1 ...6 7 8 10 11 12 ...20 Einige Wochen später kam hier bei uns ein nicht mehr ganz junger Reiter angeritten und klagte, dass er sich wahrscheinlich hier im Schneetreiben verirrt hat. Frieder, der ihn draußen empfangen hat stellte bei seinem in vielen Jahren erworbenen Pferdeverstand bald fest, dass er auch nicht mehr das stabilste Reitpferd zum Reiten hat, nahm ihm trotzdem den Sattel und das Zaumzeug ab und brachte es zu den anderen schon bisschen älteren Vierbeinern, die da im Stall ihr Altersfutter bekamen, wo es sich erstmals das gute Heu und das frische Wasser gut schmecken ließ, das er sicher auch schon lange nicht mehr daheim, wo es auch immer sein mag, bekommen hat. Der Reitersmann, der sicher bald das Gefühl hatte, dass hier die Welt noch in Ordnung ist und er hier bestimmt etwas holen kann, verschwand bald in der Küche und ließ sich von unseren Frauen erstmals ausführlich beköstigen. Fast gierig hat er die beiden jungen Frauen, Evelyn und Frieda mit seinen Glotzaugen verfolgt, sie gegeneinander abgeschätzt, wenn nicht gar schon geistig vereinnahmt, bei welcher wohl mehr herauszuholen sei. Nachdem er mit seinen plumpen Annäherungsversuchen bei Evelyn abgeblitzt ist, versuchte er es bei der ernster dreinblickenden Frieda. Doch da stand ich in der Tür und hörte wie er ihr von seinem Reichtum im elterlichen Anwesen vorschwärmte, das er bald übernehmen werde, „nur was ist denn ein solches Riesenanwesen und mag es noch so groß und reich sein, ohne die Frau an seiner Seite wert, mit der er diesen Reichtum nicht teilen kann? Rein gar nichts, denn die Seele eines solchen Anwesens ist und bleibt die Frau!“ Weiter kam er nicht mit seinem Süßholzgeraspel, denn zum Schrecken aller habe ich „bravo, edler von Hatz“, gerufen. Als Evelyn den Namen von Hatz hörte, sah sie sich entsetzt diese miese Figur noch einmal an, schüttelte den Kopf, holte tief Luft und verschwand in die gute Stube. Und dabei dachte sie. „Armer Vater, bist du noch ganz beitroste, mit so etwas wolltest du mich verkuppeln! Ich bin mir da sicher, dass wir vorher geschiedene Leute geworden wären und ich hier auf der Stutz mein Brot, ähnlich wie Jan und Siegrid seiner Zeit verdient hätte, als mit diesem Faulpelz, mit diesem Süßholzraspler zusammenleben zu müssen und seine Faulheit noch mit meiner Liebe unterstützen oder belohnen sollte; da hättest du schon selber sehen müssen wie du mit ihm klar kommst. Frieda dachte aber im ersten Moment seines ‚Sprüchekloppens‘: „Sollte etwa der das sein, der nach Enke zu uns kommt, den ich etwa dann……?“ Weiter kam sie mit ihrem Denken nicht, denn ich glaubte kurz ihre Gedanken lesen zu können und sagte ihr, dass dieser Herr nicht der ist, der noch zu uns bald kommen wird, denn dieser ‚Edle Herr von Harz‘ ist seinen Titel nicht wehrt, denn das ist ein übler Heiratsschwindler, der nur darauf aus ist, die jungen Frauen auszunehmen, um ihre Mitgift zu betrügen. Und sobald die Mitgift verprasst ist, verschwindet er und sucht sich das nächste reiche Opfer in einer anderen Gegend, wo er glaubt, dass ihn da niemand kennt oder Verdacht schöpft. Als er das hörte, forderte er mich gleich zum Duell heraus, was ich nicht annahm, sondern versuchte ihn auszulachen und ihm unsern alten Eber im Stall zum Zweikampf anbot, den wir sowieso bald schlachten wollten, da er seine Schuldigkeit bereits getan hat. Was er bald, wohl weil er mein Angebot nicht verstanden abgelehnt hat. In folgedessen habe ich ihn kurz und bündig hinaus vor die Tür und weiter vor die Terrasse bugsiert. Hier ließ ich ihn von allen vier Wölfen bewachen, dass er keine weiteren Dummheiten machen und