Tatort: Dimension, Inaara
Amanda Savo
Copyright © 2013 Amanda Savo
Graphiken & Photos © 2013 Amanda Savo
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-8442-6151-6
www.resort-inaara.com
Amanda Savo
Tatort:
Dimension, Inaara
Roman
Inaara war eine einzigartige Insel mit rätselhaften Phänomenen. Im Zentrum der Insel war das fantastische Hotel ‚Dimension’ in Form einer großen, silbernen Kugel erbaut worden. Die Insel bestand aus fünf unterschiedlichen Teilen, war ungefähr 3000 km² groß und lag im südlichen indischen Ozean in der Nähe der Inselgruppe der Maskarenen.
Die genaue Lage kannten jedoch nur wenige und wurde möglichst geheim gehalten. Die verschiedenen Abschnitte der Insel hatten jeweils ein ganz anderes Klima, mit entsprechend unterschiedlicher Tier- und Pflanzenwelt.
So bot jede Landschaft ihre eigenen Attraktionen und Abenteuer. Man konnte auf Inaara mit nur einem Schritt in einer komplett anderen Welt sein.Das verblüffte Neuankömmlinge am meisten. Viele der Bewohner auf Inaara ärgerte es manchmal, die Erklärungen für die unglaublichen Phänomene nicht zu kennen. Die Angestellten des Hotels diskutierten untereinander oft die verschiedensten Theorien, die sie entwickelt hatten.
Das ‚Dimension’ stand unter der Leitung des sehr autoritären Hoteldirektors, Frederick Saarinen. Er war auch Mitbesitzer der außergewöhnlichen Insel und es wurde von vielen vermutet, dass er die Antworten auf die geheimnisvollen Gegebenheiten der Insel kannte. Diese hatte er jedoch noch nie jemandem verraten. Seit einigen Jahren war Frederick Saarinen Witwer. Er hatte seine Frau und seinen zweitältesten Sohn bei einem Unfall verloren. Seine anderen beiden Söhne und seine Tochter lebten und arbeiteten auf der Urlaubsinsel. Sie hatten zu ihrem Vater ein sehr distanziertes Verhältnis. Die meisten Angestellten respektierten den strengen Chef, jedoch kaum einer mochte ihn wirklich. Manche fürchteten ihn. Vielleicht kostete ihm das das Leben.
Einige kamen mit Frederick Saarinen aber relativ gut aus und nahmen seinen autoritären Führungsstil in Kauf, da Inaara ein wunderbarer Platz zum Leben war. Kendra Ressler lebte und arbeitete gerne auf der wunderbaren Insel. Sie hatte als einfacher Sicherheitsposten begonnen und war bald Leiterin der Sicherheitsabteilung geworden. Anfangs nur als Übergangslösung gedacht, hatte sich das ‚Dimension’ als angenehmer Arbeitsplatz herausgestellt. Ihre Ausbildung als Kriminalpsychologin war hauptsächlich theoretisch geblieben. Sie hatte in nur wenigen Fällen bei Interpol mitgearbeitet. Der letzte Fall endete in einem Desaster und Kendra hatte erkannt, diesem Job eigentlich nicht gewachsen zu sein.
Als sie das Gefühl hatte beruflich versagt zu haben, schlug ihr Freund Kimi vor, gemeinsam nach Inaara zu gehen. Er war bereits früher als Zoologe auf der geheimnisvollen Insel tätig gewesen und wusste, dass es Kendra dort gefallen würde. Er hoffte, dass ein ruhiger Posten in dem Hotel das Richtige für sie wäre, um wieder innere Ruhe zu finden. Vor einem Jahr waren Kimi und Kendra samt Haustieren auf die Insel gezogen. Kimi sollte recht behalten, Kendra fühlte sich schnell wohl. Sie und ihre Kollegen in der Sicherheitsabteilung kümmerten sich um vermeintlich gestohlene Gegenstände, sowie die Einhaltung der allgemeinen Vorschriften, die das Inselleben regelten. Auf die Frage welches Gesetz eigentlich auf Inaara gültig sei, beziehungsweise welchem Staat die Insel angehörte, hatte sie von ihrem Chef nie eine Antwort erhalten. Entgegen ihrer neugierigen Natur, beließ sie es dabei und fragte irgendwann nicht weiter nach.
