Ich viel meiner Mutter stammeln d ins Wort: „ Aber , Mama , ich bitte d ich, was erzählst d u da für seltsame Geschichten ? “
Insgeh e im hatte ich zwar l ängst begriffen, dass das , was sie mir zu sagen hatte, mein Leben auf den Kopf stellen würde, doch ich war mir nicht so sicher, ob ich es wirklich hören wollte. Meine Mutter fuhr jedoch unbeirrt fort: „Damals als es dich noch nicht gab, hatten dein Vater und ich einen starken Kinderwunsch. Doch es funktionierte nicht. Nach langer Zeit des vergeblichen Vers u chens bekamen wir von den Ärzten die Diagnose , dass ich unfruchtbar war .“
Schützen d umarmte ich meine Knie. Es war so , als ob ihre Worte mir den Boden unter den Füßen entzogen. Mein Körper bebte vor Aufbegehren. „Mama , das kann doch nicht sein! Wie konntest du mich denn dann trotzdem bekommen? “
„Doch , mein Kind , so war es . Dein Vater und ich haben alles versucht, j ahrelang. Ich wurde immer älter und irgendwann war es zu spät. Die Ärzte mussten mir aufgrund eines Infekts meine Gebärmutter herausnehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch Hoffnung gehabt. Aber danach fiel ich in ein riesiges tiefes Loch. Es war zu spät für Kinder dachte ich. Mein Traum war zerplatzt .“
„Aber , Mama, wie konnte ich dann zu e uch kommen?“ , w iederholte ich meine Frage.
„Es war die Idee unseres Bekannten, Wilfried. Er ist viel gereist und wusste, d ass es in anderen Ländern auch anders ging . Für eine Adoption waren wir inzwischen zu alt geworden und es wurde hierzulande ausgeschlossen. Aber der gute Wilfried hatte immer eine Lösung parat. Er ist ein wundervoller Mensch. Seine letzte Reise hatte ihn damals nach Südamerika geführt und er hat sich dort in Carmen verliebt , die du auch kennst. Von ihr bekamen wir den Tipp. Es war unsere letzte Chance. Sie gab uns die Adr esse von eine m uralten Dorf. Dieses Dorf stand unter s trengster Geheimhaltung , denn es galt als ein heilig er Ort . Nur wenige durften von ihm erfahren. Dort lebte eine Heilerin, die sich zwar ein wenig suspekt verhielt, doch schon einigen Menschen, die sie auf ge sucht hatten, hatte helfen können . Wir grif fen damals nach jedem Strohhalm und so reisten wir in Begleitung von Carmen in dieses Dorf. Als wir ankamen , brachte man uns zu ihr. Sie saß mit dem Rücken zu uns auf de m verdorrten Boden. Ihr Gesicht hatte sie dem Himmel zugewandt . Wir hörten, wie sie mit ihre m eigenen Speichel gurgelte. Dabei kamen klack enden Geräusche aus ihrem Mund . Dann wandte sie sich un s plötzlich abrupt zu und spuckte kleinen Knochen vor unsere Fü ße . Sie verteilten sich auf den Boden zu einem Mu s ter. Dabei sang sie seltsame Töne, die mich verwirrten. Sie sprach zunächst zu sich selbst in einer geheimnisvollen Sprache und dann wandte sie sich an uns .
Wir wurden von einem Einheimischen begleitet , der uns das W a hnsinnige übersetzte: „Ihr dürft euch geehrt fühlen , dass sie e uch empfängt, es ist der richtige Tag, den ihr gewählt habt. Die Geister der Ahnen haben Euch schon angekündigt und ihr von e uch erzählt. Sie sah e ure Bilder und jetzt seid ihr hier. Sie weiß, was ihr wollt und sie gibt es euch .“
Die Heilerin richtete sich vor mir auf und unsere Au gen trafen sich. Ihr Blick ließ mich erschauern. Ich hatte einen unheimlichen Respekt vor dieser Frau , denn sie blickte so tief in mich hinein, als ob sie mich durchleuchten könnte . Plötzlich spürte ich einen Stich in meinem Becken und k niete vor ihr nieder.
Ich sah wie diese Frau ihre Augen verdrehte und Grimassen zog. Dann sprach sie weiter und schaute mich fragend an. Sie flüsterte mir etwas ins Ohr, was ich zunächst nicht verstand, sondern nur erahnen konnte, denn sie schien über meine Seel e zu kommunizieren. Der Übersetzer bestätigte meine Ahnung: „Sie wird d ein und m ein werden!“ übersetzte er. „Bist du bereit , mir dafür ein Opfer zu geben?“ fragte sie . Ich war geschockt, weil ich nicht wusste, was sie von mir wollte. Gleichzeitig war ich bereit , ihr alles zu geben, was ich hatte. Ich wollte doch so sehr ein Kind, das ich großziehen konnte . Dann wandte sie sich an meinen Mann und schaute ihn verführerisch an. Jetzt wusste i ch, was sie mir abverlangen wollte und ich stimmte ihrer Forderung zu .
Sie und dein Vater verschwanden drei Tage und drei Nächte im Wald. Danach war alles anders zwischen deinem Vater und mir. Wir schwiegen uns öfters an, wir lebten n ebeneinander her, jeder für sich. Wir ha b en nie ein Wort darüber verloren, was damals geschah. Nach neun Monaten holte d ich dein Vater bei ihr ab und brachte dich zu mir. Wir waren so versöhnt, als wir dich in den Armen halten durften. Du hast unser Leben neu erfüllt.“ Meine Mutter kam auf mich zu. Sie wollte mich umarmen aber ich schob sie von mir we g und schrie sie an: „Mama, lass mich allein, ich kann nicht mehr“ Sie streichelte mir verständnisvoll übers Gesicht und verlies mein Zimmer.
„ Fräulein , Fräulein ?“ Eine Stewardess riss mich aus meinen Gedanke n . Jetzt erst bemerkte ich , dass wir schon gelandet waren , und ich die letzte war, die noch auf ihrem Platz im Flieger saß. Ich nahm meine Tasche aus dem Handgepäckfach und verließ die Maschine.
„Ronja, Ronja !!!“
„Lucia….“
Als wir uns erblickten, ging alles sehr schnell. Wir stürmten aufeinander zu und ließen uns nicht mehr los. Für mich war Lucia wie eine Schwester, die ich nie gehabt hatte. Sie war so weich und vertraut.
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