>> Ach was ist es herrlich, ich kann über all diese Dinge nachdenken und habe noch einige Zeit dafür. <<
Wie ich aus einigen Foren entnehmen konnte, sind die Uranvorkommen endlich und reichen wohl nur noch für einige Jahrzehnte. Somit werden meine Ur-Ur Enkel zumindest von einem Super GAU verschont bleiben. Da Cattenom den Stresstest nicht ausreichend bestanden hat, möchte ich mir nicht ausdenken, was passiert, wenn sich eine Terrorbewegung mit einem Flugzeug da drauf stürzt.
>> „ von Latten alles ist gut. Du hast eine nette Etappenbegleitung, die dich bis Thionville mit Informationen eindeckt. Cattenom arbeitet gerade störungsfrei, also ruhig bleiben, entspannen “<<, sage ich zu mir.
Der Lorentz haut ganz schön rein und ich kühle mir immer wieder meinen Kopf, in dem ich mein Kopftuch mit Trinkwasser begieße. Das bringt für kurze Zeit Erholung, denn wir fahren die ganze Zeit in der prallen Sonne. Mein Reisebegleiter ermahnt mich immer wieder, nicht zu schnell zu fahren. Ich trete aber auch wie von Sinnen in die Pedale und spüre keinerlei besondere Belastungen. Es läuft wie am Schnürchen und ich genieße die Abrollgeräusche meiner Reifen. Dieses Geräusch entsteht bei warmen Temperaturen und ab 25 Kilometer Geschwindigkeit auf Asphalt. Dieser Klang sagt mir immer, dass ich in der für mich optimalen Fettverbrennung unterwegs bin.
Mein ständiger Blick auf meinem Tacho zeigt die 26 bis 30 Stundenkilometer zu meiner Freude an und ich bin im Gegensatz zu meinem Begleiter voll bepackt. Uns trennen gewichtstechnisch mindestens 50 Kilogramm aber auch 12 Jahre und so nehme ich immer wieder, was mir sichtlich schwerfällt, etwas an Fahrt heraus. Wir plaudern noch über weniger wichtige Dinge des Alltags. In Thionville bekomme ich Tipps von meinem Begleiter darüber, wie ich weiter zu fahren habe und dann verabschieden wir uns voneinander. Ich muss noch versprechen, nicht zu schnell in der Hitze unterwegs zu sein.
Ich komme jetzt streckenweise, bedingt durch die ansässige Industrie, immer etwas vom Weg des Moselufers ab und muss mich mithilfe vieler freundlicher Franzosen wieder auf Kurs bringen lassen. Nach dem Passieren der Gewerbezonen, gelange ich ans Moselufer zurück und kann mich wieder gut orientieren. Irgendwann kommen dann wieder Hinweisschilder für Radfahrer. Bis Metz also noch 28 Kilometer. Es ist jetzt 13:30 Uhr und ich bin, trotz meiner geringen Einschränkung, gut vorangekommen. Ich schätze mal, dass ich in einer knappen Stunde in Metz sein werde.
Kurz vor Metz biege ich noch in eine mit alten Mauern umgebene Ortschaft ein, um vielleicht noch einen Stempel abzuholen. Aber hier in Saint- Julien- le Metz ist auch alles verschlossen und menschenleer, also fahre ich weiter Richtung Tagesziel Metz.
Ich erreiche das Ortseingangsschild „Metz“ um 14:30 Uhr. Dort nehme ich direkt Kurs auf das nächstgelegene Restaurant, denn ich muss unbedingt etwas Kaltes zu mir nehmen. Also steuere ich ein Arabisches Restaurant an, wo ich draußen auf der Terrasse erst mal Platz nehme und ein großes kaltes Bier bestelle.
>> Wunderbar, jetzt bist du also in Metz angekommen und hast dir durch die Hitze erst mal ein kaltes Bier verdient <<.
>> “I would like to eat something, do you have salad” <<, frage ich.
>>” Yes from our refreshment Bar ” <<, antwortet der Kellner.
Ich trinke einen kräftigen Schluck, halte noch meine Eindrücke in meinem Tagebuch fest, um mich dann an der Salatbar mit Vitaminen zu versorgen. Vor meinem Geistigen Auge sehe ich schon eine großzügige Salatmischung mit Paprika, Strauchtomaten, Gurken, Oliven und einen gekühlten Delphinfreundlich gefangenen Thunfisch, dazu eine leckere Vinaigrette. Beim Gang zum Büffet freue ich mich auf diese Sinneseindrücke und dabei zieht sich schon das Wasser in meinem Mund zusammen.
