Börk und Müller hatten einen guten Platz ergattert. Von dort aus konnten sie nicht nur draußen in der Sonne sitzen, sondern auch in die Wohnung ihres Verdächtigen sehen. Er war gerade am Telefonieren.
„ Du bist doch wohl das größte Arschloch aller Zeiten! “ hörte man lautstark. „ Ich... ich weiß gar nicht, warum ich mich von dir immer wieder rumkriegen lasse! “
Ein paar große Eisbecher kamen… zu den Polizisten, nicht zum Verdächtigen.
„ Für wen hältst du dich eigentlich? “, schrie die Stimme. „ Den Supermacho? Wenn du mehr in deiner Hose hättest als in deinem Bizeps, dann könnte eine Frau auch Spaß mit dir haben! “
Der Verdächtige sah seinen Telefonhörer ungläubig an. Er setzte an, etwas zu sagen…
„ Also komm mir nicht mit dieser Scheiße, dass ich die einzige Frau in deinem Leben bin, wenn ich ganz genau weiß, dass du mit meiner Schwester, meiner Mutter und meiner Tante Frieda geschlafen hast! Du bist das letzte! Schluss! “
Er knallte den Hörer auf die Gabel und ging wütend auf und ab.
„Das war wirklich sehr aufschlussreich“, meinte Börk und wandte sich zu dem Paar, das hinter ihnen saß. Die Frau keifte weiterhin ihre Begleitung an.
„ Und nach all dem wagst du es, mich in ein mieses Eiscafé einzuladen... “
„Entschuldigung? Hallo?“
Börk lächelte. Die Frau sah ihn übellaunig an.
„Ähm, ich weiß, das interessiert Sie nicht, aber wir sind jetzt schon seit ner geschlagenen halben Stunde gezwungen, uns hier ihre Scheiß Lebensgeschichte anzuhören. Wir versuchen hier zu arbeiten, ja. Also wenn Sie Ihren Beziehungskram bitte woanders klären würden, dann wären mein Partner und ich Ihnen wirklich sehr verbunden.“
Müller sah ebenfalls zu den beiden hinüber und nickte zustimmend.
Die Frau erhob sich, schleuderte ihrem Extypen den Eisbecher ins Gesicht und stampfte davon.
„ Scheißtypen “, schrie sie, „ allesamt Scheißtypen! “
Der (Scheiß)Typ legte Geld auf den Tisch und versuchte, sie noch einzuholen.
„Mann, die haben Probleme“, murmelte Börk.
„Ja. Gut, dass sie einen mit ihrem Beziehungsscheiß belasten, ist ja noch ganz witzig, aber als die Alte angefangen hat, an dem Eis hier rumzumeckern, ist mir fast der Kragen geplatzt!“
Börk nickte zustimmend und sah ihr böse nach.
„Schlampe!“
Die beiden blickten hinüber zur Wohnung. Der Verdächtige hatte sich jetzt vor dem Fernseher niedergelassen.
„Wär wahrscheinlich trotzdem gut zu wissen, worum es bei dem Telefonat da eben ging. Hmmm. Ähm, was machen wir eigentlich, falls der Typ noch mal los will?“
Müller dachte kauend nach. Dann hatte er eine Idee. Er erhob sich und ging in den Laden.
Börk beobachtete derweil, was sich an der nächsten Straßenecke abspielte. Die Frau mit den Beziehungsproblemen und ihr Extyp hatten am nächsten Kiosk gehalten. Nachdem er für die Sachen bezahlt hatte, überschüttete sie ihn mit Cola und kippte dann eine Tüte Chips über ihm aus.
„Geteert und gefedert“, murmelte Börk. „Geht doch nichts über die Rache einer Frau!“
Müller kam aus dem Café zurück. Er grinste breit.
„Problem gelöst!“
Börk folgte seinem Blick. Ein Abschlepper fuhr vor und begann, den Wagen des Verdächtigen abzuschleppen. Derweil drosch die Frau mit einer riesigen Salami auf ihren Typen ein und ließ ihn dann auf dem Bordstein liegen.
„Na, da werden unsere Steuergelder doch einmal sinnvoll genutzt!“
Nächster Tag.
Das Abschleppgelände.
Ein Taxi nähert sich.
Das Taxi hält.
Jemand steigt aus.
Füße auf dem Kiesweg.
Die Tür zum Büro wird geöffnet.
Eine Hand knallt eine Kreditkarte auf die Theke.
Müllers Wagen.
Schritte nähern sich.
Die Fahrertür wird geöffnet.
Der Wagen fährt mit quietschenden Reifen los.
