könnte es die Welt zum Besseren verändern für André Brie

I. Momente des Nachdenkens

II. Vorbemerkungen

III. Exkurs zur Welt-Ordnung von 1945 bis heute

III.1. Von der Nachkriegsordnung zum „Kalten Krieg“

III.2 Zwischen Konfrontation und Koexistenz

III.3. 1989 – die unerwartete Transformation

III.4. Das neoliberale Wunderwerk bis zur globalen Finanzkrise 2008

III.5. Globale Krisen und ungelöste Konflikte

IV. Deutsch-deutsche Kontraste 1945 – 90 und ihr Fortbestehen bis heute

IV.1. Zwei Weltmächte und zwei deutsche Staaten

IV.2. Die Bundesrepublik – Wege zur Demokratie und braune Vergangenheit

IV.3. Die DDR und der Aufbau des Sozialismus – ein Versuch und dessen Scheitern

IV.4. Das vereinte Deutschland auf dem Weg ins neue Jahrtausend

V. Neoliberalismus, Demokratie und Menschenbild

V.1. Das System Neoliberalismus und seine Kritiker

V. 2. Über den sozialen und politischen Strukturwandel und dessen Folgen

V. 3. Konstruktion oder Dekonstruktion des Menschenbildes?

V.4. Deutsche Medien zwischen Pathos und Banalität

VI. Zum alten neuen „Überbau“ neoliberaler Weltsicht

VI.1.Die atlantische Wertegemeinschaft

VI.2. Zurück ins „christlichen Abendland“

VI.3. 2016 – sieben Monate im Krisenmodus

VII. Bilanz und Ausblick

VIII. Ergänzende Literaturhinweise

IX. Hinweise zu Autoren

Endnoten

I. Momente des Nachdenkens

Wenn vom Vereinten Europa in politischen Erklärungen oder medialen Betrachtungen die Rede ist, lese oder höre ich vom Euro, von Wirtschaft, Sicherheit, Abschreckung, Krisen und Nationalismus u. a., aber so gut wie nichts von Kultur und Kunst. Es gab Zeiten, an die ich mich noch gut erinnere, da galten auf der einen Seite Kunst und Kultur als identitätsprägend gerade in ihrer Vielgestaltigkeit, aber auch in ihren nationalen und internationalen Wirkungsmöglichkeiten im freien Austausch von Gedanken, Ideen, Hoffnungen und Enttäuschungen. Gerade in den Zeiten des Kalten Krieges konnten – allen Sanktionen oder Pressionen zum Trotz – die politischen Grenzen überwunden werden. Es sagt aus meiner Sicht viel über den Zustand des europäischen Projekts aus, auch wenn ich weiß, dass es viele Initiativen an der Basis und einige Events gibt, Austausch von Schülern und Jugendlichen, ebenso wie Verlage, die weltoffen Bücher von Autoren aus aller Welt verlegen. Aber das reicht nicht aus. Besonders deshalb nicht, weil es die eigentlich überflüssige Debatte über die „Deutsche Leitkultur“ eine nationalistische Gesinnung offenbart, der dem regionalen wie dem universellen Charakter der deutschen Kulturlandschaft widerspricht, sondern die Kultur zu einem Leitinstrument machen will. Mal abgesehen davon, dass Kultur ungeeignet ist, geistig-kulturelle Entwicklungen leiten zu können. Leitungsfunktionen gehören zur Politik und wenn sie auf ein anderes Nationalgefühl aus ist, dann muss die es selbst schaffen. Kultur kann dafür nicht in die Pflicht genommen werden.

Es ist seit grauen Vorzeiten ein ewiger Streit um den angeblichen Gegensatz von Kunst und Unterhaltung – zwischen hohem Anspruch und trister Trivialität. Dem entgegen zu stellen ist, dass Kunst unterhalten will und kann und Unterhaltung anspruchsvoll zu sein vermag. Es ist noch nicht lange her, als ich mir mal wieder die Programme von über 50 deutschsprachigen TV-Sendern betrachtete. Deutschsprachig sind sie natürlich alle, ihre Programme sind ein „Mix“ deutscher und amerikanischer (synchronisierter) Filme und Serien, die offensichtlich die einzigen „Produkte“, die würdig sind, dem Zuseher präsentiert zu werden. Gelegentlich sind auch britische, kanadische oder französische Filme oder Serien im Angebot. Im Kino sieht nicht anders aus, auch wenn kommunale Kinos und Spielstätten oder Programmkinos ein alternatives Angebot präsentieren. Mit Blick auf den Film der europäischen Länder, kommt man zur Erkenntnis, dass offensichtlich der einstige „Eisernen Vorhang“ noch immer existiert. Exemplarisch dafür steht zum einen die Entsorgung der Filmgeschichte von den Filmen der östlichen Hemisphäre, vom Werk Andrej Tarkowskis oder Larissa Schepitkos, „einstmals“ zwei sowjetische Regisseure von Weltbedeutung, gleichermaßen gilt das für drei der international wichtigsten polnische Künstler Andrzej Wajda, Andrzej Munk und Krzystof Kieslowski, und so kann es nicht mehr verwundern, dass selbst ein in Ost und West weithin bekannter ungarischer Regisseur wie István Szabó keiner Erwähnung wert ist. Gut, man kann sich gut dahinter „verschanzen“, dass Film halt vor allem eine Art Wirtschaftsgut darstellt, das sich rechnen oder Quoten bringen muss. Wechselt man in die Literatur dürfte die Bilanz kaum weniger einseitig ausfallen. Betrachtet man die aberhundert tagtäglichen Sendeplätze der Sender, die mit hunderten miserablen Filmen made in USA bestückt werden, darf man fragen, ob es wirklich unmöglich sein soll, einen bescheidenen Beitrag zur Präsentation des Films der Mitglieds-Staaten der EU zu leisten. Schließlich preisen diese Medien das offenkundig kulturfreie aber wunderbare Werk der europäischen Gemeinschaft. Nicht dass ich wirklich überrascht war, schließlich habe ich die Erfahrung, wie man – ungewollt – zum „Weltenwanderer“ werden kann, als ich – ohne mich selbst bewegen zu müssen – von der östlichen in die westliche Welt „gewandert“ wurde. Unbestreitbar deshalb, weil die östliche Welt in sich zusammengebrochen war, das einmalige aber auch zugleich wirklich letzte Verdienst ihrer politischen Führungen. Aber deshalb Kunst und Kultur einer ganzen Epoche zu entsorgen und weiterhin zu ignorieren?

Dass die erwähnte Überraschung derart gering war, ergab sich aus einer anderen nachhaltiger Erfahrung: Eine der hervorstechenden Eigenheiten dieser westlichen Welt ist, dass sie sich in Permanenz vor allem mit sich selbst beschäftigt und sich in der Regel gleichermaßen feiert. Deshalb fehlt es an Interesse an Kunst und Kultur anderer Regionen. Ebenso ist sie weder willens noch fähig, die ungeheuer groß Not der Welt und deren Ursachen zu sehen. Nicht etwa weil sie mit Blindheit geschlagen ist, sondern weil sie diese Not und ihre Ursachen – sehend – nicht wahrnimmt. Es ist übrigens völlig gleichgültig, ob Arroganz und/oder Ignoranz die Gründe dafür sind. Aber schon immer galt die „Formel“: Wer ein politisches bzw. gesellschaftliches System für vollkommen hält, befindet sich schon längst im Niedergang. Eine Erkenntnis, die 1989 mit dem Ende der sozialistischen Staaten ihre bislang letzte Bestätigung erfuhr.

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