Dieter Schulz - Mein Leben im zweiten Weltkrieg und in den ersten Nachkriegsjahren

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Mein Leben im zweiten Weltkrieg und in den ersten Nachkriegsjahren: краткое содержание, описание и аннотация

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Beschrieben werden meine Kindheitserinnerungen an die Zeit von 1938 bis 1950. Zwar begann der Krieg erst im September 1939 und endete im Mai 1945, die sogenannte Reichskristallnacht vom 9. November 1938 war aber bereits der erste Schritt, der zum Krieg führte. Und mit dem Ende des Krieges im Mai 1945 kam auch noch lange nicht der Frieden, sondern in der Zeit danach befand Deutschland sich lediglich im Zustand eines Waffenstillstands und die Lebensbedingungen waren durch eine große Not gekennzeichnet.
Was empfindet ein 3 ½ – jähriges Kind, das mit dem St. Martinszug geht und sich auf die Martinstüte freut, wenn direkt neben dem Zug eine NAZI – Bande eine jüdische Familie drangsaliert?
Kann der Beginn eines Krieges Freude auslösen? Ja, ohne weiteres. Zunächst gab es nämlich viel Freude und Begeisterung und von der allgemeinen Hochstimmung wurden auch wir Kinder erfasst. Wir waren nämlich auf der Siegerspur und es gab Kinder, deren Väter ganz viele Feinde erschossen hatten.
Die Freude erhielt aber einen Dämpfer, als die Feinde mit Flugzeugen kamen und Bomben herab warfen. Da sah man schon mal das ein oder andere zerstörte Haus und auch Menschen wurden getötet. Die Bombardierungen und damit die Zerstörungen nahmen zu, und es gab auch viele Tote und Verletzte.
Zum Schutz vor den Bomben wurden zunächst nur Kinder, dann Mütter mit ihren Kindern in ländliche Gebiete und Städte verschickt, von denen man glaubte, dass diese Gebiete nicht zu den Zielen unserer Feinde gehören würden. In den meisten Fällen wurden die verschickten Familien bei Bauern untergebracht und nicht wenige blieben bis zum Ende des Krieges. Anders meine Mutter, die es nie länger als ein halbes Jahr in der Fremde aushielt. Das hatte zur Folge, dass ich sechs Mal den Wohnort und die Schule wechseln musste.

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Dieter Schulz

Mein Leben im zweiten Weltkrieg und in den ersten Nachkriegsjahren

Kindheitserinnerungen 1938 bis 1950

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Inhaltsverzeichnis Titel Dieter Schulz Mein Leben im zweiten Weltkrieg und in - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Dieter Schulz Mein Leben im zweiten Weltkrieg und in den ersten Nachkriegsjahren Kindheitserinnerungen 1938 bis 1950 Dieses ebook wurde erstellt bei

Sankt Martin 1938

Der Kriegsausbruch

Schule

Die armen Russen

Die armen Juden

Ein spezielles Sparkonto

In Burscheid

Die Sicherheit in Düsseldorf war nicht sehr gut

Der Luftschutzkeller unter der Friedenskirche

Verschickung nach Thüringen

Zurück in Düsseldorf

Der 11. Juni 1943

Bad Kissingen

Der 22. September 1943 kurz vor Mitternacht

Eine feine Wohnung auf einem schönen Bauernhof

Seubrigshausen

Zurück nach Düsseldorf

Die Wohnung war ein Lagerraum

Die zweite Verschickung nach Thüringen

Unsere Feinde waren auf dem Vormarsch

Wieder eine Heimreise nach Düsseldorf

In Opladen

Mein Vater hatte eine Wohnung gefunden

Das Jahr 1945

Ein plötzlicher, verschwenderischer Wohlstand

Die Amerikaner hatten die linke Rheinseite besetzt

Der Befehl vom Gauleiter Florian

Mein Vater wurde zum Volkssturm eingezogen

Besondere Erlebnisse von Günter und mir

Der 17. April 1945, die Amerikaner in Düsseldorf

Herr Hemmbeck war kein Nazi mehr

Eine Doppelhaushälfte für uns

Der Hunger wurde unser ständiger Gast

Amis auf der Albert-Straße

Ich sollte eins auf die Fresse kriegen

Besser als bares Geld

Unsere neuen Nachbarn

Karl-Heinz Strathmann

Für die weißen Stängel konnte man alles bekommen

Der Pfarrer von Sankt Vinzenz

Die Amis gingen, die Tommis kamen

Mein persönlicher Löschteich

Russen in Düsseldorf

Walter

Wieder Schule

Adolf

Die bräunlichen Ablagerungen

Der Hunger und der allgemeine Mangel

Kartoffeln aus Grimmlinghausen

Eine Getreidemühle hinter Neuss

Ein Duden

Überfallkommando

Zuckersäcke

Franz Paschen

Die allgemeine Lage verbesserte sich

Die Währungsreform

Frau Kösters

Eisenschrott und Buntmetalle

Eine viel versprechende Entdeckung

Das Grundgesetz

Eine Lehrstelle

Nachwort

Impressum neobooks

Sankt Martin 1938

An den Sankt-Martins-Zug vom 9. November des Jahres 1938 erinnere ich mich genau. Obwohl ich damals erst knapp 3 1/2 Jahre alt war, sehe ich die Ereignisse, die ich mir damals allerdings überhaupt nicht erklären konnte, auch heute noch klar vor meinem geistigen Auge. Das genannte Datum ist mir natürlich später von meinen Eltern genannt worden. Ebenfalls klärten mich meine Eltern später über das schreckliche Geschehen auf.

