Marcel Schmeyer - Der Wunderschönste Zufall
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Marcel Schmeyer
Der Wunderschönste Zufall
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Inhaltsverzeichnis
Titel Marcel Schmeyer Der Wunderschönste Zufall Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1 Ich ging los und kam später an als erwartet
Kapitel 2 Ich treffe mich mit einem Jungen und alle halten es für ein Date
Kapitel 3 Ich glaube, jemand sollte mich mal kneifen
Kapitel 4 Ich kam mit Verantwortung ja noch nie gut zurecht
Kapitel 5 Ich sitze im Park und führe ein Gespräch über das Leben
Kapitel 6 Ich habe noch nie so einen Tag erlebt
Kapitel 7 Ich gehe an den See, und zwar nicht alleine
Kapitel 8 Ich tanze, wie ich noch nie getanzt habe
Kapitel 9 Ich spiele sehr wohl mit Essen
Kapitel 10 Ich schwelge in Erinnerungen
Kapitel 11 Ich war schon lange nicht mehr verliebt
Kapitel 12 Ich besuche meine Mutter
Kapitel 13 Ich habe doch keine Angst
Kapitel 14 Ich habe schon realistischere Rachepläne gehört
Kapitel 15 Ich fand Abschiede noch nie leicht
Kapitel 16 Ich wünschte, die Ferien wären länger
Kapitel 17 Ich kann in der Dunkelheit kaum sehen
Kapitel 18 Ich will nicht gehen
Kapitel 19 Ich hätte nicht damit gerechnet
Kapitel 20 Ich kann den Tod in meinem Nacken spüren
Kapitel 21 Ich wache auf und Gott ist nicht da
Kapitel 22 Ich finde das Leben manchmal echt bizarr
Impressum neobooks
Kapitel 1 Ich ging los und kam später an als erwartet
Die meisten, die hastig an ihr vorbeigehen und nur einen flüchtigen Blick auf sie werfen, werden wohl denken, Lara Bach sei nur ein gewöhnliches Mädchen. Manche werden finden, sie sei hübsch, mit ihren langen braunen Haaren und den schimmernden, großen Augen, den leichten Lachfalten und der kleinen Nase, aber nicht außergewöhnlich genug, um sie anzusprechen. Einige werden sich fragen, wohin sie wohl will mit ihrem entschlossenen Gang und woher wohl die leichte Trauer in ihren Augen kommt. Viele, wenn nicht alle, werden davon ausgehen, dass nichts sie von anderen ihren Alters abhebte. Lange im Gedächtnis wird sie aber wohl keinem bleiben, der ihren Weg nur zufällig kreuzt. Aber was machte dieses Mädchen besonders? Was unterschied sie von der Masse? Nun, das hing ganz davon ab, wen man fragte.
“Man, ich bin mir hundertprozentig sicher, dass du kräftig geschummelt hast, und eines Tages finde ich auch heraus, wie du das angestellt hast. Kann doch nicht angehen, dass du uns einfach so an der Nase herumführst”, seufzte Anna Kochinski, als sie mit Lara an ihrer Haustür stand und die frische Luft des späten Abends einatmete.
“Tja, die Sache ist die, wenn man wirklich gut in etwas ist, ist der größte Nachteil, dass niemand einem den Erfolg gönnt und alle denken, man würde bescheißen”, sagte Lara zufrieden lächelnd.
“Ist ja nicht so, dass bei Uno auch Glück eine große Rolle spielt. Aber so viel Glück, wie du heute hattest, ist doch schon sehr verdächtig”, meinte Anna, die eigentlich keine schlechte Verliererin war. Aber irgendwo hat wohl jeder seine Grenzen.
“So eine Glückssträhne tut auch mal gut”, sagte Lara: “Auch wenn es nur beim Kartenspiel ist. Du kannst mir das ruhig mal gönnen.” Lara streckte frech die Zunge heraus.
“Hey, ich habe doch extra weitergespielt als du mich angebettelt hast. Ich hätte auch wie Philipp irgendeine Ausrede erfinden können, um vorzeitig abzuhauen und der Schmach zu entgehen, aber als deine beste Freundin lass ich mich von dir doch mit Freuden vernichtend schlagen”, rechtfertigte sich Anna. Die Außenbeleuchtung ging aus und beide Mädchen zappelten wild herum, um den Bewegungsmelder zu aktivieren.
“Ich glaube nicht, dass ‘Ich habe noch ein Abendessen mit der Bundeskanzlerin’ eine Ausrede war. Oder warum hatte Philipp sonst sein gutes Garfield-Shirt an”, sagte Lara und das Lachen der beiden Freundinnen hallte durch den Nachthimmel.
