Eine besondere Gruppe der Elben bilden die Wassergeister mannigfaltiger Benennung. »Mummel«, der Name der Wasserrosen, der Nymphäen, bezeichnet, wie Neck oder Nix, auch den männlichen Wassergeist (Mummelsee, Mümlingfluss), Nixe den weiblichen. Beide von hoher, eben von elbischer Schönheit, lieben es, im Wasser spielend den Oberleib der Sonne oder dem Mondlicht zu zeigen; sie strählen dabei ihr langes, goldenes, manchmal aber grünes Haar. Grün oder »eisern« sind auch ihre Zähne, die sie im Zorne blecken, grün ihr Hut oder rot ihre Mütze. Die Königin der Wassergeister ist (abgesehen von der Haffrau oder Ran, welche letztere riesisch, nicht elbisch, s. unten) Wachilde, die Ahnfrau Wittichs, welche diesen auf seiner Flucht vor Dietrich von Bern schützend in die Fluten aufnimmt (s. unten Heldensagen). Aber auch Holda (s. oben Frigga) empfängt die Ertrinkenden auf blumigen Wiesen, die im Grunde des Sees liegen.
Die Wassergeister besonders lieben leidenschaftlich Musik und Tanz; der schwedische Strom-Karl (Karl = Kerl = Mann) verlockt die Menschen durch bezaubernden Gesang; von seinem »Alb-leich« (Elben-Tanz-Weise) dürfen nur zehn Reihen gespielt werden; wollte man die elfte auch noch spielen, welche dem Nachtgeist eigen ist, würden Tische und Bänke, Greise und Grossmütter, ja die Kinder in der Wiege anheben und nicht mehr ablassen, zu tanzen.
In dem Feuer selbst lebende Geister gab es unsres Wissens nicht; wohl aber solche, welche das Feuer darstellten in seiner wohltätigen und in seiner verderblichen Macht. Die Flamme des Herdes war heilig; war sie doch von Göttern umschwebt und daher mit höherem Frieden auch von dem Volksrecht umhegt. Der sonst vom Rechte nicht geschützte fremde Gast, der Flüchtling, durfte wenigstens nach Gebot von Religion und Sitte nicht mehr von dem Hausherrn als rechtlos behandelt werden, nachdem es ihm gelungen, den Herd, der zugleich der älteste Altar, zu erreichen und zu umfassen. Auch die Verfolger durften ihn nicht von dieser Zufluchtsstätte hinwegreissen; wer diesen Herdfrieden, den gesteigerten Hausfrieden, brach, hatte erhöhte Busse dem Hauseigner zu entrichten. Das Herdfeuer, welches die Halle wärmt, die Speisen kocht oder brät, der Schmiedekunst dient, wird in hohen Ehren gehalten. Die Geister, welche das Feuer, übrigens auch das Erbfeuer, darstellen, tragen oft rotes Gewand, oder doch ein rotes Hütlein oder Mützlein. Nur etwa die Irrwische, Irrlichter sind manchmal unmittelbar als Feuergeister gedacht; aber sie werden doch auch wieder von der hüpfenden Flamme selbst unterschieden; diese Feuermännlein, Wiesenhüpferlein, Lüchtemännekens gelten manchmal als Seelen ungetauft verstorbener Kinder, besonders häufig aber als Seelen von Mark-Verrückern, d. h. Bauern, welche heimlich zum Schaden der Nachbarn die Grenzsteine verschoben haben (daher in Westfalen Schnatgänger, weil sie in der verschobenen angemassten Schnat = Furche gehen), auch wohl Feldmesser, welche, bestochen, das Gleiche gefrevelt. Sie müssen nun den glühenden Stein in der Hand tragen und schmerzlich fragen: »Wo setz’ ich ihn hin? Wo setz’ ich ihn hin?« Antwortet ihnen aber einer: »Wo du ihn hergenommen hast,« so sind sie erlöst. Aber auch Meineidige müssen nach ihrem Tode als Irrlichter oder feurige Männer umgehen: »Ick will nit spoken gohn« oder »Ick will nit glöhnig (glühend) gohn,« sagte der niederdeutsche Bauer, der ungerechten Gewinn oder die Zumutung eines gewagten Eides vor Gericht ablehnt. Ihre Namen »Tückebold« gehen auf ihre Tücke, »Huckebold« auf das elbische, neckische Aufspringen in den Nacken, »Tummeldink« auf ihr rasches Tummeln, ebenso »Fuchtelmännlein«. Dass sie als Elben gedacht sind (obzwar die verdammten Seelen als Gespenster erscheinen) bekundet noch ausdrücklich der Name: »Elblichter«.
