„Schön, dann sind wir wieder einen Schritt weiter. Nur was hat den oder die Täter zu solch grausamen Handeln veranlasst? Wenn die Kopfwunde nicht tödlich war, wodurch kam die zu Stande?“ Ohne Worte gingen beide wieder an die Arbeit und durchkämmten mit den Kollegen jeden Busch und jeden Grashalm.
Spurensicherungschef Schlüter beugte sich plötzlich, untersuchte einen tiefen Abdruck am Boden. Vorsichtig hob er einen kleinen Zweig auf, öffnete seine kleine Arbeitstasche und entnahm ihr eine Pinzette. Mit ihr hob er etwas auf und beförderte es in ein kleines Plastetütchen. Vorwurfsvoll sah Horst Schlüter dabei den Bernauer Kollegen Hofmeister an.
„War das hier der Fundort vom abgebrochenen Nummernschild? Haben Sie hier nicht weiter gesucht?“, fragte er den. Hofmeister antwortete etwas verwirrt: „Ja, hier haben wir das abgebrochene Teil gefunden und anschließend die ganze Gegend hier durchkämmt. Aber was haben Sie jetzt noch gefunden?“, verblüfft sah der Bernauer auf die Tüte, in die der Chef der Berliner Spurensicherung etwas mit der Pinzette hineintat.
„Ein Paar lange Haare!“, entgegnete Schlüter vorwurfsvoll und war sichtlich verärgert. Langhoff ging zu dem Mann der Spurensicherung und nahm ihm die Tüte aus der Hand. „Donnerwetter, wenn die vom Täter stammen, habt ihr aber wirklich etwas übersehen!“, meinte Erhardt verärgert und hätte sich am liebsten anders ausgedrückt.
„Das könnte uns ein ganz schönes Stück nach vorn bringen. Mal sehen, was die bei uns im Labor dazu sagen. Von der Ermordeten sind die bestimmt nicht. Wenn ich richtig informiert bin, hatte die Frau brünette Haare! Diese hier sind aber schwarz und könnten vom Täter sein.“ Irgendwie ärgerte der Tonfall der Berliner Kommissar Hofmeister. Denn auch er verstand nicht, warum seine Männer von der Spurensicherung diese Haare nicht gefunden hatten. Er hatte sich ja nichts vorzuwerfen, aber das ausgerechnet der Mann von der Berliner Spurensicherung die fand, wurmte ihn sehr.
Erhardt hatte bemerkt das er seinen Bernauer Kollegen, der für ihn so vieles richtig machte, verärgert hatte und änderte seinen Ton. „Äh, ne’ andre Frage Kollege, weiß man den ungefähren Zeitpunkt, wann der Tod eingetreten ist?“
Immer noch etwas verärgert, antwortete der Gefragte: „Der Arzt wollte sich noch nicht festlegen. Er geht aber davon aus, zum Zeitpunkt des Fundes, also heute Früh gegen Siebenuhrfünfzig, war die Frau circa acht bis zehn Stunden Tod. Näheres erhoffen wir vom Bericht des Pathologen in der Gerichtsmedizin.“
„Hm, … das würde heißen, sie ist gestern Abend zwischen zehn und null Uhr, plus minus des üblichen Richtwertes ermordet worden.“ Nachdenklich rieb sich Langhoff die Augen. „Solange soll das schon her sein?“
„Ja“, erklärte Hofmeister, „unsere Experten haben den Zeitpunkt berechnet, an dem die Gräser ungefähr niedergefahren wurden!“
„Hm, man müsste jemand finden, der irgendeine Beobachtung gemacht hat. Aber der See ist, bis auf das kleine Örtchen sehr abgelegen. Ob da jemand die Kräder, zumal die scheinbar auf unterschiedliche Wegen hier her kamen, bemerkt hat? Ich denke bei dem Wetter der letzten Tage, besteht kaum Hoffnung jemand zu finden, der in dieser kalten Nacht unterwegs war.“
„Es stimmt Kollege Langhoff, die letzte Nacht war sehr kalt für diese Jahreszeit. Aber ausgerechnet gestern war es trocken und sehr warm. Aber wie Sie schon sagten, Tage zuvor hatte es auch hier nur geschüttet.“
„Wenn wir Glück haben, sind ein paar Dauercamper hier geblieben“, meinte Peter Höfft. „Oder wir finden einen Angler, der in den letzten Tagen etwas beobachtet hat. Ein Aufruf in der Presse nach Zeugen, die möglicherweise in den letzten Tagen mit ihren Fahrzeugen vorbei fuhren. Sie könnten eventuell die Motorräder gesehen haben, wie die von der Straße zum See und umgekehrt gefahren sind. Irgendjemand muss doch was gesehen haben!“
„Bisher leider nicht, selbst die Häuser in dieser Gegend haben wir schon durchkämmt. Kein Anwohner will etwas gesehen oder gehört haben und Dauercamper, die können Sie vergessen. Das war unser erster Weg, leider scheinen die Wohnwagen zurzeit unbewohnt.“
„Danke Kollege Hofmeister, aber so etwas kennen wir ja schon. Da ist soviel Desinteresse, vielleicht auch Angst. Doch würde ich Sie bitten, in den nächsten Tagen dort noch einmal nachzufragen.“ Zu Horst Schlüter gewandt, der immer noch den Tatort inspizierte: „Hast du noch mehr entdeckt? Suche bitte auch nach eventuellen Tintenresten und Blutspuren die auch noch wo anders sein könnten.“
„Bin doch schon dabei Erhardt. Was glaubst du, was ich hier gerade mache. …“, nach einer kleinen Denkpause, meinet Horst: „Die haben sich hier ja wie die Vandalen benommen. Da ist alles niedergefahren und zertrampelt. Es ist nicht auszumachen, wie viele es waren! Ein Glück Kollege Hofmeister, dass ihre Leute so einiges von außen klären konnten.“
„War wohl so beabsichtigt Horst“, bemerkte Erhardt Langhoff.
