Roberto erwähnte währenddessen kurz, dass seine Urgroßeltern väterlicherseits aus Deutschland stammten.
Christina unterbrach ihn, „Jetzt weiß ich auch, warum du so gut Deutsch sprichst.“
„Ich dachte, ich hätte dir das bereits erzählt?“
„Nein davon hatte ich keine Ahnung.“
Im Laufe des Abends erfuhr sie zudem, dass Roberto inzwischen der Besitzer dieses Hotels war. Während des Essens sprachen sie darüber, wie übel man ihnen damals mitgespielt hatte. Roberto war sehr enttäuscht von seinen Eltern. Solche Intrigen hätte er ihnen nie zugetraut. Er versprach ihr, seine Eltern in den nächsten Tagen diesbezüglich zur Rede zu stellen. Dann wechselten sie das Thema und beide bemühten sich, die Vergangenheit nicht mehr zu erwähnen. Christina berichtete, wie sie so lebte, und erzählte von ihrem Beruf. Ihre Schwester und Stefan erwähnte sie ebenfalls. Ja, sogar von Volker erzählte sie. Auch, dass sie vorhätten, in Kürze zu heiraten, verschwieg sie ihm nicht. Bildete sie sich das nun ein oder schaute er sie plötzlich irgendwie prüfender an? Sie sprach auch davon, dass ihre Eltern beide nicht mehr lebten.
„Die Immobilienfirma, die meine Eltern meiner Schwester und mir hinterlassen haben, führen wir nun gemeinsam weiter. Mit Stefans Hilfe kommen wir ganz gut zurecht. Sonst wären wir zwei aber auch ziemlich aufgeschmissen.“
Christina musste selber darüber lachen. Mittlerweile verschwanden ihre Unsicherheit und ihre Angst, sie unterhielten sich wie alte Freunde. Ja, sie lachten und scherzten sogar miteinander, es war genau wie früher. Nach dem Essen lud Roberto sie zu einer kleinen Hotelbesichtigung ein. Christina war angenehm überrascht. Voller Bewunderung stellte sie fest, mit wie viel Geschmack und Sinn für vornehme Eleganz das ganze Hotel eingerichtet war. Die absolute Krönung waren die Suiten.
Nachdem sie diese begutachtet hatten, begaben sie sich in einen ganz anderen Trakt. Roberto öffnete die Tür. Christina vermutete, dass sie sich hier in der sogenannten Luxussuite befinden müssten. Die Einrichtung war sehr elegant. Überall brannten Kerzen. Es sah einfach traumhaft schön aus, Romantik pur. Die ganze Einrichtung war mehr oder weniger im englischen Stil gehalten, die Möbel aus Mahagoni und mit Messing beschlagen. Die weiße Polstergarnitur kam besonders gut zur Geltung. Rechts und links befanden sich kleine Glastische mit großen Porzellanlampen. Auf dem großen Glastisch stand ein wunderschönes Gesteck aus Seidenblumen. Die Seidenvorhänge, auf denen pastellfarbene Kamelien waren, gaben dem Ganzen eine warme Gemütlichkeit. Der große Kamin lud zum Träumen ein.
Roberto sah ihren fragenden Blick und sagte: „Das hier ist mein ganz privater Bereich. Hier wohne ich. Du hast doch sicherlich Verständnis dafür, wenn wir uns hier weiter unterhalten? Unter den Augen des Personals fühlt man sich dann doch nicht so wohl.“
Als Roberto ihr erneut ein Glas Champagner reichte, überfielen sie wieder diese Angst und Unsicherheit, die sie schon fast vergessen hatte. Sicherlich kam er jetzt darauf zu sprechen und wollte vielleicht wissen, weshalb sie ausgerechnet hier ihren Urlaub verbrachte? Was sollte sie ihm bloß antworten? Ihr Herz schlug plötzlich schneller. Ihre Knie fingen an zu zittern. Dann prostete er ihr zu, und als sie das Glas an ihre Lippen führte, hatte sie Mühe, ihre Hände ruhig zu halten.
Natürlich bemerkte Roberto ihre Nervosität. Er nahm ihr ganz behutsam das Glas aus der Hand, schaute ihr tief in die Augen und flüsterte: „Hab keine Angst, kleine Christina, ich liebe dich immer noch. Ich habe nie aufgehört, an dich zu denken.“ Dann schloss er sie in seine Arme und küsste sie voller Leidenschaft.
