Und nun lädt zur Rast diese kleine, aus rohem Holz zusammengenagelte Bank, unter der eine Brennesselstaude Schutz gesucht hat. Sie - oder ich! Mit meinem Stock muss ich einige Stengel köpfen. Ich finde zur Ruhe. Die Geschwätzigkeit der ersten Eindrücke weicht der Be-Sinnung. Keine Hast. Nichts läuft dir davon. Du kannst bleiben. Rasten. Mit allen Sinnen diese Harmonie in dich aufnehmen. Nichts Grandioses fordert dir etwas ab. Eher Bescheidenes. Kleine Blüten, bunte Gräser, das Muhen der Kühe. Irgendwo bellt ein Hund. Ein majestätisch dahinziehener Raubvogel wehrt die übermütigen Angriffe der Dohlen ab. Von der Felswand tropft ein kleines Rinnsal.
Der Wegweiser. Vier verwitterte, nur noch schwach lesbare Holzpfeile, einer hinabweisend ins Etschtal, einer hinaufzeigend in den Fels für die kühnen, unermüdlichen Bergsteiger, einer nach rechts auf einen Höhenweg, und dann jener dort hinab, von wo ich aufgestiegen war. Der Rückweg aber hatte Zeit! Jegliche Zeit!
Jetzt beginne ich zu malen. Nein, nicht mit Pinsel, Tusche und Papier. Nur mit den Augen. Jetzt erst geben sich die Farben zu erkennen; denn die Gräser sind nicht grün, die Steine nicht grau oder schwarz, der Weg schimmert wie Seide. Ich kann es nicht mehr beschreiben. Es gibt keine Wörter dafür - vielleicht nur diese Musik. Oder eine andere. Ganz andere. Vielleicht ist sie noch gar nicht komponiert. Oder sie klingt wie der heute nicht immer so sanfte Wind, der aus dem Tal heraufweht und tausend kleine Harfen zugleich zum Klingen bringt.
Ich bin!“
Mit diesem Ruf endete die Aufnahme. Uta Möbius und Lothar Velmond - selbst in dieser bürokratischen, martialischen Welt waren sie von dieser ebenso virtuellen wie virtuosen Wanderung ergriffen.
Uta Möbius traute sich kaum, diese Verzauberung aufzulösen.
„Ja, so war es. Zugegeben, auch ich kann jetzt jederzeit, wenn mir danach zumute ist, wieder dorthin zur Rosenbank wandern. Einfach wunderbar! - Und wer noch?“
„Jede Teilnehmerin seiner Sommer-Akademie, der er diese CD geschickt hat! Ich fürchte, wir müssen sie alle einvernehmen: die Frau Pernice, die der Frau Uhlen offenbar sehr nahe gestanden hat, diese Schweizerin .... wie hieß die noch?“
„Die hieß Schweizer mit Nachnamen, wenn sich die Kellnerin richtig erinnert hat. Damaris mit Vornamen. Dann gab es noch eine Frau Springer, Iris, und eine Louise oder Luisa de Valmont. Wer weiß, vielleicht sind Sie ja auch ein ‚von’ Velmond, ein Graf, mit einer verwunschenen Burg in den Cordilleren.“
„Wir werden uns die Arbeit teilen müssen. Kollege Elsterhorst fährt doch gern nach Norden. Er muss ja diesmal nicht auf ein Schiff und wird nicht in die Fänge der Mafia geraten. Kann sogar bis Köln mit dem ICE durch die Landschaft flitzen. Vielleicht hält der ja auch in Wesel. Dann einen Leihwagen nehmen bis zu dem Nest am Niederrhein, wo diese Thalida Pernice wohnt. Und Frau Uhlen gewohnt hat. Thalida - auch kein alltäglicher Name!
Dann wäre es mir sehr lieb, wenn er sich auch dieser Luisa annehmen würde. Irgendwie bin ich da namensmäßig zu nah dran. Dann kann er ihr ungeniert erzählen, was ich für verrückter Typ bin und dass es wirklich keine Zierde ist, mit mir verwandt zu sein, und sei es über einen Burgherren in Kalabrien. Verraten Sie ihm aber nicht, wie oft er umsteigen muss, um dieses Eifeldörfchen zu erreichen.“
„Vielleicht labt er sich an Gerolsteiner Sprudel! Der kommt ja da in der Nähe aus der Erde!“
„Ich werde diese schmucke Damaris aufsuchen: Die wohnt in Ihringen am Kaiserstuhl, da gibt’s einen herrlichen Silvaner! Leider gibt es von da keinen PKW rückzuführen, Möbius!“
„Da wäre noch die Iris Springer! Die gehörte offenbar auch zu der Clique vom Frauenversteher Terborg! In Heidelberg! - Elsterhorst wird Sie beneiden und diese Ihre Dienstreisen für absolut überflüssig halten. Er tippt sowieso auf stilvollen Selbstmord. Da hätten wir die wenigste Arbeit mit!“
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