Beim ersten Anblick des Büffets dann die erschreckende Ernüchterung. Das Büffet besteht aus Eisbergsalat mit braunen Stellen, Tomaten und Eiern einem blasen Analog Käse sowie Kochklebeschinken abgerundet mit einem Fettdressing aus der Fertigproduktion.
Alles klar. Von diesem Zeugs hier, ich nenne es nicht Essen, fasse ich null an. Ich bestelle noch ein kleines Bierchen, zahle und fahre dann weiter ins Zentrum von Metz.
>> Die halten hier alle Mittagsschlaf, die Ferkel. Kaum Menschen unterwegs, was ist los hier? Hoffentlich bekomme ich bald etwas zu essen ! <<
Ich sichte am Moselufer schon einen Campingplatz. Möchte mich aber noch nicht festlegen, ob ich diesen schon nehme. Da ich großen Hunger verspüre, fahre ich die Kathedrale als Fixpunkt im Auge erst mal an. Finde in ihrer unmittelbaren Nähe ein Schnellrestaurant einer großen Fast Food Kette und weiß von Deutschland, dass es dort Salat gibt. Ich sichere mein Fahrrad und betrete erst mal den gut klimatisierten Laden.
Ich bekomme sofort Gänsehaut. Meine Härchen an Armen und Beinen stellen sich auf und ich schüttele mich. Hier drinnen sind ist es mindestens an die 25 ° Temperaturunterschied zu draußen.
>> Was ist denn hier los, ist eure Klimaanlage defekt ? << Mich versteht sowieso keiner von den zwei Gästen und so richte ich meine Gedanken auf das Wesentliche, auf Nahrung.
Ich habe dort in der Auslage tatsächlich Salat wahrgenommen und mir direkt zwei Portionen bestellt. Den Salat plus einen Kaffee beabsichtige ich dann auch draußen im Schatten zu mir zu nehmen, aber es ist trotzdem sehr heiß. In der kleinen Nebenstraße, wo sich die Außensitzplätze befinden, weht kein Lüftchen. Die Hitze liegt überhaupt wie eine Glocke an diesem Mittag über Metz. Ich möchte mich, da ich ziemlich durchgeschwitzt bin, nicht der Gefahr aussetzen, gegebenenfalls noch eine Erkältung zu bekommen. Denn gesundheitliche Probleme hatte ich schon mehr als gewollt.
Den ersten Salat habe ich im Nu verputzt und stellte fest, dass ich mich beeilen muss. Die viel zu kleinen Sonnenschirme erlauben es nicht, allzu lange den Schatten zu genießen. Ich öffne gerade meinen zweiten Salat, da klingelt mein Handy. „Das ist Frau Lange“, denke ich und nehme das Gespräch ohne auf das Display zu schauen an:
>> Hallo Gerd, ich bin es, dein Bruder Vitus…. ich brauche dich Bruderherz…, um zu reden ! <<���“, eröffnet er das Gespräch.
>> Das ist sehr schlecht, denn ich bin nicht in Deutschland und es wird viel zu teuer für dich, wenn du mich von deinem Festnetz aus anrufst <<, antwortete ich.
Vitus, so stelle ich fest, hat die Eigenschaft mich sehr oft anzuklingeln, wenn ich mich gerade nicht in Deutschland befinde. Und da er sehr mit seinen liquiden Mitteln wirtschaften muss, dränge ich ihn immer, sich sehr kurz zu fassen. Wir hatten einige Monate vor meiner Abreise einen, in meinen Augen kleineren, Disput. Vitus hilft manchmal bei mir aus. Ich konnte seinem Wunsch nicht gerecht werden, eine Mitarbeiterin zu entlassen, die ihn beleidigt hat. Weil ich aus seiner Sicht nicht „zum Blut“ hielt, wolle er erst mal Abstand zu mir halten. Meine Versuche, den MINI Konflikt in einem persönlichen Gespräch nach Wochen zu glätten, verlief ergebnislos, da sich der Leidende, wie er mir später zugestand, immer abwesend stellte.
Vitus antwortete: >> Egal, ich muss mit dir reden, da interessiert mich das Geld nicht. Es tut mir leid, bitte sei nicht böse auf mich, aber ich habe doch nach meiner Scheidung nicht mehr so viele Menschen. Kannst du nicht mal vorbeikommen, dann reden wir über alles !?<<
Ich merke an seinem Wortfluss, dass er alkoholisiert ist und mir dadurch auch nicht mehr richtig folgt. Langsam werde ich unruhig. Der 60 cm kleine Sonnenschirm deckt meinen Kopf nicht gut ab und ich muss immer nachrücken. So bin ich der Sonne stärker aussetzt als mir lieb ist und mein bisschen Restgeduld schwindet stark.
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