Kies schleudert durch die Gegend.
Müllers Wagen rast die Straße hinunter.
„Moment!“ Börk fiel etwas ein. „Der Typ muss doch seinen Wagen auch noch abholen!“
„Hast Recht!“
Müller bremste und fuhr die ganze Strecke rückwärts zurück. Zum Glück gab es in dieser Gegend zu dieser Zeit wenig Verkehr. Er parkte direkt gegenüber der Ausfahrt vom Abschleppgelände.
„Und was jetzt?“
„Frühstücken?“
„Gute Idee!“
Die beiden sahen sich um. Nichts in der Nähe.
„Na klasse! Und hier wolltest du dich hinversetzen lassen. Wo’s noch nicht mal ne Frittenbude gibt!“
„Hmm“, meinte Müller und lächelte, „ich hätte da eine Idee.“
Wenig später näherte sich ein kleiner, roter Wagen dem Abschleppgelände. Der Wagen näherte sich der Einfahrt, schien sich aber nicht ganz sicher zu sein, ob er dort hineinfahren sollte. Er fuhr ein Stückchen hinein, kehrte dann aber wieder auf die Straße zurück und hielt neben Müllers Wagen. Der Fahrer kurbelte das Fenster herunter und fragte: „Habt ihr Pizza bestellt?“
Während Börk und Müller noch mit ihrer Pizza beschäftigt waren, stieg auf der anderen Seite des Zaunes jemand in den Wagen des Verdächtigen ein. Der Wagen fuhr los und verließ das Gelände durch das Haupttor.
„Mist! Immer, wenn man grad beim Essen ist!
Müller startete den Motor und sie folgten ihm.
„Wann ist der eigentlich rein gekommen?“ fragte Müller nach einer Weile.
„Wer?“
„Na der Typ, den wir da beschatten sollten. So lange wir da standen, is außer dem Pizzaboten kein Wagen gekommen.“
„Hmmmm, stimmt.“ Börk zuckte die Schultern. „Merkwürdig!“
Sie näherten sich der Autobahn.
„Wo der wohl hin will?“
„Nach Osten.“
Müller seufzte… und schaute sicherheitshalber auf die Tankanzeige. Die war so verschmutzt, dass er nichts erkennen konnte.
„Und, haben wir genug Benzin?“
Müller hob die Schultern.
„Werden wir bald wissen.“
„Es ist immer wieder aufbauend, dich dabei zu haben!“ Börk dachte einen Moment nach. „Vielleicht muss er seinen Stoff abholen?!“ schlug er vor.
„Ja... aber fährt er dafür nicht in die falsche Richtung?“ Müller deutete in die entgegen gesetzte Richtung. „Holland liegt doch eher da so.“
„Vielleicht... bezieht er seinen Stoff aus dem Ostblock?“
Börk dachte nach.
„Weißt du, was es geben müsste?“
„Nee, was?“
„Son Service, der einen unterwegs beliefert. Also während der Fahrt, ohne dass man irgendwo anhalten muss. Wär doch bei langen Verfolgungsjagden ideal.“
„In n paar Kilometern kommt n guter Drive-In.“
„Hoffentlich fährt er da rein!“
Er tat es natürlich nicht.
„Scheint definitiv nichts von gutem Essen zu halten, der Typ“, murmelte Müller, während der Drive-In im Rückspiegel verschwand.
„Eine Schande!“
Börk sah ins Handschuhfach und nahm eine Tüte Gummibärchen heraus. Er reichte sie Müller, der gierig davon nahm. Stumm kauten die beiden vor sich hin, während sie den Wagen vor ihnen im Auge behielten. Nach einer Weile meinte Börk seufzend: „Meinst du, der muss irgendwann mal pinkeln?“
Doch es schien nicht so. Vielleicht hatte er aber auch nur nicht so viel gegessen und getrunken wie die beiden.
„Weißt du, was hier echt fehlt?“ meinte Börk ein paar Kilometer später.
„Ne Klimaanlage?“
„Ja, auch. Aber ich meinte Eis!“
Er füllte zwei Gläser mit Cola und sie stießen an.
Einige Zeit später fuhr der Wagen des Verdächtigen dann endlich auf einen Rastplatz.
„Na endlich, ich dachte schon, wir kriegen nie mehr was zu essen.“
„Da gibt’s keine Raststätte!“
„ Scheiße!“
Der Wagen des Verdächtigen hielt jetzt hinter einem Sattelschlepper. Auf dem Anhänger des Lastwagens befanden sich jede Menge weitere Wagen desselben Modells. Nun stieg der Fahrer aus.
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