Kurt F. Neubert - Karl Hellauers Wandlung im Zweiten Weltkrieg

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Karl Hellauers Wandlung im Zweiten Weltkrieg: краткое содержание, описание и аннотация

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Der Autor, 1924 geboren, steht wie auf dem Alters-Gipfel seines langen Lebens. Er schaut zurück auf seine Irrtümer, und plötzlich erstrahlt ein Licht der Erkenntnis.
Neubert legt ein im klassischen Sinne geschriebenen Anti-Kriegsroman vor. Es war der Fluch der jungen Menschen, während der Hitler-Diktatur, politisch verführt und mani- puliert, in die schreckliche Hölle des Zweiten Weltkrieges zu torkeln.
Der sechzehn Jahre alte Karl Hellauer, mit romantisch-verklärten Ansichten über Krieg und Heldentum, meldete er sich 1941 freiwillig zur deutschen Wehrmacht. Am 3. Juni 1941 beginnt die Grundausbildung in einer Panzereinheit in Neuruppin. Das Ziel der Ausbildung: die Soldaten zu hirnlosen Kampfmaschinen zu drillen, die ohne nachzu- denken Befehle ausführen.
Hellauer wird Panzerfahrer. Ausgehend von seinen eigenen Erlebnissen, hat der Autor eine Auswahl von entscheidenden Ereignissen seines Soldaten-Lebens und der Kriegs- gefangenschaft zu Papier gebracht. Seine gestalterischen Fähigkeiten stellt er nicht nur in kriegerischen Gefechten unter Beweis, sondern auch in den Frauengestalten, Flora, Margot, Diana, Elisabeth. Diese Gestalten mit Mutter Hellauer, berühren besonders, weil Neubert damit eine Vorstellung vom Leben der Frauen und Mädchen im Hin- terland des Krieges gibt. Es gibt Briefe, Träume, Visionen.
"Schonungslos beschreibt Kurt F. Neubert seine Wandlung vom überzeugten Hitlerjungen zum Pazifisten am Ende des Krieges" ( Märkische Allgemeine" Dahme Kurier)

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Impressum:

Die Wandlung Karl Hellauers

Autor: Kurt F. Neubert

Copyright: 2013 Kurt F. Neubert

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-7746-3

Titelbild und Layout Frank Neubert

Copyright:2013

1. Kapitel

Ein sonniger Aprilsonntag

1939. Nach einer Sternen klaren April-Nacht erhob sich hinter den Hügeln des Mansfelder Landes ein strahlender Frühlingsmorgen. Und die Sonne mit ihrem gleißenden Sonnenlicht überflutete das wiedergeborene Grün und die Blütenfülle in seiner Farbenpracht.

Und im Talgrunde, dort, wo der Ort Volkstedt liegt, fiel beim Erwachen an jenem Sonntagmorgen Karl Hellauers Blick auf das Fenster. Er räkelte sich. Die Sonne hatte sich inzwischen leuchtend über die nahen Berge im Osten erhoben.

Karl, fünfzehn Jahre alt, sprang schnell aus dem Bett, bemerkte, dass sein jüngerer Bruder noch schlief, lief barfuß zum Fenster, zog den Vorhang zur Seite. Geblendet vom grellen Sonnenschein, beschattete er die Augen mit der rechten Hand. Er spürte tief im Herzen, dieser Sonntag war glückverheißend.

Im Laubwerk der Kastanienbäume nahe des Hauses, wetteiferten gefiederte Sänger miteinander im fröhlichsten Singen und Gezwitscher. Und auf dem Domänenhof balgten sich Sperlinge laut schilpend um frische Pferdeäpfel.

