Es ist fraglos anzunehmen, dass die alten Hochkulturen Zusammenhänge wussten, die uns abhanden gekommen sind. Denken Sie allein daran, welche Schätze wissenschaftlicher Erkenntnis beim Brande der Alexandrinischen Bibliothek verloren gegangen sind. Was da verbrannte, waren alte Weisheiten Indiens, Ägyptens, Chaldäas und Griechenlands, Schätze, die in anderer Form wiederzufinden unsere Aufgabe ist, jedenfalls aber Kenntnisse, auf die wir kein Recht haben herabzusehen. Man hat zum Beispiel viel gespottet über ägyptische Astronomie und Astrologie, beachtete aber nicht, dass sie in ihrer Weise richtig, nur eine andere Form waren, die Dinge zu schauen. Wie erstaunlich gerade die Kenntnisse der Astronomie und Mathematik bei den Ägyptern waren, hat erst die neuere Forschung wieder erwiesen. So hat unter anderen Professor R. Hennig kürzlich darauf aufmerksam gemacht, welch ein Wunder mathematisch-astronomischer Erkenntnis der Bau der Cheopspyramide ist. Nicht nur ist sie im Verhältnis der Zahl π erbaut, die somit den Ägyptern bekannt und noch genauer errechnet war als uns geläufig, sie steht auch auf dem Schnittpunkt des Längengrades und des Breitengrades, die die meisten Landflächen und die wenigsten Wasserflächen berühren, und der Gang in ihr Inneres trifft in seiner Verlängerung genau auf die Stelle des Himmels, wo zur Zeit der Pyramidenerbauung der Himmelspol war, nämlich auf einen Stern im Drachen, der um das Jahr 2300 vor Christus der Polarstern war.
Es hat eben immer sehr tief gehende Naturerkenntnisse gegeben zu allen Zeiten – und damit komme ich auf das Gebiet der höheren Esoterik und des sogenannten Logenwesens, das ich in meiner heutigen Einführung nur streifen kann, und auf das ich im nächsten Vortrag weiter eingehen werde. Es gab zu allen Zeiten Menschengruppen, die sehr große Kenntnisse besaßen und sie verwalteten und überlieferten zum Wohle der Allgemeinheit. Eine große Kette führt uns vom Untergang der Atlantis, von der ersten historisch fassbaren Zeit, vom Indien des Rama und Krischna nach Chaldäa und zum Hermes Trismegistos Ägyptens, über Moses und Orpheus zu Pythagoras und Plato, vom Mysterium von Golgatha zum Gral, dessen Vorläufer im Kesselkult der Ceridwen der Druidischen Mysterien sich vereinigt in den Templern und der Parsifalüberlieferung und hinführt über Hochgradmaurer und Rosenkreuzer bis zu den ähnlichen Gruppen der heutigen Zeit. Es ist wertvoll, festzustellen, dass jene Erkenntnisse im Grunde stets die gleichen waren, nur verschieden in ihrer Ausdrucksform und im Grade ihrer und der allgemeinen Evolution, niemals aber verschieden in ihren ersten Bausteinen, denn Naturerkenntnis mit Einschluss der übersinnlichen Welt ist eben etwas, was nicht beliebig geändert werden kann, es ist Religion im tiefsten Sinne, und deshalb gibt es auch in dem Sinne nur eine Religion, so viele Kirchen es auch gegeben hat und gibt. Gewiss eine sehr vielen unbequeme, aber darum nicht minder wahre Tatsache.