Nicht in dem Feuer, aber an dem Feuer, neben dem Feuer des Herdes leben und wohnen die Hausgeister mannigfaltigster Art und Benennung, weil eben der Herd die heiligste Stätte, gleichsam der Kern des Hauses ist. Die Hausgeister heissen deshalb geradezu »Herdmännlein«; auf dem Herde, seinem Gesimse, waren Götter-Runen geritzt, Bilder der Götter, zumal aber der Hausgeister eingeritzt, eingebrannt, auch wohl, aus Bernstein, Ton oder Metall geformt, aufgestellt, welche Sitte an dem »Kamin« haftete und erst mit diesem verschwand.
An die Stelle des Herdes trat später der Ofen (gotisch auhns, also h für f; h entspricht dem g in lateinisch ignis, Feuer). Dabei erklärt sich nun, dass in so vielen Sagen und Märchen der unschuldig Verfolgte, der Unglückliche, dem die Menschen nicht zu seinem Rechte verhelfen wollen oder können, die echte Königstochter, welche von der falschen verdrängt ist, in äusserster Bedrängnis »dem Ofen ihre Not klagen«, worauf ihnen alsbald geholfen wird; es ist nicht ein neuzeitlicher, nüchterner Ofen, sondern der heilige Herd, an welchem gute Götter und helfende Geister wohnen, die auf solches Anrufen rettend eingreifen.
Andre Namen gehen darauf, dass die Geister, die Zwerge zumal, missgestaltet oder verkrüppelt erscheinen: Butze, Butzemann, d. h. ein im Wachstum zurückgebliebener, kleiner Stump, auch von Bäumen und Büschen, niederdeutsch Butte, Buttmann (dazu Puck). Erst später, als die Erwachsenen nicht mehr an diese Geister glaubten, vermummten sie selbst sich als solche Butzmänner, z. B. am Nikolaustag (daher auch Niss, Nissen und Klas aus Niko-laus Koboldnamen sind) als »Knecht Ruprecht«, Rüpel, die Kinder zu necken, zu erschrecken, zu warnen, zu strafen.
»Hütel«, »Hütchen« heissen sie wegen ihres unsichtbar machenden Hütchens (der Tarnkappe), »Gütel« (daraus später durch Volksdeutung: »das Jüdel«) in schmeichelnder Benennung, weil sie gute wohltätige Geister sind; als solche schützen sie die Kinder, falls solche ohne Aufsicht im Hause zurückgelassen sind, und spielen gern mit denselben, weshalb man ihnen, wie Milch und Brosamen, auch Spielzeug schenkt, zumal kleine Bogen und Pfeile, die echte Waffe von Elben.
Als Hausgeister, ähnlich wie Frigga, der Hausfrauen Schutzgöttin und Vorbild, belohnen und fördern sie fleissiges, treues, reinliches, strafen und quälen sie faules, ungetreues, unsauberes Gesinde; sie stossen der unachtsamen Magd den Melkkübel um, blasen ihr das Licht oder das Herdfeuer aus, zwicken und zwacken sie im Traum, drücken, »reiten« die Knechte als »Alb«. Daher können sie manchmal auch bloss als Plagegeister aufgefasst werden. Sie sind die Veranlasser des unerklärbaren Rumpelns, Polterns, Klopfens, das man zur Nacht zuweilen in alten Häusern vernimmt; daher ihre Namen Rumpelstilzlein, Poppelein (Poppeln = Pochen), Klöpferle, Bullermann. Schon deshalb, weil die Germanen in grauer Vorzeit nicht sesshaft Ackerbau betrieben, sondern die leichtgezimmerten Holzhütten gelegentlich abbrachen und, umherwandernd, meist von Viehzucht und Jagd lebten, waren diese Schutzgeister ursprünglich nicht an einen bestimmten Ort geknüpft, sondern nur an die Sippe, auf deren Wagen sie mit weiterzogen, bis sie in dem neu errichteten Hause gleich den Menschen wieder wohnhaft wurden. So nahmen die Norweger, da sie nach Island auswanderten, die Pfeiler, welche in der Halle der alten Heimat den Hochsitz überragt hatten und in welche der Götter oder der Hausgeister Bilder eingeschnitten waren, auf den Schiffen mit, liessen sie dicht vor der Küste schwimmen, landeten an der Stelle, wo diese führenden Zeichen ans Land trieben, erbauten in der Nähe die neue Halle und richteten die alten Hochsitzpfeiler in derselben wieder auf, so den alten Göttern und Hausgeistern abermals die wirkliche Stätte bereitend. Bekannt ist das Märchen von dem neckenden Hausgeist, dem der Bauer entweichen will: er verlässt das heimgesuchte Haus, packt alle Habe auf einen Wagen und fährt damit weit weg an das neuerbaute Haus; da springt der Poltergeist vom Wagen, hüpft über die Schwelle und ruft neckisch: »Ich bin schon da!« (»Ich sin all hier!«)
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