„Kann man nicht mit Bestimmtheit sagen, da die Spuren auf dem sandigen Weg schwer zuerkennen sind.“
Während seine Kollegen nach weiter Spuren am Tatort suchten, lief Erhardt den Weg zum Parkplatz aufmerksam ab. Nicht die geringste Spur durfte verloren gehen. Und wie richtig diese Entscheidung war, sollte sich auf dem Rückweg zeigen. Immer wieder war eine Reifenspur durch den Regen kaum noch erkennbar zu sehen. Scheinbar war da jemand bedacht darauf, keine Spuren zu hinterlassen und immer auf dem Grasboden gefahren. Doch gab es Stellen, an der derjenige durch Äste und Gebüsch gezwungen wurde, über den Weg auf die andere Seite zu wechseln. Und genau dort entdeckte der Hauptkommissar diese Spuren jetzt und fotografierte die mit dem Handy. Zurück bei den Kollegen, teilte er denen seine Vermutung mit.
„Ich sag euch was Männer, das wird keine leichte Nuss, die wir zu knacken haben! Die sind gerissen, um uns zu täuschen, haben die mehrere Spuren aus verschiedenen Richtungen gelegt.“ Erhardt zeigte die Aufnahmen auf seinem Handy und überraschte seinen Kollegen.
„Spuren, welche kaum zu sehen sind zu entdecken, zeigt Ihren Scharfsinn Herr Hauptkommissar. Es tut mir leid, dass wir die übersehen haben. Jedoch gilt es zu bedenken, immer wieder fahren Menschen, die zum Laufen zu faul sind mit ihren Krädern bis an den See und weiter auf der Suche nach einer ungestörten Stelle. Deswegen gab es schon einige Beschwerden.“
„Sie müssen sich nicht entschuldigen Herr Kollege, Sie haben gute Arbeit geleistet. Nur der Zufall kam mir zu Hilfe, als ich eine kleine Spur bei Ästen und Sträuchern fand, an der der oder die Kradfahrer den Rasen verlasen mussten.“
Während Hofmeister mit dem Hauptkommissar sprach, sah der Bernauer den Mann der Berliner Spusi am Boden etwas suchen. „Wonach suchen Sie Kollege“, unterbrach Hofmeister das Gespräch mit dem Hauptkommissar. „Haben Sie doch noch etwas gefunden?“
„Noch nicht, aber eventuell finde ich Tintenspuren, haben ihre Leute auch nach solchen Spuren gesucht?“, fragte Schlüter zurück.
„Nein, wieso auch? … Dafür gab es ja auch keinen Anlass, aber warum diese Frage? Haben Sie also doch neue Anhaltspunkte?“
„Hm, haben Sie sich eigentlich das Schreiben unter dem Kopf des Opfers mal genauer angesehen, Kollege Hofmeister? Sprachen wir nicht vor Kurzem über den mit Tinte geschriebenen Briefe?“
Da der Regen aufgehört hatte, zog Schlüter die Kopie des Briefs aus der Jackentasche und reichte ihn seinem Bernauer Kollegen. „Sehen Sie, auf der Rückseite des Schreibens ist kaum noch etwas zu lesen, alles verwischt und warum? Weil da mit Tinte geschrieben wurde! Gerade weil Sie das Original des Briefes haben, sollten Sie es doch bemerkt haben. Selbst auf Ihrer übersandten Kopie erkannten wir das, obwohl die nicht sonderlich gut war.“
„Haben wir ja auch, aber wer schreibt heute noch mit Tinte? Von Ihrer Gang und deren Gewohnheiten wussten wir doch nichts! Dennoch glaube ich sowie auch jetzt noch, dieses Stück Papier mit der kaum lesbaren Schrift darauf, hat nichts mit unserem Fall zutun.“ Die Berliner Kommissare blickten sich erstaunt an, hatte Hofmeister Ihnen das nicht schon bestätigt? Warum der Sinneswandel?
„Warum zweifeln sie jetzt plötzlich daran? Gerade da das Stück Papier wie Sie sagen, mit Tinte geschrieben wurde, ist für uns ein Indiz. Ich werde Ihnen den Grund für unsere Annahme erklären. Diese Gang, mit der wir es wahrscheinlich zu tun haben, hat so ihre Eigenart, sagen wir mal, ihr Erkennungszeichen. Jedes ihrer Opfer, ob ausgeraubt oder zusammengeschlagen, bespritzen die mit geöffneten Tintenpatronen. Daher mein Interesse, Tintenspuren zufinden!“
„Ah, jetzt verstehe ich Sie erst. Sollten Sie hier Spuren von Tinte finden, könnte das Ihre Annahme den Zettel betreffend, bestätigen.“
„So ungefähr, es wäre zumindest ein Anhaltspunkt. Und da in Berlin gerade so eine Gang ihr Unwesen treibt, könnte man in diese Richtung recherchieren“, meinte Hauptkommissar Langhoff.
