B legt die Bewegungsabläufe fest.
B überträgt die Abläufe auf eine Gruppe und weitet das Material aus.
Welche Veränderungsmöglichkeiten ergeben sich dadurch?
Wo bedarf das solistische Material von B einer Modifikation, wenn es von einer Gruppe getanzt wird und dieselben Spannungsbögen wie im Solo enthalten soll?
C, der das Bild nicht gesehen hat, sieht sich den Tanz an und malt anhand dessen ein Diagramm.
Unter anderem untersucht er die Phrase aufgrund folgender Parameter:
Kraft und Release
Geschwindigkeit: schnell - langsam
Spannung und Entspannung
Vertikalebene: Boden - Mitte - Luft
Raumebene: hinten - Front
Beziehung zum Publikum.
Energie und Aktionsraum der Tänzer
Wo gibt es Übereinstimmungen zum Ursprungsdiagramm und durch welche Bewegungsparameter werden diese erzeugt?
Dabei wird erfahrbar gemacht, durch welchen Parametereinsatz Spannung entsteht bzw. mit welchen Elementen eine Phrase gestaltet wird, wodurch sich eine Aufwärtsbewegung im Spannungsverlauf auszeichnet und wodurch eine Klimax entsteht.
Mehrere Phrasen werden entwickelt und experimentell in verschiedene Strukturen gebettet.
Das Strukturieren von Vorlagen
Die Vorstrukturierung der dynamischen Intensität der Choreographie zu einer Vorlage, wie sie eine Musik oder eine Biografie oder eine andere feste Größe sein kann, entspricht einem Zwiegespräch. Die Vorlage definiert einen Bogen, und es ist Ihre Entscheidung, an welcher Stelle Sie dem Bogen entsprechen, also mit der Dynamik mitgehen, und an welcher Stelle Sie sich dagegen richten. Die Musik, die Biografie oder die Geschichte geben eine Größe vor, zu der Sie sich als Choreograph verhalten können (mehr in Bezug auf Musik finden Sie unter dem Abschnitt „Musik und Bewegung" auf Seite 95).
Das Sich-Verhalten zu einer festen Größe durch eine Vorlage ist das Choreographieren zu Musik. Aber auch in literarischen Bearbeitungen oder der choreographischen Umsetzung einer Serie von Zeichnungen gibt es eine vordefinierte Struktur, zu der sich die Choreographie ins Verhältnis setzt. Aufgrund der vorgegebenen festen Größe bietet sich in der Arbeitsweise eine Vorstrukturierung an. Die Vorlage enthält bereits eine dynamische Intensität. Es gibt Wendepunkte, welche die Geschichte mit sich bringt, eine Handlung oder etwas anderes. Es geht nun nicht darum, diese Punkte zu illustrieren oder den Intensitätspegel der Vorlagenstruktur in Tanz zu übertragen - obwohl auch das möglich ist -, vielmehr geht es um ein bewusstes Verhältnis der Choreographie zu einer vorgegebenen Matrix, wie sie eine Komposition oder eine Geschichte darstellt.
Studie 2
Bezug zwischen Vorlage und Interpretation
Dialogisches In-Bezug-Setzen einer choreographischen Intensität zu einer vorgegebenen Größe
Wählen Sie eine Musik, eine Biografie, eine literarische Vorlage oder eine andere dynamische Intensitätsentwicklung, die die fixe Matrix eines Verlaufes vorgibt.
Zeichnen Sie einen Spannungsbogen, der für Sie der Intensitätsentwicklung der Vorlage entspricht. Beispiel:
Entwickeln Sie die dialogische Form eines Spannungsbogens für eine Choreographie, die mit der Linie an bestimmten Passagen eins zu eins mitgeht und an anderen Passagen im Kontrast zum dramaturgischen Verlauf des Ursprungs steht.
