R: > Interessant, was du über dich erzählt hast. Du wirst doch wegen deines schönen Fells mit den markanten Punkten darauf gejagt? Für die Exotik im Wohnzimmer.<
G: Schnurrt zornig. >Ja, du triffst mich ins Herz. Mein Fell war in früheren Zeiten eine begehrte Jagdtrophäe.<
R: >Und wir Menschen haben dich früher gezähmt, soviel ich weiß.<
Rufus schüttelte das Kissen auf, legte seinen Kopf genau in die Mitte, damit er sich besser auf den Geparden konzentrieren konnte. Ihm wurde bewußt, daß es hier um eine intensive Zwiesprache ging.
G: >Ja, allerdings. Eine Geschichte haben wir auch. Wir sind leicht zu zähmen. Ihr Menschen habt uns bei der Hirschjagd als Jagdhelfer eingesetzt. Erst mußten wir das Wild zu Tode hetzten, dann griffen die Jäger ein. Das war schrecklich, denn wir hetzen nur, wenn wir Hunger haben und nicht zum Spaß.<
R: >Das sind abartige Erlebnisse, von denen du mir erzählst. Wir Menschen sind grausam mit dir umgegangen. Auch wenn du es nicht verstehst, ich bin auch abartig. Ich brauche jetzt etwas Süßes. Wir Menschen essen in unmöglichsten Momenten. Ich habe einfach Lust auf Schokoladengeschmack.< Rufus stand auf und holte sich aus dem Küchenschrank eine Tafel Zartbitterschokolade. Er riß die Verpackung auf , brach sich ein Stück der Süßigkeit ab, das er in den Mund steckte und mit Genuß lutschte. Anschließend nahm er den Geparden wieder ins Visier, indem er sich erneut auf dem Bett langmachte.
G: Schnurrt, schnurrt immer lauter. >Wenn wir Tiere schon Trophäen sind, bist du auch eine? Ich denke besonders an Frauen. Betrachten sie dich als eine?<
R: >Du meinst meine Rolle als Mann?<
G: >Ja, bist du nicht ein Frauenliebling? Ein Mann, der von den Frauen wegen seines begehrenswerten Äußeren gemocht und gejagt wird?<
R: >Daß ich gejagt werde, das finde ich gut. Es gefällt mir, etwas eitel bin ich schon.<
G:->Du willst gejagt werden. Du strengst dich also nicht an, eine Frau zu erobern?<
R: >Eine Frau erobern, das klingt nach Mittelalter. Warum darf ich für Frauen keine Jagdbeute sein. Es gefällt mir, wenn mich eine Frau anspricht und sich um mich bemüht. Und wenn du es genau wissen willst, ich mag es, wenn mir Frauen Komplimente machen. Es ist für mich eine tolle Bestätigung als Mann.<
G: >Du bist ein bequemer Langweiler. Im Job langsam unterwegs, nur mit dem Auto schnell, bei Frauen zurückhaltend. Ich kann mir nicht vorstellen, daß du alle Frauen damit begeisterst. Hast du denn keinen Jagdinstinkt?<
R: Schnaubt, er verschluckt sich an einem Bissen Schokolade. Es folgt ein Hustenanfall, der in lautes Lachen übergeht.
>Bei dir brauche ich Humor. Natürlich mag ich Frauen, aber nicht jede. Ich freue mich, wenn mich eine sexy Figur – ich meine Frau- ansieht.Eine Frau erobern, das ist immer so anstrengend. Ich bin etwas schüchtern Frauen gegenüber. Ich finde es toll, wie es meine Freundin Tea Sommerda macht. Sie ruft mich an, und manchmal kocht sie mir ohne große Worte mein augenblickliches Lieblingsessen, wie Radicchiorisotto, und dann Kalbsschnitzel mit Salbei. Ein Dessert gibt es bei einer Kochspezialistin wie Tea selbstverständlich auch. Ihre Apfeltartlets sind Genuß pur. Ich finde die gemeinsamen Abendessen toll. Hinterher schaut mir Tea in die Augen, nimmt meine Hand, anschließend verschwinden wir beide im Schlafzimmer. Perfekt. Auch habe ich nichts dagegen, wenn sie die Planung für ein Wochenende übernimmt. Das ist dann richtig gut durchorganisiert. Besser kann ich es nicht.< Rufus hörte auf zu reden. Über sein Gefühlsleben mit Tea hatte er nie so intensiv nachgedacht.
Der Gepard stand auf, streckte seinen Rücken der Länge nach, machte zwei Schritte nach vorne und ließ sich mit einem Satz fallen. Er schaute Rufus wieder direkt in die Augen, Es war ein nachdenklicher, durchdringender Blick.
