kein.thema – eine Anthologie
kein.thema – eine Anthologie
Herausgeber: KeinVerlag e.V.
Coverdesign: Lena Knaudt
ePub erstellt mit calibre
Erstausgabe 2016
© dieser Ausgabe: bei den Autoren
ISBN: 978-3-7418-7825-1
Alle Rechte vorbehalten.
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Vorworte
Prof. Dr. Stephan Grätzel über die Liebe zur Lyrik
Schreibenmüssen
Im Literaturbetrieb spielt die Lyrik eine Nebenrolle. Das betrifft nicht nur Publikationserfolge, vielmehr ist die Präsenz von Lyrik im öffentlichen und kulturellen Leben nicht sehr groß. Waren Dichter-Lesungen noch vor wenigen Jahrzehnten sehr beliebt, so finden sich solche Veranstaltungen kaum noch im Kulturbetrieb. Diese Entwicklung steht ganz im Gegensatz zu der besonderen Stellung der Lyrik innerhalb der Literaturgattungen: Als Gesang ist sie das Hohelied der Literatur. Sie ist den besonderen Ereignissen im persönlichen, familiären, aber auch nationalen Leben vorbehalten. Soweit sie das Persönliche zur Sprache bringt ist, sie das Medium intimster Bekenntnisse. Viele Menschen schreiben deshalb Gedichte, ohne sie zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu wollen. Sie glauben dabei zumeist, dem lyrischen Anspruch nicht gerecht werden zu können oder auch zu persönlich zu schreiben. Der Buchmarkt und die wissenschaftlichen Analysen drücken damit den tatsächlichen und auch den Stellenwert der Lyrik nicht aus. Sie lassen auch die tiefere Bedeutung des Schreibenmüssens nicht erkennen, das gerade in der Lyrik zum Ausdruck kommt. Besonders in dieser Gattung sucht sich das Individuum durch seine eigene Sprache eine Welt und erschafft dabei neue Welten, die auch von anderen begangen werden können. Lyrik ist also gleichermaßen Sprachschöpfung wie Welterzeugung. Deshalb ist sie die Gattung der Jugend, sie ist Innovation, Aufbruch und Schöpfung neuer Welten und neuer Sprachen. Durch sie können Jugendliche ihre erste Liebe in Worte fassen und erste Lebenskrisen verarbeiten. Die Lyrik ist aber nicht nur die Sprache der Jugend, sie bleibt über dieses Lebensalter hinaus die Sprache der Kritik und Erneuerung. Dem lyrischen Schreiben eine Öffentlichkeit zu geben oder zu lassen, ist deshalb ein wichtiges Unternehmen, dem dieses Buch Rechenschaft trägt. Da es auch ein mutiges Unternehmen ist, wünsche ich viel Glück und Erfolg. Möge es darüber hinaus die Leser anregen, selbst wieder Mut zu fassen, Gedichte zu schreiben und zu veröffentlichen, um so dem Schreibenmüssen den ihm angemessen Platz im kulturellen Leben zurück zu geben.
Anthologie-Team-Leiter Jan Hemmerich über KeinVerlag und die Arbeit an der Anthologie
Alfred North-Whitehead, der englische Mathematiker und Philosoph sagte einst:
„Ideen halten sich nicht. Es muß etwas mit ihnen getan werden.“ (Ideas won't keep. Something must be done with them.)
Genau so geschah es im Sommer 2015, als die Idee zur gemeinsamen Realisierung einer neuen KeinVerlag-Anthologie aufkam – sprich: einer Sammlung repräsentativer Texte der Autoren der Literaturplattform KeinVerlag.de, die 2003 von Jan M. Zenker ins Leben gerufen wurde und sich im Laufe der Jahre zu einer der größten, deutschen Literaturplattformen entwickelt hat, auf der über tausend Autoren unter ihren eigenen Namen oder selbstgewählten Pseudonymen Texte veröffentlichen. Schon ein Jahr nach Geburt des Onlineforums wurde der Verein KeinVerlag e.V. gegründet, der sich um die Unterstützung der KeinVerlag-Autoren und insbesondere die Förderung von Jungautoren kümmert. Neben der Organisation von Lesungen und Kulturveranstaltungen unterhält der Verein die Onlinezeitschrift „16 Seiten“.