einfältiges und in seinen Augen vielleicht betörendes Zeug daher schwätzen kann. Frieder sattelte vor der Stalltür sein Pferd und brachte es ihm und wünschte ihm ein gutes und baldiges Verschwinden auf ein nimmer Wiedersehen von hier, denn sonst könnte er sich vor dem Thinggericht im Flecken hier bald wiedersehen. Diese letzte Drohung mit dem Thinggericht ließ ihn alsbald auf ein nimmer Wiedersehen von hier verschwinden. Als wir dann alle wieder in der Küche saßen, habe ich erstmals Evelyn herzlichst gratuliert, dass auch ihr Vater, dank unserer Warnung diesen „Superedlen Betrüger“ bei der Abfassung des Ehevertrages endlich durchschaut hat und ihm den Laufpass gegeben hat. Und jetzt versucht er es in unserer Gegend die Mitgift der gutmütigen und heiratswilligen Mädchen zu kassieren, zu verprassen und dann auf nimmer Wiedersehen zu verschwinden und weiter zu ziehen, um sein nächstes Opfer zu finden. Dann hat Evelyn ihr Gespräch mit ihrem Vater bei seinem letzten Besuch hier bei uns erzählt und sie ihren Vater bedrängt hat, dass sie ihren Zukünftigen doch schon selbst suchen und finden, mit dem sie ein ganzes Leben, und mag es noch so lang sein, zusammenleben möchte; dabei schauten sie sich, Frieder und Evelyn richtig verliebt an. Im Stillen überlegte ich, ob Didilind und ich uns auch, wann und wo so verliebt schon einmal angeschaut haben? Und wenn, dann muss das schon sehr lange her sein, denn Didilind war immer der Ansicht, das wahre Liebe ein großes Geheimnis ist, das man nicht vor anderen Menschen leichtfertig offenbart oder zur Schau stellt, denn der beste und innigste Kuss ist nichts wert, wenn er nicht aus dem Innersten, aus dem Herzen, ohne große Zuschaustellung oder vor den Zuschauern kommt, der eigentlich die beiden Küssenden beglücken und ihre Liebe bestätigen sollte!
Sie, lieber Leser, werden sich sicher noch daran erinnern können, denn auf der Seite einhunderteinundneunzigzweiundneunzig im 4. Band haben sie gelesen, vier jungen Wölfe, die vermutlich auch die wachsamsten vom ganzen Wurf der jungen, zugelaufenen Wölfin Rilke waren, die auf der Suche nach einem blutsfremden Partner hier bei uns hängengeblieben ist, bereits für je eine Goldflocke verkauft habe. Und jetzt habe ich noch vierundzwanzig junge Tiere von allen Wölfinnen und ebenso viele Vorbestellungen. In den nächsten sieben Tagen bin ich alle jungen Wölfe, zum Leidwesen ihrer Mütter zu einer Goldflocke pro Tier wieder losgeworden. Ich glaube, dass in vierzehn Tagen die Wolfsmütter ihre kleinen Wollknäuel schon vergessen haben und das Wolfsleben ganz normal wie gehabt und ohne weiteren Kummer mit ihrem Nachwuchs weiter läuft und wir uns wieder auf den nächsten Wolfsnachwuchs im kommenden Jahr freuen. Mit dem Wolfgeschäft in diesem Jahr konnte ich mehr als nur zufrieden sein, Abgesehen von dem täglichen Füttern habe ich achtundzwanzig Goldflocken eingenommen. Wenn irgendwo in der Struth eine Maus oder Ratte gefangen wurde, haben die Kinder dieses Vieh unsern Wölfen gebracht, das sie dankbar immer wieder verspeisten. Von den Goldfischen, die die Wölfe bisher aus dem Wasser herausgeholt haben ganz zu schweigen. Wie viel Butter, Käse oder Getreide müsste ich da herstellen, um achtundzwanzig Goldflocken einzunehmen? Auch im Laufe des Jahres kamen keine Klagen, dass mit den jungen Wölfen etwas nicht gestimmt hat, oder sie die neuen Eigentümer durch ihr Sosein bitter enttäuscht haben, was ja bei den jungen Wölfen auch einmal vorkommen kann, dass das eine oder das andere Wolfstier aus der Rolle fallen kann oder irgendwelche Urinstinkte zum Leidwesen der neuen Halter wieder zum Vorschein kommen.
