Meine Frau muss ordentlich was einstecken heute, aber ich finde, dass meine Wahl hervorragend und sicherlich auch für sie nicht all zu sonderbar sein wird. Und mit dem neuen Spielzeug in der Tasche, wird der männliche Anteil in mir, der mir auf der Straße auf schmerzhafte Weise wieder einen Stock in den Arsch getrieben hat, leichter tragbar. Ich habe keinen Penisneid, aber immer wenn so etwas überaus Männliches in meine Eingeweide fährt, verspüre ich eine Art Phantomschmerz in meinem physisch nicht vorhandenen Schwanz. Meine Frau kommt nach Hause und ich habe Bedenken, bei einer Volllesbe wie es im Buche steht mit einer Schwanzimitation anzutanzen. Ich muss ihr unseren neuen Freund im Bett etwas schmackhaft machen. Muss ihn ihr vorstellen, wie einen neuen Hausbewohner. Mir wird gar nichts anderes übrig bleiben, denn ich weiß, dass nie, noch nie zuvor je ein Mann es geschafft hatte, sie sexuell zu befriedigen.
Abgesehen davon, ob sie mich jemals mit dem zwanzig Zentimeter Gerät näher als einen Meter an sich heran lässt, so treiben mich ganz ordentlich Bedenken, ob sie, wenn ich sie damit Schustern darf, überhaupt Spaß an meiner imaginären Zweigeschlechtlichkeit finden wird. Aber ich bin mutig. Ich will ja den Stock, den mir der Passant in den Arsch geschoben hat, wieder loswerden. Und weil das nur mit Schwanz geht, so bleibt mir keine andere Wahl.
Meine Frau kommt also nach Hause. Ich bin nervös. Sie merkt schon, dass irgendetwas anders ist bei mir und will wissen was los ist. „Baby“, sag ich und schmachte sie an, „lass uns vögeln gehen.“ Sie mag meine Direktheit, die nur selten, aber immer wieder zum Vorschein kommt. Sie lässt sich nicht zwei Mal bitten, während ich mich mit den Fingern in ihrer Hosentasche am Hintern einhake und mich von ihr hinterher nach oben ziehen lasse. Und schon landen wir in unserem Bett. „Ich muss sie rund vögeln, mit dem Ding“, überlege ich und mach mir sorgen, wie das geht, rund vögeln. „Verdammt“, überlege ich weiter. „Und Matt ist auch nicht da, der mir das mal richtig erklären könnte, aber Matt würde mich sowieso nur auslachen und sagen, „Isa du kannst es mit deinem Dildo nie im Leben mit einem echten lebendigen Schwanz aufnehmen.“
Wenn er sich da nur nicht täuscht, der Gute. Er weiß ja nicht, dass ich es seit geraumer Zeit in den Lenden spüre, den männlichen Schusszwang. Und wenn ich Romeo schon mit nach Hause nehmen muss, dann wird er auch dafür sorgen, dass ich mich wie einer benehme. Und bin wieder guter Dinge.
Im Bett stelle ich ihr also Lucky vor. Meine Frau starrt mich irre an. Ihr Mund steht offen, wie ein Tor. „Was hast du denn da angeschleppt?“ fragt sie, „warst du auf Aufriss?“ Aufgeregt beginnt sie zu schmunzeln. Ich weiß jetzt nicht, was ich sagen soll und stelle mich blöd. „Wunderbar“, ruft sie plötzlich aus, „endlich hast du´s geschnallt. Ich hab mich ja nie zu fragen getraut, und jetzt darf ich dich endlich mit Lucky nach Lust und Laune bumsen.“
Sie strahlt. „Das wollte ich schon immer mal ausprobieren. Danke Süße!“ Ich schlucke laut, traue mich aber nicht zu widersprechen. Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt, aber okay, denke ich, gleiches Recht für alle. Muss ich halt in den sauren Apfel beißen, auch wenn er mir noch so sauer aufstößt. Welche Chance hätte ich sonst noch, gemeinsam mit Lucky auch bei meiner Frau zu landen.
Lucky ist wundervoll und ich bemerke keinen nennenswerten Unterschied zu einem echten, lebendigen Romeo. Meine Frau bumst mich wie ein Weltmeister. Irgendwie fühlt sich Lucky an, als gehöre er zum Körper meiner Frau, und das törnt mich unheimlich an. Matt würde mir das nie glauben, aber so ist es.
Und ich freu mich schon wie verrückt, dass endlich ich dran bin, mit Lucky zu spielen.
Bei meiner Frau geht die Sonne auf. Ich stoße sie mal sanft, mal hart. Aber immer rund. „Du hast es drauf“, keucht sie und ich erlebe wie ich meiner Frau ihren ersten schwanzgesteuerten Orgasmus verschaffe, und mein Gemächt war ja noch nicht mal echt. Ich weiß jetzt, dass es nicht der Schwanz ist, der eine Frau befriedigt, sondern die Seele und der Geist den Schwanz erst beseelt und belebt. Gott, macht mich das stolz. So kann ich meiner Frau und sie mir, sogar einen Trieb stillen, der nicht mal meiner ist und der mir starke Unterleibsschmerzen beschert, bei starker sexueller Erregung, und Nichtbefriedigung derselben. Und das alles nur, weil ein ungestümes liebestolles Pärchen, das an mir vorüber streift, kein Bett zum Vögeln gefunden hat.
