Gerrit Hansen
Die kleinen unbedeutenden Fälle von Hauptkommissar Knut Hansen aus Kiel
22 lustig, spannende Geschichten
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Gerrit Hansen Die kleinen unbedeutenden Fälle von Hauptkommissar Knut Hansen aus Kiel 22 lustig, spannende Geschichten Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1Fall 1: Juwelenraub und Literatur
Kapitel 2Fall 2: Handtaschenraub auf hoher See
Kapitel 3Fall 3: Überfall am Freitag, den 13.
Kapitel 4Fall 4: Finsteres Mittelalter
Kapitel 5Fall 5: Gemälderaub im Strandhotel
Kapitel 6Fall 6: Elefantenklau am Neujahrsmorgen
Kapitel 7Fall 7: Der Dieb mit der Brille
Kapitel 8Fall 8: Havarie auf der Kieler Woche
Kapitel 9Fall 9: Jagd auf den geheimnisvollen Schatten
Kapitel 10Fall 10: ‚Mord‘ im roten Drachen
Kapitel 11Fall 11: Langfinger im Krankenhaus
Kapitel 12Fall 12: Diebstahl an der Uni
Kapitel 13Fall 13: Puppenklau auf der Ostsee
Kapitel 14Fall 14: Einbruch auf schwedisch
Kapitel 15Fall 15: der Fall mit den Fischen
Kapitel 16Fall 16: die australische Erbschaft
Kapitel 17Fall 17: Überfall mit Sekt und Paprika
Kapitel 18Fall 18: Gift in der Kirsch-Cola
Kapitel 19Fall 19: Ein Altstadt-Lauf
Kapitel 20Fall 20: Der Fall Amadeus
Kapitel 21Fall 21: Diebstahl auf Fehmarn
Kapitel 22Fall 22: Juwelenraub auf polnisch
Impressum neobooks
Kapitel 1Fall 1: Juwelenraub und Literatur
Gerrit Hansen
Die kleinen unbedeutenden Fälle von Hauptkommissar Knut Hansen aus Kiel
Prolog:
Allein die Anwesenheit von Knut Hansen in leitender Position der Kieler Polizeibehörde war für deren Pressesprecher schon eine mittelschwere Katastrophe. Ein bisschen war es so, als würde in den Niederlanden eine „Frau Antje“ als Chef-Ermittlerin auftreten. Die meisten Menschen hätten Knut Hansen wohl als „Original“ bezeichnet - sein Name klang wie der Künstlername eines Hafenmusikanten und seine Erscheinung stand dem in nichts nach. Die von ihm bevorzugte Kleidung, bestehend aus Jeans, Troyer und Seemannsmütze, zusammengenommen mit seiner etwas spröden, wortkargen Art ließen ihn wie den perfekten Leuchtturmwärter oder Fischkutterkapitän wirken – einen Posten bei der Polizei, geschweige denn als Hauptkommissar traute ihm, auch auf den zweiten Blick, kaum jemand zu.
Aufgewachsen war er auf der nordfriesischen Hallig Langeoog. Es gab nur ein anderes Kind in seinem Alter - ein dickliches, zickiges Mädchen namens Suse, das mit ihm nichts zu tun haben wollte - daher beschäftigte er sich in seiner Jugend nahezu ausschließlich mit dem Lesen von Kriminalromanen.