Das Weihnachtsfest haben wir wie das Geburtstagfest eines guten Mitmenschen, eines guten Freundes gefeiert und besonders erfreut nahmen wir zu Kenntnis, dass Frieder und Evelyn uns beim Kaffeetisch mitteilten, dass sie heiraten und am liebsten bald auch ihre Eltern davon in Kenntnis setzen wollen. Ich konnte mir meine Frage nicht verkneifen und sagte: „Nichts für ungut, meine lieben Kinder, unsern Segen habt ihr ganz bestimmt, das wisst ihr! Aber was ist, Evelyn, wenn, dein Vater gegen diese Heirat ist und dich quasi an Frieder nur gegen einen sehr hohen Betrag verkaufen will oder du sofort wieder zurück nach Hause musst, um dir die Flausen, Frieder zu heiraten wieder austreiben will? Denn sicher glaubt er, dass du einen reicheren Mann verdient hast als Frieder, so glaubt er einer zu sein scheint!“ Und prompt kam von ihr die Antwort, dass sie dann, sobald sich ihr die Möglichkeit bietet, zurückkehrt und hier mit Frieder mit unserer Erlaubnis vorerst zusammenzuleben, bis ihr Vater wieder vernünftig ist, ein Leben, wie es seinerseits Jan und Siegrid geführt haben auch führen werden oder besser gesagt, möchten, denn nicht nur Frieder hat einen klugen Kopf zum Denken und zwei Hände zum Anpacken, sondern auch ich, was ich nur vollauf bestätigen konnte. Und, Evelyn mein Kind, ich bin mir ziemlich sicher, dass deine Mutter bestimmt nichts gegen deine Heirat mit Frieder hat, nur wie dein Vater dazu steht, das weiß ich beim besten Willen nicht; vielleicht ist er auch bisschen eifersüchtig auf Frieder, der sicher vieles kann was er nicht mehr oder noch nicht kann und in seinen Augen sicher immer das richtige, zum Vorteil aller tut? Auf keinen Fall möchte ich dich nicht von ihm freikaufen wie ein irgendwie geartetes Stück aus dem Kuhstall oder einen Sack Getreide, dass dann Frieder ohne wenn und aber zu Diensten stehen muss! Und mein Vermögen möchte ich keineswegs ihm offenbaren, denn da bin ich mir ziemlich sicher, dass er vor Neid zerplatzt und meint nicht genug fordern kann. Nur eines kann ich euch und will es auch jetzt schon versprechen, ihr müsst nicht ewig bei mir in Diensten stehen, sondern mit unserer Hilfe auch eure eigenen Menschen werden könnt, wie es Jan und Siegrid heute auch sind. Nach einer kleinen Denkpause sagte Frieder, dass er, aber auch Evelyn sich freuen würden, wenn wir bald gemeinsam mit unserm Schlitten zu ihren Eltern dahinfahren könnten¸ ihr als unsere Zeugen, dass ihr schon mal nichts gegen die Heirat habt und Evelyn auch als eure Schwiegertochter immer willkommen heißt, und ich ergänzte egal ob mit oder ohne der Spitzensen Feste, denn da wäret ihr doch bisschen zu weit weg von uns von der Struth. Schön wäre es, wenn wir dann etwas für euch in unserer Nähe erwerben könnten und wir uns auch des Öfteren sehen könnten und unsere Gedanken austauschen könnten, was man zwischen lieben Menschen auch immer wieder gerne tut!
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