Und wie von Riesenhand geschaffen, erhob sich kurz hinter dem Dorf die gewaltige Abraumhalde des Wolfschachtes, einem Gewerk der Mansfelder Kupferschiefer Bergbauenden AG. Wie an allen Sonntagen ruhte die Arbeit. An den Werktagen liefen an dem hohen Förderturm ununterbrochen die Räder, förderten Bergleute in die Tiefe oder Erz zu Tage. Tief unten, in den dunklen Streben, wo das Kupferschiefererz abgebaut wird, herrscht schweißtreibende Hitze, bis zu dreißig Grad. So ist die Arbeit der Kumpel eine verdammt harte Schinderei, vor allem, weil die Strebhöhe nur circa neunzig Zentimeter beträgt und die Kumpels im Knien oder seitlich sitzend ihre Tätigkeit in einem schwachen Luftzug, Wetterführung genannt, verrichten müssen. Karls Vater liebte das Land und das Licht. Er arbeitete in der Landwirtschaft – auch wenn er dort geringeren Lohn erhalten hat.

In aller Ruhe ging Karl den Tag an. Noch am Vormittag verließ er die elterliche Wohnung. Er hatte sich mit einem Arbeitskollegen in der Stadt verabredet.

Der Himmel war von unendlichem Blau. Die Sonne immer höher steigend, überstrahlte das anmutige Tal.

Als Karl den Trampelpfad durch den Hofgarten nutzte, um zur Schulstraße zu gelangen, atmete er den beseligenden Duft von Blumen und Gräsern, der mit einem erfrischenden Lufthauch vom Hofgarten ihm ins Antlitz wehte. In den Baumkronen des Haines gurrten Holztauben. Ein durchsichtiges Kleid aus einem zarten Seidengewebe hatte der Frühling zwischen die Häuser des Ortes gesponnen. Obstbäume, in Blüte stehend, dufteten aromatisch süß. Unter der Blütenpracht der Bäume legten die Gartenbesitzer frische Beete an und legten Sämereien in die frisch umgegrabene Erde. Zwei Amseln hüpften auf der Suche nach fetten Happen in der Nähe umher.

Leichtfüßig durchschritt Karl die Straßen des Ortes und stand bald auf dem Mühlberg. Vor ihm – welch grandioses, malerisches Bild – unter dem tiefblauen Himmel, die in voller Blüte stehenden Kirschbäume. Ihre märchenhaft weiß schimmernden Blüten, die sich einer schäumenden Perlenkette gleich in aller Herrlichkeit über die endlos scheinende Straße spannte, entzückte Karls Auge und erregte seine Phantasie. Und Abertausende Bienen, wie magisch berauscht, flogen von Blüte zu Blüte und saugten in ergreifender Verzücktheit aus den kleinen Blütenkelchen den süßen, lebensspendenden Nektar. Ihr leises, unendliches Summen erfüllte den leuchtenden Äther.

Im Duftkreis des Blütenmeeres ging Karl selig trunken der Stadt entgegen, blinzelte in die Sonne oder verharrte in der Ebene vor der Stadt, wo der Himmelsäther mit den sanften Hügeln verschmolz. Es schien so, als wölbe sich über den Kirchen und Gebäuden der Stadt die Kuppel eines orientalischen Domes.

Karl schlenderte durch die Straßen und engen Gassen der altehrwürdigen Lutherstadt. Das pulsierende Leben der Wochentage war einer würdevollen Sonntagsruhe gewichen. Er begegnete nur wenigen Menschen. Aus den Küchenfenstern des Goldenen Hirsches duftete es nach Braten, Gewürzen und Kräutern. Am Siebenhitzeberg, den Karl ohne Hast empor stieg, begeisterte ihn der zarte Gesang eines Kindes, der von einer Geige begleitet wurde.

Wenige Augenblicke später betrat er bereits den Stadtpark. Das gefilterte Sonnenlicht verlieh dem Park mit seinem saftigen Grün einen geheimnisvollen Zauber. Das leise Wispern des Windes in den Baumblättern wurde plötzlich vom harten Klopfen eines Spechtes unterbrochen

Der böse Traum

Inmitten des schönen Parks zog herber Modergeruch, der aus dem dichten Unterholz kam, Karl in die Nase. Er schnupperte. Dieser Geruch erinnerte ihn jäh an einen Traum, der vergangenen Nacht.

