„Ich hätte mich um Antonia auch ohne Hochzeit gekümmert. Doch ich wollte, dass das Kind was sie von mir bekam, auch meinen Namen tragen würde. Daher habe ich sie geheiratet.“ Er seufzte und setze traurig hinzu.
„Cassandra wollte mich nicht heiraten. René hatte ihr einen Heiratsantrag gemacht und sie war kurze Zeit später schwanger von ihm.“ „Mit Isabella?“, fragte Enrique nun neugierig. „Ja“, bestätigte José. „Isabella ist nur ein halbes Jahr jünger als Du“, präzisierte José seine Angaben. Enrique nickte grinsend.
„Sei also vorsichtig, wenn Du Dich weiter mit Isabella triffst. Sie ist so schön und bezaubernd wie ihre Mutter. Sie könnte Dir auch das Herz brechen, wie ihre Mutter es bei mir getan hat.“ Traurig sah José seinen Sohn nun an. „Ja, Vater, ich werde an Deine Worte denken“, sagte Enrique und ging irritiert, aber auch mit neuem Mut und in Gedanken an Isabella aus dem Raum seines Vaters.
José schüttelte den Kopf. Dann dachte er an Cassandra. Liebste, Deine Schönheit verzaubert mich und die Schönheit Deiner Tochter meinen ältesten Sohn. Wie sich doch alles wiederholt. Hoffentlich hat er mehr Glück als ich.
Für die Zeit nach dem gemeinsamen Abendessen war an diesem Abend eine Tanzveranstaltung geplant. Cassandra warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ihr Kleid war kurz und luftig. Es würde ihr genügend Freiraum zum Tanzen geben und dennoch nicht zu sexy sein, um José zu unüberlegten Handlungen zu reizen.
René hatte seine Frau beobachtete und ihren kritischen Blick gesehen. Ihre Skepsis amüsierte ihn. Dann kam er mit einem charmanten Lächeln auf sie zu und sagte.
„Du siehst bezaubernd aus. Ich mag dieses Kleid an Dir.“ Seine Umarmung und sein Kuss bestätigten seine Worte. Cassandra freute sich. Sie hatte schon befürchtet, er würde ihr Kleid für zu kurz halten. Doch stattdessen hörte sie ihren Mann nun sagen.
„Dieses Kleid lässt Deine schönen, schlanken Beine zur Geltung kommen.“ Dann strahlte er sie an. Es machte ihn stolz eine solch schöne und attraktive Ehefrau zu haben, die auch noch die Mutter seiner drei Kinder war. Ein weiterer zärtlicher Kuss folgte. Cassandra genoss den Kuss und freute sich über Renés Komplimente. Sie sah ihn glücklich an und freute sich auf die Tanzveranstaltung.
Als José Cassandra nun genauer in ihrem Kleid betrachtete, fühlte er wie René. Doch er sah nicht nur ihre schönen, wohlgeformten Beine, sondern auch ihr Dekolleté, dass er schon beim Abendessen genossen hatte, wann immer er sie anschaute. Ihr Anblick erregte ihn jetzt noch deutlicher als zuvor, da er wusste, dass er in Kürze mit ihr tanzen würde. Es war die Vorfreude darauf, dass er wieder eine Gelegenheit haben würde ihr ganz nah zu sein.
Auf dem Weg zum zentralen Platz von Puebla, wo die Tanzveranstaltung stattfinden sollte, spazierten sie alle, bis auf Henri, paarweise. Cassandra mit René, Antonia mit José und Maria mit Michael. Die Kinder Markus, Katharina und Carlotta mit ihrem älteren Bruder Manuel folgten mit fröhlichem Geplapper. Hinter ihnen gingen Raúl und Carmen und Enrique und Isabella. Raúl hatte gesehen wie Enrique Isabella im Garten umarmt und geküsst hatte. Daher wusste er nun, dass er keine Chance mehr bei Isabella hatte. Enrique hatte ihm einmal mehr ein Mädchen ausgespannt. Traurig unterhielt er sich nun mit seiner Cousine Carmen und ignorierte das frisch verliebte Paar hinter sich.
Doch Raúl irrte sich. Verliebt war nur sein älterer Bruder Enrique. Isabella mochte Enrique zwar sehr, aber verliebt war sie nicht. Seine Umarmung und seine Küsse genoss sie, doch mehr wollte sie nicht von ihm. Noch nicht. Da sie auch die Aufmerksamkeit von Raúl genossen hatte und sich immer noch nicht so richtig festlegen wollte. Sie schwankte in ihren Gefühlen und war sich nicht sicher was sie wirklich empfand.