Diese Kenntnisse der Gruppen oder Logen, wie Sie es nennen wollen, wurden streng geheim gehalten. Es geschah das nicht aus Geheimniskrämerei, und Sie müssen dabei nicht an die rituellen Spielereien vieler kleiner Logen der Gegenwart denken, sondern man suchte die Menschen sehr sorgfältig aus, die ein solches Wissen vertragen konnten und die fähig waren, es anzuwenden ohne Eigennutz und Selbstzwecke. Mag das nicht immer erreicht worden sein – uns geht hier nur das Prinzip an, das es erstrebte. Man lernte gewaltige Naturkenntnisse kennen, deren Anwendung zum Guten oder Bösen eine sehr einschneidende Frage sein konnte. Sie sehen hier bereits berührt den Unterschied zwischen weißer und Schwarzer Magie, die sich beide durch die Geschichte der ganzen Menschheit hindurchziehen und wahrhaftig kein Phantom sind. Auch heute nicht, denn gerade in dieser Weltkatastrophe sind unheimliche Mächte am Ruder gewesen und sind es eben noch. Daran wird nichts geändert dadurch, dass die materialistische denkende Menschheit die Puppen des Staatslebens für die wirklichen Drahtzieher hält. Man bekommt schon manches Mal ein Gefühl, wie es der Reiter über den Bodensee hatte, wenn man diese Dinge kennenlernt. Das Geschehen der heutigen Zeit ist aber viel zu einschneidend, als dass man noch bequeme Vogel-Strauß-Politik treiben und, aus bewusster oder unbewusster moralischer Feigheit heraus, alles Übersinnliche zu leugnen versuchen könnte. Mit dem »Skeptizismus der Ignoranz«, wie ihn Schopenhauer nennt, ist die Gegenwart nicht mehr zu erfassen.
Im Übrigen aber kann ich Ihnen die Versicherung geben, dass man aufhört zu fürchten, was man erkennt. Das menschliche Leben ist nun doch nicht so grauenvoll, als es oft erscheinen mag, und ganz gewiss nicht so öde, als es der Materialismus darstellt. Der Gang zu diesen Erkenntnissen ist der Gang zum anderen Ufer, und ich sagte Ihnen schon einmal, dass es der Gang ist zu Ihrer aller Heimat, zur Wiege der Menschheit. Ich will Ihnen im Anschluss hieran im nächsten Vortrage ein Bild dessen geben, was man unter Initiation, unter Einweihung verstand und versteht, und will versuchen, Ihnen zu schildern, welche Aufgaben solch durch die Einweihung gegangenen Menschen und die von ihnen geführten Gruppen erfüllten oder noch zu erfüllen haben. Denen, die alle diese Dinge für absurd halten und gerne glauben möchten, dass der ganze Okkultismus eine Beschäftigung für Obskuranten sei, möchte ich noch sagen, dass sie sich in der Mystik in bester Gesellschaft befinden werden – und ich nenne Ihnen beispielsweise nur die Namen von Ovid, Vergil, Shakespeare, Dante, Leonardo da Vinci, Milton, Goethe und Novalis. Wirkliche Religion, wirkliche Kunst und wirkliche Wissenschaft, jedes unendlich selten, sind immer im Grunde eines gewesen und werden immer eines sein.
Ich habe versucht, Ihnen heute eine flüchtige Einführung in das Gebiet des Okkultismus zu geben, Ihnen gleichsam nur die Vorbedingungen für das weitere zu schaffen. Die nächsten Vorträge werden an interessanten Daten sicher mehr bringen können, da ich dann in der Lage bin, die einzelnen Gebiete sorgfältiger zu behandeln, sodass Sie, wie ich hoffe, einen gewissen Überblick über das Ganze gewinnen, der, ohne erschöpfend sein zu können, doch ausreichen wird, Sie Ihre eigenen Wege aus eigener Wahl heraus gehen zu lassen. Die rein wissenschaftlichen Daten, die ich Ihnen heute gab, sind eine gute Vorbereitung für die Erörterung der sogenannten niederen Magie, von der auch heute alle Welt noch voll ist, während die Beispiele höheren Denkens, die wir berührten, die richtige Gesinnung für die Initiationsbegriffe bilden. In diese werde ich Sie einführen an der Hand des Schlafes, den ich beim nächsten Male erklären werde. Sie haben in ihm einen der wichtigsten Schlüssel zur übersinnlichen Welt, denn er ist ja der Zustand des Menschen, der sich bisher der Erforschung der verstandesgemäßen Wissenschaft entzogen hat, und der doch die Hälfte des menschlichen Lebens umfasst. Wo sich der Mensch im Schlaf, also während der Hälfte seines Lebens befindet, vermag Ihnen keine materialistische Wissenschaft zu sagen, und hier befindet sich die Pforte zur Einweihung, zur Initiation. In ihm liegt »unseres Seins verhangene Tempeltüre«.
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