Zu ihren Routineaufgaben zählte es unter anderem, einen wöchentlichen Sicherheitsbericht bei Frederick abzuliefern. Das Dossier unterschied sich von Woche zu Woche kaum und enthielt meist harmlose Zwischenfälle. Am Weg in das Büro ihres Chefs überflog Kendra den aktuellen Bericht noch einmal:
Ein betrunkener und laut gewordener Hotelgast verbrachte eine Nacht in der Ausnüchterungszelle. Eine Schifahrerin war abseits der markierten Piste gestürzt und hatte sich ein Bein gebrochen. Ein Schnorchler war mit einer Qualle kollidiert. Eine Wölfin hatte eine Touristin angeknurrt, die ihren Welpen zu nahe gekommen war.
Solche Ereignisse wollte der Hoteldirektor im sogenannten Sicherheitsbericht zusammengefasst vorgelegt bekommen. Hätte die Erwähnung der Wölfin Konsequenzen für diese gehabt, hätte Kendra diesen Vorfall ausgelassen. Aber sie wusste, dass höchstens im entsprechenden Inselabschnitt mehr Warnschilder aufgestellt werden würden. Die zuständige zoologische Abteilung war im wesentlichen ihr Freund Kimi. Sein Anliegen war eher die Wölfe und anderen Tiere vor allzu neugierigen Touristen zu schützen und nicht umgekehrt. Kendra war mit ihrem Bericht zufrieden und stieg im siebten Stock aus.
Das Büro von Frederick Saarinen war, wie auch sein Appartement, in der obersten Etage des Hotels, in der sich außerdem die Suiten befanden. Sie klopfte an seine Bürotür und trat wie üblich – ohne ein ‚Herein’ abzuwarten – ein. Der Vorraum, wo eigentlich die Sekretärin sitzen sollte, war leer und die Tür zu seinem Büro offen. Ein seltsam verbrannter Gestank kam aus dem Büro des Direktors. Sie ging hinein und wollte ein fragendes „Hallo?“ von sich geben.
Der Anblick, der sich ihr bot, ließ sie erstarren und es dauerte ein, zwei Sekunden bis sie realisieren konnte was sie sah.
Inaara war für seine Angestellten ein außergewöhnliches Zuhause. Für seine Hotelgäste war der Urlaub auf der seltsamen Insel ein spannendes Abenteuer. Frederick Saarinen hatte hier seinen Tod gefunden.
Er lag neben seinem Schreibtisch auf dem Rücken. Seine Kehle war durchgeschnitten worden. Sein lebloser Körper lag in einer großen Blutlacke. Das Gesicht war blass und die Augen halboffen. Seine Hände waren völlig verkohlt. Kendra wählte hastig mit ihrem Handy die Nummer ihres Assistenten. Noch während das Telefon läutete, überlegte sie fieberhaft, was sie jetzt eigentlich tun sollten. Die Situation war nicht einfach, da die Insel möglicherweise keinem Staat angehörte. Waren sie selbst die zuständige Polizei?
„Hallo?“, meldete sich Sebastian. Kendra antwortete nicht sofort.
„Kendra, bist du das?“, fragte Sebastian, der am Display sah, dass von ihrem Handy angerufen wurde.
„Ja, ich bin‘s“, brachte sie nun hervor. „Bitte komm schnell in Herrn Saarinens Büro. … und bring Kelly und Sandra mit … und Dustin … und ohne viel Aufsehen. Aber sofort!“ Gegen Ende ihrer Anweisungen hatte ihre Stimme panisch geklungen.
„Was ist los?“, fragte Sebastian beunruhigt.
„Mach einfach was ich dir gesagt habe!“, schrie Kendra ins Telefon. Sie fühlte sich überfordert und bemühte sich Ruhe zu bewahren.
Das Hotel Dimension konnte es sich leisten mehr Personal als nötig einzustellen. Auf Inaara waren auch Spezialisten von Berufsrichtungen zu finden, die für eine Hotelinsel ungewöhnlich waren. Die Hotelleitung beschäftigte auch Zoologen, Meteorologen, Hundeschlittenführer und eben eigene Kriminalisten. Sebastian war aufgeregt und beunruhigt. Er tat was ihm Kendra gesagt hatte und überlegte was passiert sein könnte, dass so viele Kollegen aus verschiedenen Abteilungen nötig sein würden. Warum sollte er Kelly und Sandra von der Spurensicherung mitbringen? Wieder eine Lappalie, zu der die eigentlich übertriebene Laborabteilung hinzugezogen werden sollte oder vielleicht ein richtiger Einbruch? Und warum Dustin von der Rechtsabteilung? Er rief die verlangten Personen an, während er sich auf den Weg ins Büro des Chefs machte.
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