Ich habe großes Glück, weil meine Frau sie immer liebend gerne stillt, diese Lust. Und für mich ist es immer wieder aufs Neue eine wahre Herausforderung, durch meine Seele und meinen Geist etwas totes, synthetisches zum Leben zu erwecken. Aber eigenartig ist es trotzdem. Ich bin vor allem bei sexuell stimulierenden Übertragungen immer froh, eine Frau zu sein. Wäre ich ein Mann, hätte ich ein noch größeres Problem zu bewältigen. Müsste ich doch ständig mit dicker Hose durch die Gassen der Stadt laufen und mich zu Tode schämen, für eine Sache, für die ich noch nicht einmal Verursacher bin. Als Frau bin und bleibe ich der Nutznießer bei einer für Männer heiklen, stehenden Angelegenheit.
Das Leben bietet mir viele Möglichkeiten, so allerhand verschiedene Seiten kennenzulernen. Und das kann schon spannend sein. Aber manchmal ist es einfach nur anstrengend, mit neun wachen Sinnen ausgestattet durch die Welt zu laufen.
Ich denke an meinen Schwindel und daran, dass er plötzlich wieder verschwunden ist, nachdem ich Ronda als Auslöser ausgemacht habe. Ronda hatte mit Sicherheit keinen Schwindel, aber das was sie tut und was sie mir sagt ist ein Schwindel. Und das verwirrt mich, bringt mich durcheinander, so dass ich Rondas Verwirrtheit übernehme, mir überstülpe wie eine Tarnkappe, die ich mir nicht abzunehmen weiß. Und dies zeigt sich mir im Schwindel. In dieser Verwirrtheit, und das wollte mir meine Situation zeigen, brauche ich meine Zugänge der Wahrnehmung. An diesen sollte ich mich halten. Doch das tat ich nicht, weil mir Ronda so viel bedeutet und ich mir einfach nicht vorstellen mag, dass sie mich belügt. Dass sie sich versteckt, hinter ihrer Funktion. Und dann fühle ich mich schlecht. Ich fühle mich als schlechter Mensch, und schuldig. Und das kann nur heißen, Ronda hatte recht und ich unrecht. Man muss die Dinge so angehen wie sie. Unehrlich und versteckt. Das ist der einzige Weg der gangbar ist. Doch meine Wahrnehmung zeigt mir die Wahrheit, der ich mehr als Ronda vertrauen darf und soll. Doch von nun an wird alles etwas anders laufen. Das muss es irgendwie. Ronda wird mich nicht mehr weiterhin für ganz blöd verkaufen können. Denn ab jetzt werde ich aufpassen. Ich werde nicht mehr zulassen, dass ich Rondas Körpergefühl übernehme, werde nein dazu sagen, wenn sich ihre Gedanken in meine Gedankengänge schleichen, werde mich verweigern, ihre Gefühle von Liebe und Zuneigung zu spüren, weil ich die dabei innewohnende Verwirrung ebenso abkriege. Und das bedeutet für mich, ich kann und darf bei Ronda nicht mehr offen sein. Sie nicht mehr an mich heranlassen. Denn ich brauche eine transparente und authentische Beziehung, und Ronda wird mir die niemals geben, denn Ronda lebt und liebt ihre Funktion als Therapeutin, hinter der sie sich wunderbar als Mensch verstecken kann. Sie fühlt sich in Sicherheit, doch ich habe sie aufgestöbert, in ihrer hintersten Therapeutenecke, und sehe langsam was da wirklich ist. Ich bin nicht mehr sicher, nicht so wie ich es sein sollte innerhalb ihres Praxisraumes. Und irgendwie beginnt sich soeben Heimat zu verabschieden.
Ich werde also alles daran setzen mich von Ronda zu trennen. Schritt für Schritt. Und ich hoffe inständig, dass mir das gelingen wird, ohne dass mir mein Herz dabei bricht.
In dieser Nacht träume ich drei aneinandergereihte Träume von Ronda und mir. Ich träume von Wien, meiner Geburtsstadt. Und immer wenn ich von Wien träume, sind es Albträume. Nie komme ich dort an, wo ich hin will. Mal verfahre ich mich auf Seitenstraßen, nur um irgendwo in der Pampa wieder aufzutauchen. Weit, weit weg von Wien. Und ein anderes Mal verunfalle ich auf riesigen Highways, während ich kurz vor der Stadteinfahrt bin. Ich weiß aber, dass Wien als Symbol für meine Wurzel, meine innere Heimat, meinen innersten Kern steht, den ich finden will. Und heute hab ich Ronda mit.
Читать дальше