Aus der Idee, eine Anthologie mit aktuellen Texten der KeinVerlag-Autoren zu veröffentlichen, wurde über die letzten Monate hinweg ein konkreter Plan: der Verein sprang als Herausgeber und Unterstützer in die Bresche und es fand sich ein wunderbares Anthologie-Team zusammen. Nun halten Sie das Ergebnis, "kein.thema - eine Anthologie", in den Händen.
Mit den Möglichkeiten der Onlinepublikation haben sich für Autoren viele neue Wege aufgetan, ihre Werke einer Community zu präsentieren. Das direkte Publizieren im Netz ist so einfach wie nie zuvor, und Literaturplattformen wie keinverlag.destellen eine Bühne für jegliche Art von literarischen Werken zur Verfügung, egal ob Lyrik, Kurzgeschichten oder auch Romankapitel.
Mit der Anthologie suchten wir nach einem Weg, einen Querschnitt der online veröffentlichten Texte in einer greifbaren Form abzubilden, und entschieden uns zunächst für die vergleichsmäßig einfach zu realisierende Veröffentlichung als e-Book.
Unserer Ausschreibung im Sommer 2015 folgten immer mehr Autoren, und nun, nach über zwölf Monaten Arbeit an unserem Projekt, liegen 101 Texte vor Ihnen, die stellvertretend für die große Vielfalt der Werke stehen, die die Internetliteraturszene hervorbringt.
Am Anfang war noch gar nicht zu überblicken, wie viel Arbeit es doch bedarf, bis ein solches Buchprojekt fertig gestellt ist. Vom ersten Aufruf zur Teilnahme über die Ordnung der Einsendungen, das Lektorat und den Kontakt mit den Autoren brachte sich aber jedes Teammitglied mit seinen persönlichen Stärken ein. Als Team haben wir gemeinsam Entscheidungen getroffen, Diskussionen geführt und uns neuen Herausforderungen gestellt.
Nun freuen wir uns, Ihnen eine Anthologie präsentieren zu dürfen, die ausgewogen zwischen Prosa und Lyrik balanciert und einen Einblick in die Werke vieler talentierter Autoren verschafft. Wenn Sie die schriftstellerische Arbeit der Autoren weiter verfolgen möchten: unter jedem Text finden Sie den KeinVerlag-Nickname des jeweiligen Autoren. Suchen Sie einfach auf www.keinverlag.denach Ihren persönlichen Lieblingen oder informieren Sie sich auf www.keinverlag-ev.deüber weitere Projekte des Herausgebers KeinVerlag e.V..
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und hoffen, dass wir Ihnen einen Anreiz bieten können, die Internetliteraturszene weiter zu beobachten.
Ihr Team „kein.thema – eine Anthologie“
Jan (Sekundärstille)
Alina (Skala)
Tom (tueichler)
Armin (AZU20)
Christa (sandfarben)
Markus (Vessel)
Theresa (Zeder)
Werner (W-M)
Anthologie-Texte
urplötzlich fällt mir
dein gesicht ein
fällt in mich ein
reißt alles nieder
die mauer aus
trug und verdrängen
weggespült
von der flut des
erliebten
lässt mich zurück
wie ein stück
treibholz
Von Helmut Adolphy (kilroy)
An der Scheibe prangen Klirrgewächse;
deine Fingerspitze zeichnet dort
Punkte, Striche, Münder, schon komplexe
Wundgesichter.
Du wischst all das fort,
aber meinst, es schimmert weiter,
schwach,
auf dem stillen Glas; du siehst es noch.
Federfrostig
und gedacht und flach
scheint die kleine Welt im Rahmen
doch.
Von Matthias B (Matthias_B)
Die Kindheit hast du längst verlassen.
Nur manchmal irrst du noch durch graues Grün
und möchtest fast nach alten Zweigen fassen.
Für den Moment erwachst du wieder kühn,
stützt dich jetzt hier auch keine Hand.
Ein Wort scheint sich aus dem Geäst zu schälen,
wo einst das ewig feste Baumhaus stand.
Doch nur du selbst kannst dir davon erzählen.
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