Hagen zuckte mit der Schulter und Gwendolin klopfte Uhra freundschaftlich auf die Schulter, grinste spöttisch »Auf was wartest du?« Sie ging ebenfalls zur Tür hinaus.
Uhra konnte nur mit dem Kopf schütteln. Ein Haufen Spinner, allesamt, es würde wieder eine interessante Reise werden, soviel stand fest.
Zügig folgte er den anderen. Sie suchten den schnellsten Weg zu einem der Ausgänge. Alle sahen es als ein gutes Zeichen, dass niemand sie aufhielt, sie suchte oder irgendwelche Fragen stellte. Nichts gefährdete ihren schnellen und unauffälligen Abgang.
Auf der Straße angekommen mussten sie sich kurz orientieren. Sie fanden sich auf der gegenüberliegenden Seite zu dem Eingang wieder, durch den sie den Tempel am Morgen betreten hatten.
»Wohin?« fragte Gwen.
»Erst zur Herberge, um unsere Sachen zu holen?«
»Hm, wenn wir doch beobachtet werden, dann wissen sie spätestens, wenn wir die Herberge räumen, dass wir uns auf den Weg machen, wo auch immer hin!«
Sie überquerten den großen Platz, kurz vor den Abendstunden war hier mehr Betrieb, als zu der Zeit der höchsten Sonne, der größten Hitze.
»Stimmt, dann sollten wir uns aufteilen und später an einem anderen Ort wieder treffen!«, lautete der Vorschlag der Magierin.
»Lasst uns kurz in eine Schenke gehen, dann kann ich unsere Finanzen überprüfen, außerdem müssen wir eine Liste der Dinge machen, die wir benötigen und uns einen Treffpunkt überlegen.«
Da keiner etwas dagegen einzuwenden wusste, gingen sie vom großen Platz aus weiter in Richtung Herberge. An der nächsten Ecke befand sich eine Kneipe von einer solch schlichten Qualität, dass die Gefährten normalerweise dort nicht eingekehrt wären, Derartiges aber war nun Nebensache.
Das Lokal war voll, erst auf den zweiten Blick fanden sie einen Tisch, der ihnen die Möglichkeit bot, ihre Angelegenheiten ungestört und vor allem ungehört zu besprechen. Sie mussten sich einen Weg durch die Anwesenden bahnen. Hagen ging vorweg, er besaß die breitesten Schultern und war gut darin, eine finstere Miene aufzusetzen.
»So, also, wer hat etwas zu schreiben? Gwen?« Die Magierin griff in die Innenseite ihres Kleides und förderte ein Pergament zu Tage, aus der Seitentasche holte sie ein Stück Tuch hervor, entrollte es und gab die Kohle zusammen mit dem Pergament dem Priester.
Uhra begann, verschiedene Dinge zu notieren
Uhra schaute in die Runde und deutete durch eine Bewegung mit dem Kopf an, jeder möge seine Vorstellungen vortragen, damit sie mit auf die Liste kämen.
Die Liste wurde immer länger. Weitere fünf Minuten trugen sie zusammen, was ihnen einfiel. Da Uhra umsichtig die Liste in verschiedene Gruppen eingeteilt hatte, riss er das Pergament auseinander und gab Hagen einen Teil, Nyander bekam einen und der Elf ebenfalls.
»Habt ihr Geld, um mir auszuhelfen? Ich habe genug vom Hohepriester bekommen, aber ich möchte hier nicht so offen Goldmünzen über den Tisch schieben.«
Gwen nickte, und Adderlin antwortete kurz. »Ja. Mach dir deswegen keine Sorgen!«
»Gut! Wenn wir jetzt losgehen, werde ich dir einen Beutel zustecken.«
»Ja, verstehe«, raunte der Halbelf. »Und wo treffen wir uns dann? Ich werde zwei Stunden benötigen, irgendjemand länger?«
Allgemeines Kopfschütteln. »Ich schlage das Osttor vor, dann können wir die Küstenstraße nehmen.«
»Hm, glaubst du das ist weise? Ich würde das Nordtor nehmen. Es ist näher an den Pferdemärkten, und wir sind schneller aus der Stadt raus. Weniger Augen, die uns sehen könnten.«
»Eigentlich hast du recht, wir holen unsere Sachen und auf dem Weg zum Pferdemarkt werden wir ein paar Lebensmittel kaufen, alles andere wird sich finden.«
Da es keinen Widerspruch gab, verließen sie gemeinsam die Spelunke, begaben sich zu ihrer Herberge.
Es dauerte nicht lange, nur wenige Minuten und sie standen im Empfangsbereich ihrer Unterkunft. Während die Männer, alle außer Uhra, die Sachen von den Zimmern holten, war Gwen die Aufgabe zugefallen, die Zeche zu zahlen.