Versuchen Sie, eine interessante Dialogform zwischen der Choreographie und der Vorlage, wie zum Beispiel einer Musik, zu entwickeln, ohne den Bezug zur Vorlage zu verlieren. Die im Diagramm fett gezeichneten Elemente, die Sie als Dialog zu der Vorlage dazu bauen, sollen zwar eine Eigendynamik haben, sich aber nicht verselbstständigen, sonst entfernen sie sich in der Umsetzung von der Thematik, anstatt sie zu erweitern.
Betrachten Sie die Arbeit unter folgenden Gesichtspunkten:
Steht der Intensitätsverlauf, sprich die Reise, die der Zuschauer zurücklegen soll, in Korrespondenz mit dem Thema?
Entspricht die Dynamik des Intensitätsverlaufs der Gesamtintension des Themas?
Beachten Sie, auf welcher Höhe das Stück einsteigt! Wenn Sie ganz oben angekommen sind, ist unter Umständen das Pulver verschossen. Können Sie dann durch Reduktion eine andere Intensität erreichen?
Bedenken Sie die Möglichkeiten der Steigerung. Wie lässt sich eine Szene verdichten? Welcher Impact gibt welche Steigerung her? Wie und womit lässt sich Dramatik schaffen?
Stellen Sie Überlegungen an, welche weiteren Performanceanteile, wie Video, Location, Spezialeffekte und andere, die Spannungskurve erweitern könnten, und legen Sie ein Storyboard an.
Oft entwickeln Tänzer im Probenprozess einzelne Szenen oder auch nur Bewegungsabläufe. Die Kunst besteht nun darin, diese Versatzstücke so miteinander zu verbinden, dass sie gemeinsam eine übergeordnete Dramaturgie formulieren. Selbst wenn Sie sich entschließen, eine Collage von aneinandergereihten Szenen zur Aufführung zu bringen, wird es einen dramaturgischen Bogen geben. Er setzt sich aus der Dichte und dem Rhythmus des aneinandergereihten Materials zusammen und wird aufgrund dieser Zusammensetzung Wirkung erzielen oder auch nicht.
Nehmen wir an, es gibt eine Handvoll Szenen, die Sie in eine Struktur einbetten wollen. Um einen Überblick über das zu strukturierende Material zu erhalten, empfiehlt es sich, dieses grafisch aufzuschlüsseln. Zeichnen Sie die dramatischen Kurven der Szenen; es wird Ihnen helfen, diese im späteren Vergleich einzuordnen.
Spannungsbögen einzelner Szenen
Einzeln betrachtet wirken die Szenen wie nicht zusammenhängende Versatzstücke. Sollen sie in einem ganzen Stück zusammenspielen, müssen sie so zueinandergesetzt werden, dass daraus eine insgesamt schlüssige, dramaturgische Form wird. Um dies zu erreichen, werden Sie neue Szenen dazubauen müssen, die Sie unter dem Gesichtspunkt erarbeiten, Verbindungen zwischen dem ganzen Material zu entwickeln. Die erste wirklich unkalkulierbare Hürde in der Arbeit der Restrukturierung sind diese Verbindungsszenen oder Übergänge. Funktionieren diese nicht wie gewünscht, wird sich Ihr Stück unter Umständen nicht von einer Collage in eine zwingende Chronologie verwandeln lassen. Vielleicht wollen Sie das auch gar nicht, aber wenn Sie es anstreben, dann sollten Sie sich dieser Hürde bewusst werden. Eine Collage, in der von Szene zu Szene jeder Übergang als Bruch wirkt, verlangt vom Zuschauer auf eine subtile Art das Sich-Einlassen immer wieder von Neuem.
Studie 3
Verbindungsszenen
Nehmen Sie die aus Studie 1 entwickelten Sequenzen als Ausgangspunkt oder arbeiten Sie mit vorhandenem Material.
Um die Szenen unter dem Gesichtspunkt des späteren dramaturgischen Bogens des Stückes zu betrachten, legen Sie die erarbeiteten Sequenzen in ein Zeitspektrum, wie in der folgenden Abbildung verdeutlicht.
Читать дальше