Walter K. Ludwig
Die Wandlitz-Papiere
Der Thriller zur Wende
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Inhaltsverzeichnis
Titel Walter K. Ludwig Die Wandlitz-Papiere Der Thriller zur Wende Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Sie waren sich schnell einig: Es sollte wie ein Raubmord aussehen. Oder wie eine Beziehungstat. Auf jeden Fall ohne Waffen. Ganz spontan eben. Erwürgen wäre gut, eventuell auch erschlagen. Aber eigentlich erwürgen. Sie wollten Dubajew, Sergej Dubajew. Er war der Beste. Schnell, zuverlässig, diskret. Stellte nie irgendwelche Fragen. War immer sofort zur Stelle, wenn man ihn brauchte. Tat, was getan werden musste. Immer saubere Arbeit. Nie Klagen. Nie. Erstklassiger Mann. Es dürfte keine Probleme geben. Die Frau war sechsundreißig Jahre alt und lebte allein. Sie sah gut aus. Es gab keinen Mann in ihrem Leben. Es sollte in ihrer Wohnung passieren, am besten spät nachts. Die Gegend war ruhig. Zu den Nachbarn hatte sie keinen näheren Kontakt. Nicht gar keinen Kontakt. Bloß keinen näheren. Höflich distanziert eben. Niemand weit und breit, der Dubajew in die Quere kommen könnte. Auch keine Alarmanlage. Sollte man danach vielleicht noch Feuer legen? Um alle Spuren zu verwischen? Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen? Wohl eher nicht. Nur kein allzu großes Aufsehen. Außerdem überflüssig, vollkommen überflüssig, denn: Dubajew hinterließ keine Spuren. Wozu also unnötigen Schaden verursachen? Das brachte doch nichts. Womöglich wurden noch Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen. Das wollte man nicht. Bloß bald müsste es passieren, möglichst bald. Die Sache duldete keinen Aufschub. Bevor noch mehr Unheil angerichtet wurde. Aber ansonsten: nur nicht zu viel Aufwand. Nicht übertreiben. Und keine Schmerzen. Es sollte kurz und schmerzlos sein. Die Frau sollte nicht leiden. Sie waren ja keine Unmenschen.
Der Bibliothekar
Der Anschlag
Die Erbschaft
Das Rätsel
Die Rothaarige
Der Code
Das Abenteuer
Die Idee
Der Plan
Die Entscheidung
Die Reise
Die Suche
Der Schock
Die Bombe
Die Flucht
Der Clou
Epilog
Danksagung
Vorschau
Impressum neobooks
Sie waren sich schnell einig: Es sollte wie ein Raubmord aussehen. Oder wie eine Beziehungstat. Auf jeden Fall ohne Waffen. Ganz spontan eben. Erwürgen wäre gut, eventuell auch erschlagen. Aber eigentlich erwürgen. Sie wollten Dubajew, Sergej Dubajew. Er war der Beste. Schnell, zuverlässig, diskret. Stellte nie irgendwelche Fragen. War immer sofort zur Stelle, wenn man ihn brauchte. Tat, was getan werden musste. Immer saubere Arbeit. Nie Klagen. Nie. Erstklassiger Mann. Es dürfte keine Probleme geben. Die Frau war sechsundreißig Jahre alt und lebte allein. Sie sah gut aus. Es gab keinen Mann in ihrem Leben. Es sollte in ihrer Wohnung passieren, am besten spät nachts. Die Gegend war ruhig. Zu den Nachbarn hatte sie keinen näheren Kontakt. Nicht gar keinen Kontakt. Bloß keinen näheren. Höflich distanziert eben. Niemand weit und breit, der Dubajew in die Quere kommen könnte. Auch keine Alarmanlage. Sollte man danach vielleicht noch Feuer legen? Um alle Spuren zu verwischen? Um ganz auf Nummer Sicher zu gehen? Wohl eher nicht. Nur kein allzu großes Aufsehen. Außerdem überflüssig, vollkommen überflüssig, denn: Dubajew hinterließ keine Spuren. Wozu also unnötigen Schaden verursachen? Das brachte doch nichts. Womöglich wurden noch Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen. Das wollte man nicht. Bloß bald müsste es passieren, möglichst bald. Die Sache duldete keinen Aufschub. Bevor noch mehr Unheil angerichtet wurde. Aber ansonsten: nur nicht zu viel Aufwand. Nicht übertreiben. Und keine Schmerzen. Es sollte kurz und schmerzlos sein. Die Frau sollte nicht leiden. Sie waren ja keine Unmenschen.