Die Summe plus ein wenig Trinkgeld wechselte den Besitzer, der Gastwirt bedankte sich, wünschte einen schönen Abend.
Die Sonne sank langsam, die Schatten wurden länger. Kurz entschlossen trennten sie sich doch, um es Verfolgern, sollte es sie geben, schwerer zu machen.
Gwen und Hagen als Pärchen nahmen einen Weg, der sie weiter in den Westteil von Calaman brachte. In diesem Teil der Stadt gab es viele Tuchhändler, neue Kleidung, vor allem Hosen, Stiefel und wetterfeste Umhänge waren hier am besten zu erstehen.
Die drei anderen Männer wollten sich zuerst um die Pferde kümmern, wobei Nyander Taschen, Decken und Sättel besorgen sollte, während Uhra und Adderlin die Pferde samt Zaumzeug und Futter erstehen wollten.
Schnellen Schrittes machten sie sich direkt zu den Pferdehändlern auf.
Uhra versuchte in seiner Tasche den einen Geldbeutel zu öffnen, die Münzen zu zählen. Da er nicht sehen konnte, welche Art von Münzen er zählte, musste er hoffen, die richtige Anzahl an den Halbelf und den Elf zu geben, ohne dass es weiter auffiel. Er hätte gerne etwas mehr Zeit für solche Kleinigkeiten gehabt, aber es sollte nun mal nicht sein.
»Dreh dich mal etwas näher zu mir.«
Nyander verstand, drehte seinen Körper so, dass niemand sehen konnte, was schnell den Besitzer wechselte. Er schaute kurz in seine Hand und nickte.
»Wird reichen!« lautete sein Kommentar.
Auch Adderlin erhielt eine Handvoll Münzen. »Oh, das wird bestimmt reichen«
Uhra hatte sich auf die Umgebung und mögliche Beobachter konzentriert, so war ihm entgangen, dass zwei kirschgroße Saphire mit in Adderlins Hand gerollt waren.
»Oh, Göttin – ich hatte ja keine Ahnung.« Geschickt ließ der Elf die Münzen und die beiden Edelsteine in seiner Tasche verschwinden. »Wir sehen uns in einer Stunde.« Mit diesen Worten drehte er sich um, schlenderte davon.
Nyander musste lächeln, die verdutzte Miene des Priesters war unbezahlbar. Auch er verabschiedete sich, ging seines Weges.
Die ersten Gatter mit Pferden waren nur wenige Meter entfernt. Die letzten Jahre auf Reisen hatten bei den Gefährten eine gewisse Expertise in Sachen Pferden entstehen lassen. Schon von weitem konnte der Priester die ersten Tiere ausschließen. Zu klein, schlechtes Fell, alt oder schlecht ernährt, alle diese Tiere waren nicht geeignet. In einem anderen Gatter standen zwei Pferde, deren Bewegung eher langsam und behäbig waren. Treue Tiere ohne Zweifel, aber für eine Reise, bei der es auch auf Geschwindigkeit ankommen würde, waren diese schönen Kreaturen ungeeignet. Er würde ein Pferd mit Ausdauer und Geschicklichkeit benötigen, keine Schönwettertiere.
Nach weiteren zehn Minuten des Betrachtens und Abwägens erstand Uhra schließlich einen Rotschimmel. Er stand etwas abseits in einem Gatter alleine. Auf Nachfrage äußerte der Händler leicht besorgt, er wäre etwas eigensinnig, hätte andere Tiere gebissen, man sollte ihn besser nicht zusammen mit anderen Pferden halten, er wäre aber bestimmt ein gutes Arbeitstier, kräftig und ausdauernd.
»Darf ich ihn mir mal näher anschauen?« Uhra bekam dieses Gefühl in der Magengegend. »Ja, aber beschweren Sie sich nicht, wenn er beißt oder tritt. Ich habe Sie gewarnt! Es ist im Übrigen eine Sie!«
Uhra streckte die Hand aus, um die Stute anzulocken. Diese schaute ihn aus regen Augen an, machte aber zuerst keine Anstalten, sich dem Priester zu nähern. Die Ohren waren aufgestellt und der Blick wich nicht von Uhra.
»Komm, komm her, ich will dir nichts Böses. Will nur sehen, ob du eine Schöne bist. Komm.«
Die Worte waren absichtlich leise gesprochen. Wenn sie neugierig war, würde dies sie vielleicht locken.
Langsam kam sie näher, blieb einige Schritte vor der weiterhin ausgestreckten Hand stehen und schnupperte.
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