G: >Was du erzählst, begeistert bin ich darüber nicht. Klingt eher als ob du eine Köchin brauchst, die nebenbei die Wochenendplanung erledigt. Aber brauchst du eine Frau?<
R: >Vielleicht nimmst du es mit Humor? Was ist gegen eine Frau einzuwenden, die kochen kann? Essen ist etwas sehr Sinnliches. Du stellst mich als unmännlich hin. Ich lasse es zu, daß Tea eine aktive Rolle übernimmt.<
G: >Langweiler, Langweiler.< Das Tier rollt sich zur Seite, scheint sich sichtlich wohlzufühlen.
R: Nicht ganz so entspannt. >Tea mag eben Langweiler, stell dir vor. Ich mache nicht auf harten Typ, bin auch kein Lederjackendreitagebartkommissar. Ich mag meine modischen italienischen Jacken. Meine Schuhe sind immer geputzt, Sneakers finde ich,passen auf den Sportplatz und nicht in die Stadt. Es liegt sicher am Alter. Tea ist etwas älter als ich. Sie ruht in sich, sie ist selbstsicher. Sie weiß, was sie will. <
G:>Und was machst du in dieser Beziehung?<
R:>Hoffentlich keine blöde Figur. Natürlich bemühe ich mich um unsere Erotik; das mache ich gerne, Teas Wünsche bin ich immer bereit zu erfüllen.<
G: >Du bemühst dich. Das klingt nach Sozialdienst, nach einer großherzigen Tat von dir. Von Leidenschaft und Herz-Schmerz ist da nicht die Rede.<
R: >Mein Seelenleben mag ich nicht auf dem Seziertisch sehen. Du übertreibst einmal wieder. Ich finde Tea sexy. Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Ich überrasche sie mit Konzertkarten, Musik hören wir dauernd. Sonntags machen wir gern einen langen Spaziergang am See entlang zum Yachthafen, mit der frischen Brise um unsere Nasen und den Blick ins Weite auf den See gerichtet. Das tut uns beiden gut. Gelebter Alltag eben!<
G: >Und deine Beziehung zu Tea, wie umschreibst du sie? Als nüchternen Fall, wie der analysierende Kommissar im Morddezernat die Mordfälle oder eher romantisch wie der sentimentale Mann beim Seespaziergang?<
R: >Aber wirklich, das ist doch kein Fall! Tea und ich wir begegnen uns auf vielfältigste Weise. Soll ich jetzt Sterne vergeben für die Beziehung, nach dem Motto 3 Sterne für super, 2 Sterne für mittelmäßig und 1 Stern für lau?<
G: >Wie empfindest du denn dein Privatleben? Was ist es für dich?<
R: >Das Beisammensein mit Tea ist gemütlich und unkompliziert. Sie beschwert sich auch nicht, wenn ich in einem kniffligen Fall stecke. Dann ist Tage lang keine Zeit für sie vorhanden.<
G: > Um es auf einen Punkt zu bringen. Sie stellt keine Forderungen an dich .< Die Raubkatze war inzwischen aufgestanden und schob den Kopf nach vorne. Sie spannte ihren Rücken an, um sich sogleich mit einem Satz nach vorne hinzusetzen, den Kopf stolz in die Luft gestreckt. Der Schwanz schweifte auf dem Boden entlang. Schnurrte. Schnurrte.
R: >Das ist Gepardenlogik. Blödsinnig, auch wenn es dir weh tut. Tea nimmt einfach mehr Rücksicht auf mich als es eine jüngere Frau täte. Sie hat größeres Verständnis für einen Mann. Sie benötigt selbst auch Zeit, um ihre eigenen Interessen zu leben.<
G:>Was bist du für sie, wenn du ehrlich bist?<
R: Antwortet schnell, zu schnell. Es fällt ihm sofort auf. >Der Sonntagabendliebhaber mit Aufstiegschancen zum Freund.<
G: >Tolle Aussichten! Das nennt sich Karriere in deinem Liebesleben. Ist das wirklich nach deinem Geschmack hinsichtlich einer erfüllten und prickelnden Partnerschaft?<
R: Ist nachdenklich geworden. >Es ist eine Basis. Und überhaupt. Ich kann mein Liebesleben eben nicht so gut beschreiben. Die Begegnungen mit Tea sind vielfarbig, einmal sind sie gemütlich, einmal aufregend, einmal spannend, einmal langweilig, einmal total schweigsam. Ich wünsche mir eine intensive Partnerschaft.<
Rufus setzt sich bei diesen Worten ganz aufrecht auf sein Bett, als ob er ihnen ein besonderes Gewicht verleihen möchte.
Читать дальше