„Dann stellt sich mir die Frage, warum wurde der Toten überhaupt dieser Brief unter dem Kopf gelegt?“
„An Zufall glauben wir auch nicht mehr, Herr Kollege. So wie ich Ihnen bereits erklärte, muss es da einen Zusammenhang geben. Nur welchen?“
„Dann hoffe ich für uns alle Kollegen, trotz Regen, noch verwertbare Spuren zu finden.“
„Was hat man eigentlich an Papieren bei dem Opfer am Tatort gefunden, gibt es Personalien oder so was?“
„Nein! Wie Sie schon wissen, fanden wir das Mädchen völlig nackt. Aber auch hier, am Tatort wurde nichts in dieser Hinsicht gefunden. Ihre Kleidungstücke fanden wir im Papierkorb am Parkplatz und konnten dem Opfer zugeordnet werden. Weder eine Uhr oder Schmuck hatte das Mädchen bei sich. Der einzige Anhaltspunkt den wir zurzeit haben, bezieht sich noch nicht mal auf die Tote, sondern eher auf den oder die mutmaßlichen Täter.“
„Sie meinen das Teil vom abgebrochenen Nummernschild? Ist es denn sicher, dass es von einem der mutmaßlichen Täter stammt?“ fragte Schlüter.
„Was ist schon sicher Herr Kollege? Leider ist nur ein kleiner länglicher Teil aus der Mitte des Nummernschildes ausgebrochen. Eines scheint aber sicher, es handelt sich um ein Berliner Kennzeichen.“
„Ich weiß“, bestätigte Langhoff, „Ihr Kollege war so freundlich es uns mitzuteilen. Nur haben wir keinerlei Vorstellung, wie groß das ausgebrochene Stück ist und warum ausgerechnet der stabilste Mittelteil ausbrechen konnte.“
„Eine gute Frage Kollege Langhoff, über der auch wir lange rätselten. Die einzige Erklärung für uns, ein loses Nummernschild. Beim durchfahren der Büsche verhakte es sich an einem Ast und verbog es und brach ab. Auch Rost könnte da eine Rolle gespielt haben, aber mehr dazu, wenn der Bericht aus der KTU vorliegt.“
„Es wäre eine Erklärung, aber für mich dennoch kaum vorstellbar Kollege“, meinte der Mann der Berliner Spusi und setzte seine Suche nach Spuren fort. Nur Erhardt Langhoff wollte sich mit der Erklärung nicht abfinden und suchte nicht vom Gras bedeckte Stelle auf. Mit einem kleinen Ast zeichnete Kommissar Hofmeister das ausgebrochene Stück für seinen Berliner Kollegen nach. „Aus irgendeinen Grund muss der obere Teil der Halterung abgerissen sein. Dadurch wurde der Buchstaben B bis auf dem unteren Teil herausgerissen. Auch wenn der untere Teil des Buchstabens nicht vollständig ist, ergibt es, da haben wir keinen Zweifel, nur ein B, oder?“
Der Hauptkommissar sah sich das Gekritzel am Boden an und wiegte grübelnd mit dem Kopf. „So wie Sie es hier aufgezeichnet haben, gebe ich Ihnen Recht. Es wäre aber schön, wenn Sie uns das Teil zukommen lassen würden. Natürlich bekommen sie es wieder zurück!“
„Kein Problem, das lässt sich machen. Schließlich sind wir alle daran interessiert, den oder die Mörder zufinden.“ In diesem Moment klingelte Hofmeisters Handy. In seine durchnässte Jacke greifend, nahm er es heraus und meldete sich: „Hofmeister, was gibt es? Hm, also so, wie wir es uns schon gedacht hatten. Danke für die Nachricht.“ Sich an den Hauptkommissar wendend, berichtete Kommissar Hofmeister als müsse er sich entschuldigen: „Unser Pathologe …“
„Das trifft sich gut“, unterbrach Erhardt in Gedanken vertieft, „vielleicht hat der eine Antwort auf meine Frage geliefert, die ich Ihnen Herr Kollege gerade stellen wollte?“
„Und die wäre?“
„Die Todesursache …“
„Wie mir unser Pathologe eben mitteilte, wurde die Frau erwürgt“, unterbrach jetzt der Bernauer den Berliner. „Zwar gab es heute Morgen schon bei der Besichtigung ein Anzeichen dafür. Da aber auch die Kopfverletzung sehr stark war und zudem auch einen Lungendurchschuss entdeckt wurde, musste ich noch warten. Jetzt haben wir es amtlich, die Frau wurde erwürgt. Der ebenfalls tödliche Schuss erfolgte wohl sicherheitshalber nachträglich. Einzig die Wund am Kopf war nicht für deren Tot verantwortlich.“
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