Im Kindergarten hatte ich gelernt, dass der Heilige Martin ein sehr guter Mann war, der aus christlicher Nächstenliebe für einen armen Bettler seinen Mantel teilte. Im Gedenken daran sollten wir Kinder am Ende des Sankt-Martins-Zuges eine große Tüte mit vielen Leckereien bekommen. Wir sollten daraus lernen, dass auch wir für andere Menschen Gutes tun sollten.

Der Martins-Zug wurde auf dem Hof der Schule an der Jahn-Straße zusammengestellt und dann zog er zunächst über die Jahn-Straße. Mit großer Freude trug ich meine Martinslampe. Dass einige Kinder sehr viel größere und schönere Martinslampen hatten als ich, bemerkte ich zwar, Neidgefühle hatte ich aber deswegen nicht. Im Martins-Zug kreisten meine Gedanken aber ohnehin nur um die Martinstüte mit den Leckereien. Die sollten wir nämlich vom Martinsmann persönlich bekommen.

Der Zug bog nach rechts ab in die Kirchfeld-Straße und es ging in Richtung Friedrich-Straße, die überquert wurde. Rechts stand die Sankt-Petrus-Kirche und hier kam der Zug direkt hinter der Sakristei zum Stehen. Es wurde nicht mehr gesungen und auch die Blaskapelle legte eine Pause ein. Den Grund dafür erklärten meine Eltern mir: Vorne, was ich aber nicht sehen konnte, teilte der Heilige Martin gerade mit seinem Schwert seinen Mantel, um dem armen Bettler eine Hälfte davon zu geben. Was der Heilige Martin da machte, war ein großartiger Akt christlicher Nächstenliebe. Diese Erklärung reichte aus, um mich ohne Ungeduld auf die sehnsuchtsvoll erwünschte Martinstüte warten zu lassen. So verhielten sich auch all die anderen Kinder, die auf das Geschenk des Heiligen Martin warteten.

Da war aber noch etwas anderes. In der erwartungsvollen Stille lag eine fühlbare Spannung in der Luft, die jedoch mit dem, was der Heilige Martin da vorne machte, nichts zu tun haben konnte. Es geschah nämlich etwas, was so nicht sein konnte und auch nicht sein durfte. Sollte das etwas mit dem Martins-Zug zu tun haben? Nie und nimmer! Was da geschah, hat sich deshalb so fest in mein Gedächtnis eingebrannt, dass ich später jeden Martinszug mit diesem Ereignis in Verbindung brachte. Besonders, nachdem meine Eltern mich später, das heißt nach dem Kriege, über das Grauenhafte, das sich da in unmittelbarer Nachbarschaft der Sankt-Peter-Kirche abspielte, aufklärten.

Die Ruhe wurde plötzlich unterbrochen. Spitze, schrille Schreie ertönten, brüllende Männerstimmen dröhnten herüber, Glasscheiben zerbarsten klirrend und aus einem Fenster fielen Möbel heraus. Der gellende Schrei, der durch Mark und Bein ging, war der ein Hilfeschrei? Und was war mit dem weinenden Kind da drüben in der Haustür? Durfte es nicht mit dem Martinszug gehen?

Eigenartig war das, sehr eigenartig! Hier die vielen bunten Martinslampen, die erwartungsvolle Freude, da drüben aber auf der anderen Straßenseite die brüllende Wut und das schreiende Entsetzen. Gehörte das alles zum Martinszug? Wie lange dauerte dieser Lärm, diese Störung? 10 Sekunden, 20 Sekunden oder gar 30 Sekunden? Das konnten mir auch später meine Eltern nicht sagen. Gott sei Dank spielte die Blasmusik wieder und die dicke Pauke sorgte dafür, dass der rätselhafte, störende Lärm übertönt wurde. Die unangenehme Störung war aber fast vergessen, als der Martinszug sich wieder in Bewegung setzte und das Lied „Lustig, lustig trallerallala, nun ist Martins Abend da“, angestimmt wurde. Der Heilige Martin saß hoch zu Ross und lachte mich freundlich an. Einer seiner Helfer gab mir die Martinstüte und in diesem Moment war alles wunderschön. Alles, alles war wieder gut und das von vorhin, das war doch nur eine kleine Störung, oder? Jedenfalls hatten wir nichts damit zu tun, nicht wahr?

Der Martinszug löste sich auf und die Menschen, zumeist Eltern mit ihren Kindern, die aber nun außer den Laternen noch die Martinstüten trugen, eilten nach Hause. Die schrillen Schreie, die brüllenden Männerstimmen und das klirrende Geräusch zersplitternden Glases waren aber wieder zu hören. Diesmal spielte sich das für mich nach wie vor Rätselhafte auf der Elisabethstraße ab. Da ich aber im Besitz der Martinstüte war, berührte mich das doch alles nicht. Wenn ein Kind froh sein konnte, so war ich es.

Wie ich bereits erwähnte, haben meine Eltern mich nach dem Kriege über das, was damals geschah, aufgeklärt: Demnach war ich Zeuge der so genannten „Reichskristallnacht“. Dieses beschönigende Wort steht für ein Judenpogrom, wie es Deutschland zuvor noch nie erlebt hatte. Als 3 ½ jähriger konnte ich natürlich nicht begreifen, dass da Menschen in höchster Not waren, dass sie gedemütigt und gequält wurden, dass viele von ihnen zum Krüppel geschlagen und viele ermordet wurden. Darüber wurde bei uns zu Hause erst nach dem Kriege, das heißt, nach der Nazizeit gesprochen.

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