Für die Anwendung von Festigkeitswerten aus Versuchen bedarf es in Deutschland, auch wenn das an dieser Stelle nicht explizit ausgeschlossen ist, im Allgemeinen eines bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweises (Europäische technische Zulassung, allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, Zustimmung im Einzelfall oder allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis).
Zu NDP zu 3.1(2) Anmerkung
Während DIN EN 1993-1-1, Tabelle 3.1Stahlsorten bis S460 enthält, wird nach DIN EN 1993-1-12 die Anwendung auf höherfeste Stahlsorten bis S700 erweitert. Die „Öffnungsklausel“ für andere als die genannten Stahlsorten entspricht der bisherigen Vorgehensweise in DIN 18800-1, Element (402) [K1].
Für Produkte, an denen geschweißt wird und bei denen die Schweißnähte in auf Zug oder Biegezug beanspruchten Bereichen liegen, gab es in DIN 18800-7 [K3] eine Regelung, die nicht in EN 1090 vorhanden ist, und deshalb hier durch den Nationalen Anhang DIN EN 1993-1-1/NA:2018-12 ergänzt wird. In DIN 18800-7 wurde für Blechdicken > 30 mm der Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 gefordert bzw. in der Ausgabe DIN 18800-7:2008 die Einhaltung des Äquivalenzkriteriums für den Aufschweißbiegeversuch nach Tabelle 100, DIN 18800-7:2008, vgl. Tabelle NA.1. Dieses Äquivalenzkriterium hat bisher keinen Eingang in die europäische Normung (mit Ausnahme von EN 1993-2 für Stahlbrücken) gefunden. Gemäß [K40] und [K41] wird durch den Nachweis nach EN 1993-1-10:2010 der Nachweis im Temperatur-Übergangsbereich des Temperatur-Zähigkeits-Diagramms geführt, während das Äquivalenzkriterium bzw. der Aufschweißbiegeversuch einen Nachweis im sogenannten Hochlagenbereich darstellt, also durchaus eine notwendige zusätzliche Qualitätsanforderung ist. Diese Anforderung wird im Moment durch den Nationalen Anhang zu EN 1993-1-1 analog zur alten Regelung aus DIN 18800-7 als vorläufige Regel ergänzt, bis genauere Nachweise zur Verfügung stehen.
In der Anmerkung zu diesem Absatz ist die Prüfung nach SEP 1390 nur für Flacherzeugnisse und Formstahl eingeschränkt. Die Anmerkung soll die Randbedingungen einer Aufschweißbiegeprüfung präzisieren. Es sollen Stahlerzeugnisse, bei denen sich Proben nach SEP 1390 nicht entnehmen lassen, ausgeschlossen werden. Dazu gehören z.B. Rundstäbe und Hohlprofile mit kreisförmigem Querschnitt. Die Proben müssen im bemessungsrelevanten Bereich entnommen werden. Somit sind eigentlich auch kaltgefertigte Hohlprofile mit rechteckigem Querschnitt ausgeschlossen.
3.2 Baustahl
3.2.1 Werkstoffeigenschaften
(1) Die Nennwerte der Streckgrenze f yund der Zugfestigkeit f ufür Baustahl sind in der Regel:
a) entweder direkt als Werte f y= R eHund f u= R maus der Produktnorm, oder
b) vereinfacht der Tabelle 3.1zu entnehmen.
Anmerkung: Der Nationale Anhang kann zu a) oder b) eine Festlegung treffen.
zu 3.2.1(1) Anmerkung
Die Werte für f yund f udürfen sowohl den entsprechenden Produktnormen (DIN EN 10025-2 bis DIN EN 10025-6, DIN EN 10210-1 und DIN EN 10219-1) als auch DIN EN 1993-1-1:2010-12, Tabelle 3.1entnommen werden.
Zu NDP zu 3.2.1(1) Anmerkung
Die Zahlenwerte in Tabelle 3.1entsprechen den international vereinbarten Werten, sie unterscheiden sich in der Regel von den Werten der deutschen Norm DIN 18800-1. So gilt für S235 bei Blechdicken ≤ 40 mm ein Wert f y,k= 235 N/mm 2statt 240 N/mm 2. In Deutschland wurde seinerzeit im Unterschied zum Eurocode bei der Umstellung auf das SI-System vor mehr als zwanzig Jahren entschieden, die Umstellung bei der Streckgrenze vereinfachend nicht mit dem korrekten Wert 9,81, sondern mit dem Faktor 10 vorzunehmen, da auch die Lasten (Einwirkungen) mit dem Faktor 10 umgerechnet wurden, vgl. [K6]. Dieser Unterschied ergab sich bei der Umstellung auf das SI-System durch die Umrechnung mit g = 9,81 m/s 2statt 10 m/s 2. Bei den Lasten hat man aus Vereinfachungsgründen diese Anpassung mit g = 10 m/s 2statt 9,81 m/s 2vorgenommen, [K6].