“Naja, ich werde dann mal losgehen”, sagte Lara und zog den Reißverschluss ihrer Jacke bis zum Anschlag zu (und klemmte sich fast das Kinn ein).
“Und du bist dir ganz sicher, dass du alleine nach Hause laufen willst? Wer weiß, was für seltsame Kreaturen nachts herumlaufen”, fragte Anna besorgt.
“‘Seltsame Kreaturen’? Meinst du Kobolde oder so?”, scherzte Lara.
“Du weißt genau, was ich meine”, sagte Anna augenrollend.
“Hey, vergiss nicht, ich habe mal Karate gemacht. Da muss sich so eine Kreatur erst einmal trauen, sich mit mir anzulegen”, sprach Lara selbstbewusst.
“Du hast also Karate gemacht, huh?”, bohrte Anna nach ohne eine Miene zu verziehen.
“Ja”, sagte Lara, nicht mehr ganz so selbstbewusst.
“Du hast dich für einen Kurs angemeldet…”, stellte Anna richtig: “Und bist nicht hingegangen.”
Nichtsdestotrotz war Lara nun alleine auf dem Weg nach Hause. Es war nicht weit; sie musste nur ein Stück am Flussufer entlang gehen und dann hatte sie schon den größten Teil ihres Weges geschafft. Sie schlenderte leise pfeifend durch die kühle Luft und fragte sich, ob sie jemals wieder so eine Glückssträhne wie heute haben würde. Ihr kam die Idee, sie sollten nächstes Mal vielleicht um Geld spielen (Doch wie sollte sie die anderen beiden jetzt noch davon überzeugen?).
Tausendmal besser als Philipps Vorschlag, Strip-Uno zu spielen
Lara musste schmunzeln, schließlich wusste sie, dass ihr Kumpel das nicht ernst gemeint hatte.
Ihr Pfeifen ging in ein leises Summen über, die Melodie blieb die gleiche. Lara hatte es nicht eilig, so war sie nicht so müde, dass sie sich unbedingt auf der Stelle ins Bett fallen lassen wollte. Ihr Vater wusste außerdem, dass es später werden konnte, wenn sie bei ihren Freunden war.
In der Ferne sah Lara eine Gestalt, die in ihre Richtung lief. Umso näher sich die beiden kamen, desto besser erkannte Lara, dass die Gestalt nicht ganz gerade lief. Der schwankende, torkelnde Gang machte klar, dass ein Betrunkener immer näher kam.
Eine Mischung aus Wut und Ekel breitete sich in Lara aus. Der Wunsch, umzudrehen und einen anderen Weg zu nehmen, kam in ihr hoch, aber sie ging weiter.
Beruhig dich. Er hat das Recht, betrunken zu sein. Er tut ja keinem was. Das hoffte Lara zumindest, denn jetzt, so ganz alleine mitten in der Nacht, bekam sie schon ein mulmiges Gefühl. Was war, wenn Annas Sorge doch berechtigt war? Das war bestimmt, was Anna im Sinn hatte, als sie von seltsamen Kreaturen sprach. Wenige Meter vor Lara blieb der Betrunkene stehen und Lara fragte sich, was er wollte.
Sollte sie auch stehen bleiben? Lieber nicht; einfach zügig weiter gehen.
“Da lang”, lallte der Mann, zeigte mit dem Zeigefinger nach vorne, schwankte kurz und lief unbeirrt weiter, als wäre Lara gar nicht da. Diese atmete erleichtert auf als sie aneinander vorbei waren.
Nun hatte sie es schon etwas eiliger, nach Hause zu kommen, in das sichere Bett zu kriechen und nicht mehr an den Heimweg zu denken.
Da hörte sie hinter sich ein lautes Platschen, als wäre etwas Schweres ins Wasser gefallen. Aber da war doch nichts, außer…
Lara drehte sich unverzüglich um und der Weg am Flussufer war leer. Er konnte aber doch gar nicht leer sein. Lara schaute zum Wasser und sah Luftblasen an die Oberfläche steigen und kreisrunde Wellen sich ausbreiten.
“Verdammte Scheiße!”, stieß das junge Mädchen aus. Panik und Entsetzen krochen in ihr hoch. Sie zögerte. Und sie wollte es nicht akzeptieren, dass sie zögerte. Sie wollte es nicht akzeptieren, nichts zu tun.
Schnell legte sie ihre Jacke und ihr Smartphone auf den Boden und sprang.
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