All ihre guten Vorsätze waren dahin. Ein Schauer voller Leidenschaft und Zuneigung durchzuckte ihren Körper. Christina hatte nicht die Kraft, sich dagegen zu wehren. Es war aussichtslos — die Angst und ihre Unsicherheit wichen einem Gefühl der zärtlichen und glühenden Erregung. Sie wurden von der gleichen Leidenschaft erfasst, die ihre Körper damals zum Schmelzen gebracht hatte. Christina konnte und wollte sich nicht dagegen wehren: Sie liebte Roberto immer noch; das wusste sie jetzt. Darum ließ sie sich einfach von ihren Gefühlen davontragen. Beide wurden von einer Leidenschaft erfasst, die sie erschauern ließ. Erst gegen Morgen schlummerten beide, eng umschlungen, vor Erschöpfung ein. Dieses Mal schworen sie sich: Keine Macht der Welt soll uns jemals wieder trennen können.
Roberto erzählte ihr später, was er damals durchgemacht hatte, als sie einfach abgereist war und er von niemandem erfuhr, was tatsächlich vorgefallen war. Er gestand ihr, dass er Maria nie geliebt hatte. Es machte Maria auch nichts aus, da sie ihre Ehe sowieso nicht ernst genommen habe. Maria war ein fröhlicher Mensch, sie wollte immer nur lustig sein.
Laut dachte Roberto nach: „Gab es überhaupt etwas, was Maria ernst nahm in ihrem Leben? Nein, auf eine ganz besondere Art genoss sie das Leben in vollen Zügen. So haben wir damals ein Abkommen getroffen und nur geheiratet, weil unsere Eltern es so wollten. Maria wusste, dass ich dich nicht vergessen konnte. Es gab eine Zeit, da redeten wir uns ein, wenn wir erst einmal Kinder hätten, würden wir lernen, uns zu lieben. Aber das war aussichtslos. So wurden wir sehr gute Freunde und konnten uns aufeinander verlassen.“
„Warum habt ihr euch dann nicht getrennt?“ Christina wollte alles ganz genau wissen.
„Marias Krankheit hat all das dann verhindert. Es wäre nicht fair von mir gewesen, sie ausgerechnet dann im Stich zu lassen, als sie mich am meisten brauchte.“ Sein Gesicht wirkte bei diesen Worten etwas nachdenklich und zugleich traurig.
Christina nahm ihn in den Arm und sie küssten sich wieder und wieder.
Roberto sagte: „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe jetzt einen Bärenhunger.“ Er griff zum Telefon und bestellte ein Frühstück für zwei Personen.
Christina erschrak. „Was soll das Personal denken?“, meinte sie und verschwand sofort ins Bad.
Roberto lachte und zog sich seinen Bademantel an. Während des Frühstücks beschloss Roberto, sich für diesen Tag freizunehmen. Die Zeit mit Christina wollte er genießen. Jetzt, wo er sie endlich wiederhatte, hätte ihn niemand davon abhalten können.
„Meine Segeljacht liegt unten im Hafen. Was hältst du davon, wenn wir gleich ein bisschen rausfahren?“
Christina schaute ihn mit großen Augen an. „Nur du und ich?“
„Aber ja”, erwiderte Roberto.
Voller Begeisterung umarmte sie ihn. „Ich muss aber erst rasch in mein Hotel zurück, um mich dort umzuziehen.”
So verabredeten sie sich am Jachthafen.
Christina war begeistert und strahlte vor Glück, als sie sagte: „Ich liebe dich, ich liebe dich.“
Roberto schloss sie noch einmal in seine Arme. Seine dunklen Augen durchbohrten die ihren förmlich. „Liebes, bleib nicht so lange weg.“ Dann küsste er sie nochmals.
Christina lachte glücklich. Noch im Hinausgehen rief sie ihm zu: „Liebling, ich bin ja gleich wieder da.“
Christina zog sich rasch im Hotel um, damit sie ja pünktlich am Hafen sein würde. Eigentlich wollte sie Lilian anrufen, aber das konnte sie auch später noch erledigen. Sie hatte es jetzt eilig. Roberto erwartete sie schon.
Am Hafen angekommen, verschlug es ihr für einen Moment die Sprache. Dass Roberto finanziell ziemlich gut dastehen musste, ahnte sie schon. Doch das hatte sie nicht erwartet: Die Jacht sah einfach gigantisch aus. Sie war etwa zwölf Meter lang, verfügte über eine Kombüse, einen Salon mit Pantry, drei Doppelkabinen zum Schlafen und ein Bad.
Roberto reichte ihr zur Begrüßung ein Glas Champagner und im Salon entdeckte Christina ein kaltes Buffet.
Liebevoll sagte sie zu Roberto: „Ich glaube, ich träume. Du hast ja wohl an alles gedacht?“
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