Was für eine Unverschämtheit da draußen, wirklich! Die Wohnung: Dachgeschoss. Behaglichkeit und Bildung. Jede Wand von oben bis unten voller Bücher. Die Musik: Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 in C-Moll, Opus 37. Der Mann: vierzig Jahre alt, mittelgroß, Hornbrille auf der Nase, Strickjacke Pantoffeln. Hingebungsvoll vertieft in seine Tätigkeit, der liebevollen Tätigkeit seiner Bonsai-Bäumchen. Das heißt: Bis eben war er noch vertieft. Bis ihn das ordinäre Hupen eines Autos vor dem Haus aus seiner Idylle riss. Ein Hupen aus der Welt da draußen. Das jetzt in seine Welt drang. Ihn belästigte. Moritz Lenz zuckte zusammen. Versuchte zunächst, sich von seinem Tun nicht abhalten zu lassen. Versuchte weiterzumachen, als ob nichts wäre. Vergebens. Es hupte erneut. Einmal. Zweimal. Direkt unter seinem Fenster. Verdammt! War es jetzt schon so weit, dass sich dieses dumme Proleten-Pack auch in diesem Viertel breitmachte? In Hamburg-Uhlenhorst? Leute ohne Bildung und Kultur und, schlimmer noch, ohne Manieren, ohne Rücksicht? Könnte es nicht Wohnviertel nur für Menschen mit Niveau geben? Quartiere für gebildete, sensible, zurückhaltende und - vor allem - ruhige Zeitgenossen? Für Menschen wie ihn also?
Doch wie sollte man diese Eigenschaften messen? Und vor allem: Wer? Wären separate Wohnviertel nur für Leute mit abgeschlossenem Studium vielleicht die Lösung? Aber gab es nicht auch ungehobelte, laute, rücksichtslose, hupende Akademiker? Fragen über Fragen! Lenz schoss zum Fenster, blickte hinaus. Unten stand ein Auto, aufgemotzte Mittelklasse, am Steuer ein junger Mann. Ohrring. Tattoos. Haare kurz geschoren. Kackbraun gebrannt. Mit einem Wort: primitiv. Der Verursacher seines Ärgers. Aus Lenz' Augen sprach kalter Hass. Eine junge Frau trat aus dem Haus. Typisch: Die dralle Blonde aus dem zweiten Stock, die schon ein paarmal versucht hatte, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Erfolglos natürlich. Besaß ein Sonnenstudio und sah auch genau so aus. Eigentlich war sie ja ganz nett. Wie alle im Haus. Trotzdem: Lenz blieb lieber auf Distanz. Grüßte freundlich, sagte auch mal den ein oder anderen belanglosen Satz. Aber nur, im kein Misstrauen zu erregen, um nicht aufzufallen. Ansonsten: Bloß nicht zu persönlich werden, bloß keine Nähe aufkommen lassen. In den fünf Jahren, die er hier wohnte, war nie einer der übrigen Hausbewohner bei ihm zu Besuch gewesen.
Umgekehrt hatte auch Lenz niemanden im Haus jemals besucht. Wozu auch? Er hatte überhaupt selten Besuch. Eigentlich fast nie. Wenn er mal ein paar Tage verreiste, was selten vorkam, gab er seiner Etagen-Nachbarin den Schlüssel für den Briefkasten. Das war schon der Gipfel der Vertraulichkeit. Frau Schad war eine pensionierte Lehrerin, zweiundsechzig Jahre alt, seit drei Jahren Witwe. Jetzt lebte sie alleine, ab und zu kam ihr Sohn zu Besuch. Lenz mochte sie ganz gerne. Unter den Nachbarn galt Lenz als langweiliger Eigenbrötler. Etwas verschroben. Ziemlich verschroben. Jetzt setzte sich die Dralle auf den Beifahrersitz, umarmte stürmisch den Muskelberg am Steuer. Als ob sie sich seit Wochen nicht gesehen hätten. Dabei hatten sie garantiert die letzte Nacht miteinander verbracht, vermutete Lenz. Waren wahrscheinlich nicht zum Schlafen gekommen.
Ohrring steckte seine Zunge in Blondies Mund, ließ sie eine Weile darin kreisen. Reichlicher Austausch von Keimen, dachte Lenz angewidert. Blondie revanchierte sich, streckte ihrerseits ihre Zunge heraus und leckte Ohrring damit übers Gesicht. Ordinär. Dann fuhren sie los. Fahr' unvorsichtig, dachte Lenz boshaft. Zurück zu den Bonsais. Zu Beethoven. Allerdings: Die richtige Ruhe fand er jetzt nicht mehr. Irgendwie war er aus dem Konzept gebracht. Lenz blickte auf seine Armbanduhr: Viertel vor elf. Es war Montag, er hatte frei. Zeit in die Innenstadt zu fahren. Seine freien Tage verbrachte er immer gleich: Sushi, danach Milchkaffee, Zeitung lesen. Ein wenig die Seele baumeln lassen.
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