Bei der Ermittlung der Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit werden in der Regel die Nennwerte der Streckgrenze f yund der Zugfestigkeit f uanstelle der charakteristischen Werte verwendet. Die Nennwerte entsprechend DIN EN 1993-1-1, Tabelle 3.1stellen hierbei eine Vereinfachung gegenüber den Werten der Produktnormen dar. Sie gestatten aufgrund der im Vergleich zu den Produktnormen gröberen Abstufung in Abhängigkeit der Blechdicke teilweise sogar höhere Festigkeitsansätze.
Tabelle 3.1. Nennwerte der Streckgrenze ƒ yund der Zugfestigkeit ƒ ufür warmgewalzten Baustahl
3.2.2 Anforderungen an die Duktilität
(1) Für Stahl ist eine Mindestduktilität erforderlich, die durch Grenzwerte für folgende Kennwerte definiert sind:
– das Verhältnis fu/fy des spezifizierten Mindestwertes der Zugfestigkeit fu zu dem spezifizierten Mindestwert der Streckgrenze fy;
– die auf eine Messlänge von bezogene Bruchdehnung (wobei A0 die Ausgangsquerschnittsfläche ist);
– die Gleichmaßdehnung εu, wobei εu der Zugfestigkeit fu zugeordnet ist.
Anmerkung: Der Nationale Anhang kann die Grenzwerte für das f u/ f y-Verhältnis, die Bruchdehnung und die Gleichmaßdehnung ε ufestlegen. Folgende Werte werden empfohlen:
– fu/fy ≥ 1,10;
– Bruchdehnung mindestens 15 %;
– εu ≥ 15 εy, dabei ist die Fließdehnung.
zu 3.2.2(1) Anmerkung
Es gelten die Empfehlungen.
(2) Bei Erzeugnissen aus Stahlsorten nach Tabelle 3.1darf vorausgesetzt werden, dass sie die aufgeführten Anforderungen erfüllen.
(1) P Ausreichende Bruchzähigkeit des Werkstoffs ist Voraussetzung für die Vermeidung von Sprödbruchversagen bei zugbeanspruchten Bauteilen. Der Bemessung liegt die voraussichtlich niedrigste Betriebstemperatur über die geplante Nutzungsdauer zugrunde.
Anmerkung: Der Nationale Anhang kann die für die Bemessung anzunehmende niedrigste Betriebstemperatur angeben.
zu 3.2.3(1)P Anmerkung
Die für die Bemessung anzunehmenden niedrigsten Betriebstemperaturen sind in DIN EN 1993-1-10/NA: 2010-12, Anhang A angegeben.
(2) Weitere Nachweise gegen Sprödbruchversagen sind nicht erforderlich, wenn die Anforderungen in EN 1993-1-10 für die niedrigste Temperatur erfüllt sind.
(3) B Für druckbeanspruchte Bauteile des Hochbaus sollte ein Mindestwert der Zähigkeit gewählt werden. Anmerkung B: Der Nationale Anhang kann Informationen zur Wahl der Zähigkeit für druckbeanspruchte Bauteile geben. Es wird empfohlen, in diesem Fall EN 1993-1-10, Tabelle 2.1 für σ Ed= 0,25 f y( t ) anzuwenden.
zu 3.2.3(3)B Anmerkung B
Es gilt die Empfehlung.
(4) Zur Auswahl geeigneter Stähle für feuerverzinkte Bauteile ist EN ISO 1461 zu beachten.
3.2.4 Eigenschaften in Dickenrichtung
(1) Wenn Stahlerzeugnisse mit verbesserten Eigenschaften in Dickenrichtung nach EN 1993-1-10 erforderlich sind, so sind diese in der Regel nach den Qualitätsklassen in EN 10164 auszuwählen.
Anmerkung 1: EN 1993-1-10 gibt eine Anleitung zur Wahl der Eigenschaften in Dickenrichtung.
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