Er verließ die Insel, um die höhere Schule in Kiel zu besuchen und absolvierte anschließend die Polizeiausbildung wie im Fluge. Hansen, dessen Spitznamen in der lokalen Presse von „Inspektor Kuddeldaddeldu“ bis „Friesenbulle“ reichten, machte es nichts aus, unterschätzt oder belächelt zu werden - Kollegen mutmaßten, er würde es vielleicht gar nicht merken - aber da irrten sie sich …
Auf den ersten Blick mochte überraschen, dass Knut Hansen als Inselkind nicht einmal ansatzweise friesischen oder plattdeutschen Dialekt sprach. Außer seiner 95-jährigen Mutter und der dicken Suse gab es auch niemanden, der den Grund dafür wusste. Nämlich den, dass Knut schon früh anfing sich einen wertvollen Schatz an Kriminalzitaten anzueignen, und ein Satz wie „Schlechte Leute werden nicht immer aus guten Gründen ermordet“ klang nun einmal eindrucksvoller als: „Eische Lüd warrn nech jümmers wegen goote Ursoken dotslogen.“
An dieser Stelle von seinen großen Erfolgsfällen zu berichten, würde den Rahmen sprengen, aus Platzgründen begnügen wir uns mit seinen kleineren Erfolgen:
„Um Himmelswillen, Chef! Was ist das?“ Olaf Köppcke, der ihm untergeordnete Polizeioberkommissar stand in der Fahrertür des Dienstwagens und starrte kreidebleich auf das geöffnete Schraubglas in der Hand seines Vorgesetzten. In trübem Wasser schwammen schimmernde Klumpen und ein beißender Essiggeruch erfüllte das Cockpit. „Das sind Rollmöpse, Köppcke, wollen Sie einen?“ „Nee danke, Chef - ich wusste gar nicht, dass die wirklich gegessen werden - ich seh‘ die immer nur im Regal stehen.“ Hansen schob sich eine weitere glitschige Fischrolle in den Mund. „Selbstgemacht sind sie natürlich besser, aber ich komme nur selten dazu ... und nun steigen Sie ein, wir müssen los ... äh, wohin eigentlich?“ Köppcke öffnete seinen Notizblock: „Holstenstraße 98, da ist ein Juweliergeschäft leergeräumt worden und der Besitzer beschimpft die Leute von der Streife.“ „Na dann mal los.“ Hansen stopfte sich noch einen letzten Rollmops in den Mund und schraubte widerwillig das Glas zu, nicht ohne sich vorher noch einmal kräftig mit der öligen Kräuteressigbrühe zu bekleckern.
Zehn Minuten später standen beide vor dem Juweliergeschäft in der Fußgängerzone der Kieler Altstadt. Die beiden Streifenpolizisten versuchten immer noch, den Inhaber zu beruhigen. Herr Kohlmorgen stellte sich als unangenehmer Choleriker heraus. Die beiden Kommissare waren kaum eingetroffen, da wurden sie auch schon Teil seines Beschimpfungsschwalls.
„Sind Sie der Kommissar? Na endlich! Wird aber auch Zeit. Ich werde überfallen, ich bin ruiniert und Ihr inkompetentes Fußvolk lungert hier in meinem Geschäft herum, anstatt den Täter zu suchen. Dass er nicht hier ist, ist doch wohl klar ...“ Er hielt kurz inne, runzelte die Nase und fuhr dann mit affektierter Ekelmiene fort: „Riechen Sie nach sauren Gurken? Und sagen Sie mal, wie sehen Sie überhaupt aus? Wollen Sie heute noch mit ‘nem Kutter raus oder was?“ Es folgte ein ungeheuer unsympathisch-zynisches Lachen. Hansen blieb unberührt: „Rollmops“, sagte er knapp. „Ich rieche nach Rollmopswasser und mit dem Kutter will ich erst nächste Woche raus, das Wetter ist im Moment ungünstig.“
Dem Juwelier war am Gesicht anzusehen, dass er es nicht gewohnt war, sprachlos zu sein. Bevor er seine Gedanken jedoch wieder sortiert hatte, fuhr Hansen fort und stellte augenblicklich klar, wer im folgenden Gespräch das Sagen hatte: „Die Kollegen machen hier nur ihre Arbeit und nun hören Sie mit dem Gebelle auf und erzählen Sie mir, was vorgefallen ist - Köppcke! Mitschreiben.“ Der Juwelier begann kleinlaut seinen Bericht: „Ist gut, Herr Hauptkommissar - verzeihen Sie, ich war etwas aufgebracht. Also es war so: Heute Morgen um sieben Uhr wollte ich den Laden aufschließen und sah, dass die Stahljalousien schon offen standen. Ich ging also rein und fand den Tresor leergeräumt. Das müssen Profis von langer Hand geplant haben. Nichts ist kaputt oder umgestellt worden - die sind hier einfach eiskalt reinspaziert, haben den Safe geöffnet und sind wieder verschwunden.“ Hansen blieb unbeeindruckt: „Wer außer Ihnen kennt die Safekombination?“ Kohlmorgen war wieder zu neuem Selbstbewusstsein erwacht und seine cholerisch überhebliche Art klang wieder deutlich hörbar in seiner Stimme mit. „Niemand, absolut niemand. Die ist gut verwahrt - einmal in meinem Kopf und einmal auf einer Notiz, sicher verwahrt in einem geheimen Geheimversteck.“
Hansen kratzte sich am Kinn. „Sicheres Geheimversteck, so so ... ich schlage vor, Sie prüfen noch einmal nach, ob die Notiz immer noch sicher verwahrt ist und dann rufen Sie mich nochmal an - und nun gehen Sie und lassen Sie die Leute von der Spurensicherung ihre Arbeit machen.“
Der Rest des Vormittags verlief ereignislos.
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