Sage keiner, so etwas gäbe es nicht – aber wie auf Kommando, als sei ein Kinovorhang weggezogen worden, spulte sich der Traum vor seinem inneren Auge ab, genau wie in einem Film. Dieser rätselhafte Vorgang war so ungeheuerlich, dass er es selbst nicht glauben konnte, was er in der Nacht geträumt hatte.

Im Traum war Karl mit seinen besten Freunden auf Wandertour in den Bergen. Am hellen Tage erstiegen sie einen steilen Hang mit einem zerklüfteten Profil, wo nur noch Dornengestrüpp und Krüppelkiefern standen. Über den Bergen Sturmwolken. Durch eine Schlucht wälzte sich ein schäumender Fluss. Ein Kristall, zwischen Moosen leuchtend, erregte Karls Interesse. Neugierig kniete er nieder, grub das schöne Stück aus, hockte sich auf eine Felsnase und betrachtete voller Bewunderung die Symmetrie und das Kristallgitter.

Diese Minuten des Zurückbleibens waren sein Glück und seine Rettung, denn plötzlich durchdrang Geschrei seiner Gefährten die Morgenstille. Vögel flogen erschreckt und kreischend davon. Die Sonne versteckte sich jäh hinter dem Wolkenzug.

Karl sah um sich. Das kalte Entsetzen erstickte jede Regung in seiner Brust. Was er gesehen hatte, war so ungeheuerlich, dass es ihm die Sprache verschlug: Seine Kameraden standen mit einem vielarmigen Ungeheuer in einem Kampf auf Leben und Tod! Wuchtige Fangarme eines Oktopus hatten sich um die Beine seiner Gefährten geschlungen. Beherzt versuchten sie das Untier abzuschütteln, zu zertreten. Doch das grauenhafte Scheusal hatte sich an den Beinen festgesaugt. Nun krallte es sich hochwindend auch am Leib und an der Brust fest …

Karl sah Todesangst in den Gesichtern der Freunde, hörte ihr Krächzen, ihren röchelnden Atem. Trotzig und in Todesangst hieben die Unglücklichen mit erzener Faust auf die Arme mit den Saugnäpfen. Auch mit Fahrtenmessern stießen sie zu. Blut, scheußlich wie Galle, spritzte aus den tiefen Wunden des furchterregenden Monstrums. Jäh vollzog sich ein Hexenzauber. Urplötzlich krochen aus den Wundschlitzen des Untiers Wolfstatzen, die sich am Körper der Kameraden festkrallten.

Angesichts des geisterhaften Geschehens, entfloh ihren Mündern nur noch dumpfes Gebrüll, das an den Bergen widerhallte. Vor Schmerz krümmten sie sich, torkelten wie Betrunkene. Tod wund, war ein fliehen unmöglich geworden.

Karls Blut stockte. Seine Gedanken rasten. Was tun? Wie den Unglücklichen beistehen? Wie sie vor dem Tode bewahren? Einen Augenblick war er unschlüssig. In seinen Schläfen hämmerte der Herzschlag. Mit dem Mut der Verzweiflung beugte er sich vor. Entflammt vom Drang das mörderische Untier zu vernichten, spannte er kraftvoll seine Muskeln. Und da geschah ein Wunder. Wie ein Pfeil von einem Bogen abgeschossen, schnellte er blitzartig himmelwärts. Wie ein Vogel stieg er in die Lüfte. Ein unsichtbarer Luftstrom schien ihn höher und höher zu tragen. Langsam glitt er über das Bergmassiv. Unter ihm die sich wehrenden Freunde, von den Fangarmen der Hydra umschlungen.

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