1 ...6 7 8 10 11 12 ...39 mit ihrem Gefährten das nur noch schwach glimmende Lagerfeuer.
Mit gemischten Gefühlen blickte Stern der davonschreitenden
Pangäerin Moon’dan, genannt Mondlicht, hinterher. Der leichtfüßige
Barde Bentus Clovis glitt geschmeidig neben ihr dahin.
Die zauberhaften Lautenklänge und das Flackern des Lagerfeuers
hatten das ihrige zu der mystischen Stimmung beigetragen,
die sie immer noch gefangen hielt. Der Bericht hatte ihn und seine
beiden Begleiter in den Bann gezogen, denn die Fee hatte schier
Unglaubliches erzählt.
Von der geheimnisvollen Zauberin Murania hatte sie erfahren,
dass der Welt Aluriens Unheil drohte. Eine finstere Macht plante
die Herrschaft über den gesamten Planeten Joy an sich zu reißen,
um das JIXX-Spiel für ihre Zwecke zu missbrauchen. Am Ende
ihrer Geschichte gab sie Mondlicht den Auftrag, sich mit Piratenkapitän
Stern, dem Besitzer der Viermastfregatte Sternenteufel, in
Verbindung zu setzen und ihn um Hilfe und Unterstützung zu
bitten.
Stern war es rätselhaft, was die Zauberin damit meinte. Doch
jetzt beschlich ihn eine leise Ahnung, worum es sich hierbei handeln
könnte. Nun, er hatte zugesagt, die Angelegenheit zu überdenken,
um sich dann erneut mit ihr zu treffen. Die Fee wohnte
außerhalb der Stadt in einer Hütte, die auf einer Waldlichtung
gelegen unter dem Schutz eines großen Drachenbaums stand. Es
war bekannt, dass eine Baumdyrade , die dort seit Urzeiten als seine
Hüterin lebte, den Baum als Behausung nutzte und sich in seinem
38 dichten Laubwerk den Blicken Fremder entzog. Zwischen den alten
Bäumen und dem geheimnisvollen Volk der Dyraden herrschte
eine Art Symbiose, dessen Ursprung sich im Dunkel der Geschichte
verlor.
»Ich habe noch etwas in der Stadt zu erledigen«, bemerkte Doc
Merith nachdenklich. »Wenn es euch recht ist, Käpt’n, werde ich
erst morgen früh zurück an Bord sein.«
»Erledigt eure Geschäfte, Doc oder was immer ihr zu tun habt.
Haltet dabei Augen und Ohren offen. Es liegt eine ungewohnte
Spannung in der Luft. Ich spüre da unterschwellige Strömungen
von Unruhe, die sich nicht auf den Wettkampf der Spiele zurückführen
lassen, also bleibt wachsam.«
Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich Jalinka Merith und
strebte auf dem ausgetretenen Pfad der Stadt entgegen. Schweigend
hatte die Waffenmeisterin des Sternenteufel den Abschied
ihrer Schiffskameradin verfolgt und wandte sich an ihren Kapitän.
»Ihr wisst ja, Käpt’n, dass ich die Nähe von Flair spüren kann.
Is teuch auch aufgefallen, dass e svorhin eine starke Präsenz magischer
Kraft gegeben hat? Ich glaube, dass diese Mondlicht eine
mächtige Zauberin ist. Bei dem Barden bin ich mir nicht ganz sicher.
Möglicherweise ist er ebenfalls der Magie kundig.«
»Ja, ihr habt recht, Gysell. Ich spürte es ebenfalls«, bemerkte Stern
nachdenklich. »Das Flair ist groß und mächtig in ihr, ich konnte
es fühlen.«
Für den Bruchteil einer Sekunde schimmerte um seine Augenkappe
ein dunkelrotes mattes Glühen auf. Ein regenbogenfarbiges
Irrlicht umflackerte für einen Wimpernschlag seine hohe kräftige
Gestalt. Gysell Sadori blinzelte überrascht und war sich nicht sicher,
ob dieses Licht vom Kapitän ausgegangen oder nur ein letzter
Widerschein des verlöschenden Lagerfeuers gewesen war. Sie
unterließ es, ihn darauf anzusprechen, denn sie wollte sich nicht
seinem ironischen Spott aussetzen, für den er bisweilen gefürchtet
wurde.