Auf dem zentralen Platz hatten sich bereits viele der Bewohner von Puebla versammelt. Ein fröhliches Durcheinander von Stimmen war zu hören. Kinder spielten ausgelassen zwischen den Grüppchen von Erwachsenen, die sich gebildet hatten. Während Michael und Maria freie Tische für alle suchten, schaute Cassandra sich zusammen mit René und Henri und ihren Kindern auf dem Platz um.
Der Platz war bunt dekoriert in den Farben der mexikanischen Nationalfahne. Daher hingen nun grüne, weiße und rote Bänder von den Häusern, die den quadratischen Platz einrahmten. Einige Bänder waren miteinander verbunden, spannten sich bis zur Mitte des Platzes, wo eine Bühne für die Musiker aufgebaut war und wurden von dort weiter zur anderen Seite des Platzes gespannt.
Die Straßenbeleuchtung erstrahlte in einem leicht orange farbigen Licht, das nur durch die vereinzelten Bäume gedämpft wurde, die im Abstand von wenigen Metern vor vielen Jahren um den Platz eingepflanzt worden waren.
Gutgelaunt folgten Cassandra und René zusammen mit Markus und Katharina nun José, der ihnen den Weg zu den freien Tischen wies, die Michael und Maria gefunden hatten.
„Was möchtet Ihr trinken?“, fragte José, kaum dass sie sich zu den anderen gesetzt hatten. „Limonade“, riefen die Kinder. Cassandra und René waren sich ebenfalls einig. „Wir trinken Bier“, sagten sie fast aus einem Mund und lächelten einander dann glücklich an.
José quittierte diese Einigkeit und Harmonie der beiden mit einem charmanten Lächeln. Doch innerlich fühlte er Eifersucht. Sie gehört nicht zu Dir, René, dachte er. Cassandra gehört zu mir. Du hast sie mir weggenommen. Dann gab er einem Kellner einen Wink und bestellte die Getränke für alle.
Die Musiker trafen ein und stimmten ihre Instrumente. Mit Vorfreude warf Cassandra einen interessierten Blick auf die Musiker. Es handelte sich dabei um eine traditionelle Mariachi-Band, die heute Abend für sie aufspielen würde. Cassandra liebte diese Musik. José wusste das und wollte ihr Interesse für sich nutzen, da er genauso gern zu dieser Musik tanzte wie sie. René tanzte nicht, weshalb José hier keine Konkurrenz zu fürchten hatte.
Kaum erklang die Musik forderte José Cassandra zum Tanzen auf. Sie lächelte ihn an und stand auf. Allerdings ging sie nicht auf die Tanzfläche ohne ihren Ehemann René noch einmal geküsst zu haben. Sie hoffte, dass er dann nicht eifersüchtig wurde, wenn sie jetzt mit José tanzte. Doch auch ihr Kuss konnte nicht verhindern, dass René sie und José genau beobachtete. Zwar konnte René nicht ständig zu den beiden hinüber schauen, da er sich mit den Personen unterhielt, die gerade nicht tanzten. Aber er versuchte dennoch die beiden im Auge zu behalten.
Henri half ihm dabei, da auch er nicht tanzte. Aber Henri wollte auch die Gelegenheit nutzen und seine Spanischkenntnisse vertiefen im Gespräch mit Cassandras Verwandtschaft.
Als guter Schwager tanzte Michael abwechselnd mit seiner Frau Maria und mit seiner Schwägerin Antonia. Er wollte vermeiden, dass Antonia zu sehr darunter litt, dass José Cassandra Zuviel Aufmerksamkeit schenkte. Dann hatte er die Gelegenheit José zu ermahnen. José nickte schuldbewusst und tanzte das eine oder andere Mal auch mit seiner Frau. Er lächelte sie sogar charmant an und gab ihr für einen Moment das Gefühl, dass sie noch wichtig war für ihn. Doch der Schein trog. José dachte an diesem Abend nur an Cassandra.
Enrique tanzte genauso gern wie seine Eltern. Daher versuchte er am Rande der Tanzfläche mit viel Elan, Isabella die wichtigsten Tanzschritte beizubringen. Sie hatte Spaß dabei, obwohl ihr der Zugang zu den Tanzschritten in Kombination mit der Musik noch fehlte. Deshalb freute sie sich als sich ihre Mutter zu ihr und Enrique gesellte. Cassandra zeigte ihrer Tochter geschickt und mit viel Gefühl, wann sie welche Schritte machen musste. Mutter und Tochter übten und lachten fröhlich. Schließlich hatte Isabella verstanden wie sie tanzen sollte. Enrique nahm sie freudig in Empfang und tanzte weiter mit ihr.
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