„Du meinst, damit wir nicht die richtige Spur finden? Da kennen die mich aber schlecht!“, grinste Horst zurück und blies sich den wieder einsetzenden Regen von den Lippen. „Aber wirklich, auch wenn vieles zerfahren ist, Fußabdrücke sind tatsächlich nicht auszumachen.“
„Genau wie es Kollege Hofmeister schon sagte. Wundert mich daher auch nicht“, bestätigte der Hauptkommissar.
„Wieso, zweifelten Sie an meinen Worten? Vergessen Sie nicht, auch unsere Leute verstehen ihr Handwerk! Schade nur, dass wir die Haare nicht entdeckt haben, sonst wüssten wir vielleicht schon mehr.“
„Das lieber Kollege, wollte ich nie anzweifeln! Aber wie Sie sahen, gibt es den fehlerfreien Menschen nicht. Auch wir machen Fehler, manchmal mehr als uns lieb ist! Daher wäre eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf beiden Seiten wünschenswert.“
„Das meine ich auch Herr Kollege! Konzentrieren wir uns doch lieber auf unsere Arbeit!“ Erhardt Langhoff sah es zwar auch so, doch immer noch beschlich ihn das Gefühl, dass Kommissar Hofmeister nicht mit offenen Karten spielte. Aber diesen Verdacht sprach Erhardt nicht aus. Stattdessen fragte er: „Wie die hier herkamen, wissen wir inzwischen. Konnten Sie noch andere, verräterische Spuren ausmachen?“
„Nein, weder eine Spur davon das die irgendwo vorher angehalten haben, noch weggeworfenen Gegenstände, nichts. Keinen Zigaretten oder Zigarrenstummel, nichts was deren Spuren verraten hätte. Die mussten diese Stelle genau gekannt haben, sonst wären die wohl kaum bis hierher durchgefahren.“
Hauptkommissar Langhoff rieb sich am Kinn. Immer ein Zeichen, dass er mit irgendetwas nicht einverstanden war. Daher fragte er den Bernauer Kollegen: „Wenn es stimmt, dann haben wir schon wider einen Anhaltspunkt! Dann müsste irgendein Badegast, Wanderer oder Camper in den letzten Tagen einen oder mehrere Kradfahrer gesehen haben. Ich denke genau wie Sie, die Kerle haben sich zuvor genau diese Stelle ausgesucht. Konnte denn der Förster keine näheren Angaben, was die Kräder betrifft, machen?“
„Leider nicht!“, erwiderte jener. „Genau wie Sie, glaube ich nicht, dass die diese Stelle aus Zufall gefunden haben.“ Sich an seinem zugereisten Hamburger Kollegen wendend, meinte Erhardt Langhoff: „Peter, wenn wir hier fertig sind, werden wir beide einmal bei den Wohnwagen nachsehen. Vielleicht ist jetzt jemand da und hat etwas Auffälliges bemerkt.“
Der aber sah seinen neuen Chef missmutig an: „Bei dem Sauwetter und meinem Hunger? Können wir das nicht auf morgen verschieben? Selbst die Bernauer Kollegen trafen heute morgen niemand an. Warum glaubst du Erhardt, wir könnten jetzt jemand da antreffen?“
„Und wenn es morgen auch regnet? Nein, folge immer dem Grundsatz, was du heute kannst besorgen, verschiebe nicht auf morgen! Auch möchte ich nichts versäumen, darum will ich sicherheitshalber noch mal zu den Wohnwagen.“
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