»Ich werde z um Schiff zurückkehren. Es ist spät und morgen
wird einiges zu tun sein. So wie es aussieht, sollten wir unsere
Waffen überprüfen und bereit für den Einsatz halten.«
»Ja, macht das, Gysell. Richtet Aurelia aus, dass ich noch unterwegs bin und
nicht genau weiß, wann ich wieder da sein werde, es könnte also
spät werden.«
Mit einem freundlichen Gruß verabschiedete sich Stern von
seiner Waffenmeisterin und eilte den gleichen Pfad entlang, den
vor einigen Augenblicken auch Doc Merith beschritten hatte. Er
wollte sein ehemaliges Mannschaftsmitglied MayLi aufsuchen.
Sie unterhielt das beste und auch teuerste Freudenhaus der Stadt.
In ihrem Etablissement trafen sich nur die gehobenen Mitglieder
der Gesellschaft. Wenn es Gerüchte oder Hinweise gab, so hoffte
Stern, würde er hier rasch fü ndig werden.
MayLi war ihm auch nach ihrem Weggang in Treue verbunden
und würde ihm jede Unterstützung zukommen lassen, zu der sie
in der Lage war. Anschließend musste er eilig zum Schiff zurück,
um einige der Gedanken, die ihm während des Berichts der Fee
durch den Kopf gegangen waren, ausführlich mit Aurelia zu besprechen.
Er schüttelte bekümmert den Kopf, die Nacht würde
lang und sein Schlaf kurz werden.
* Lied an die Liebe *
Liebe braucht der Worte nicht,
sie ist fühlen im Herzen pur.
Erstrahlt so hell mit Glanz und Licht,
spürst du ihre Nähe nur.
Verbunden durch der Seele Band –
sie in uns’rem Herzen ruht.
Das Schicksal webt es mit zarter Hand,
sind wir zusammen – ist alles gut.
Mag dich nimmer missen,
muss fühlen deines Herzens Schlag.
Bist mir Trost und Ruhekissen,
weilst du fern – ich es nicht ertrag.
Der Liebe Lust dem Alltag weicht,
verkümmert ist die Leidenschaft.
Wehmut nun – die uns erreicht
und Erinnerung nur – an Freud und Kraft.
Die Haare grau, der Atem schneller,
Zeiten sind vorbeigebraust.
Das Haupt wird licht und immer heller,
Schicksal – du hast uns arg gezaust.
Das Leben gräbt dir Falten ins Gesicht –
Runzeln erzählen wohl Geschichten.
Doch deine Liebe ist ein Gedicht –
unsere Chronik wird es einst berichten.
Im Jenseits wir uns wieder sehn,
wo im neuen Kleid die Liebe wohnt.
Von Anbeginn wart vorgesehn,
das Einigkeit der Herzen lohnt.
Zeit:Gegenwart minus drei Jahre
Koordinate:Riva – Shan’hor
Die große Galeone stampfte förmlich durch die aufgewühlte See
während der Sturmwind heftig die Segel blähte und so mächtig
an den Vertäuungen zerrte, dass die Masten bedrohlich knarrten.
Immer wieder krängte das überladene Schiff gefährlich zur Seite,
wobei es Gefahr lief, zu kentern.
»Refft die Segel, wenn euch euer Leben lieb ist«, brüllte die
Stimme des ersten Offiziers über den Sturm hinweg. Der in einer
roten Uniform gekleidete Mann wandte seinen kantigen Kopf
und blickte kurz zum Steuermann. Zu zweit versuchten sie das
große Steuerrad zu bändigen, um den Bug der Galeone auf die anrollenden
Wellenberge zu richten. Unterdessen kämpften sich die
Matrosen in den Wanten nach oben. Verzweifelt versuchten sie, in
den kleinen Momenten in denen der Sturm innehielt, die Segel
zu bergen, bevor er mit neuer Kraft in seinem Wüten fortfuhr.
Eine unerwartet heftige Böe erwischte einen von ihnen als er auf
durchnässtem Tauwerk ausrutschte. Bevor seine rudernden Arme
neuen Halt fanden, stürzte er mit einem unhörbaren Schrei in die
Tiefe und verschwand kopfüber in der tosenden See und tauchte
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