G: >Intensive Partnerschaft. Meinst du das tatsächlich?<
Das Schnurren wird immer lauter.
R: >Intensive Partnerschaft, so wie ich es sagte.<
G: >Das heißt, du trägst jeden Tag den Abfall zur Tonne?<
R: Lacht laut. >Stimmt so. Mache ich aber nur im Jackett mit Hose und nicht im Jogginganzug. Ein Minimum an Stil muß sein.<
Der Gepard schüttelte seinen Kopf. Er schnurrte wieder lauter.
G: >Was gefällt dir nicht an der Tea-Rufus-Liebe? Sprich es aus.<
R: >Die Finanzen sind ein Problem oder werden eins. Tea ist als Kochbuchautorin sehr erfolgreich. Ihre Bücher sind Bestseller. Sie ist Großverdienerin. Ich dagegen habe nur mein Beamtengehalt als kleiner Kommissar, immerhin mit Pensionsanspruch. Ich muß manchmal sparen, während Tea mehr finanziellen Spielraum hat. Einladen lasse ich mich von ihr nur ungern. Des Geldes wegen gestritten haben wir aber noch nicht.<
G: >Meine Güte, seid ihr Menschen kompliziert. Wir laufen los, suchen uns ein Weibchen und los geht es mit der Liebe.<
R: >Ich bin doch kein Urzeitmensch. Auf Wildwest mit Eroberungsstrategien habe ich keine Lust.<
G: Schnurrt. Schaut eindringlich auf Rufus. >Vielleicht solltest du dir überlegen, wo du in zwei Jahren sein willst. Mit Tea oder ohne Tea? Was sagt dein Herz?<
R: >Ich weiß es nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob die Zuneigung zu Tea reicht für eine langfristige Mann-Frau-Aktion. Bis heute habe ich sie nicht zu mir nach Hause eingeladen. Mein neues Bett ist noch jungfräulich, die Matratzen haben noch keine Sexkapriolen mit einer Frau erlebt. Wie gefällt dir mein neues Bett und mein Schlafzimmer?<
G: >Du siehst ziemlich einsam und verloren aus auf dem großen Bett. Nackt unter dem Pyjama. Schaust du auch Pornos, spielst du deine eigenen Spiele?<
R: >Das reicht. Jetzt wird es aber delikat. Dazu sage ich nichts.<
Für Rufus war die Innenschau auf sein Privatleben längst überfällig. Daß er sich einmal Gedanken zu seinem Verhältnis zu Tea machen mußte, war ihm seit langem klar. Allmählich stellte er sich auch die Frage, warum er nicht fest liiert war? Hatte er Angst vor Frauen? War er etwa bindungsscheu? War es mit Tea überhaupt Liebe? Ziemlich viele Fragen auf einmal.
G: >Du wirst immer nachdenklicher. Hat dich mein Beziehungscheck an deiner Liebe zu Tea aufgeschreckt?<
R:>Du bist spitzfindig und anstrengend!<
G:>Hast du ein Geheimnis? Würdest du es mir verraten?< Schnurrt wieder, wie es Geparden tun.
R: Er schaute als ob er aus einem tiefen Traum erwacht wäre.
>Da kann ich ganz offen sein. Mein Geheimnis, das bist du. Ich werde niemandem anvertrauen, daß ich meine Gedanken mit einem Geparden teile. Sie sind absolut vertraulich. Und was ich vergessen habe, dir zu sagen. Im Morddezernat nennt man mich die Raubkatze. Ich soll auf meinen langen Beinen die Treppe in geschmeidigen, fließenden Bewegungen herauf- und herunterlaufen.<
G: Schnurrt. >Du machst mir Konkurrenz?<
R:>Wird mir wohl kaum gelingen. Eine Frage habe ich noch. Können Geparden Menschen von weither riechen?<
G: Die Katze hob wieder den Kopf. Sie lauschte in den Raum hinein. >Ich höre extrem gut. Und Menschen riechen?< Der Gepard drehte den Kopf zur Seite, stellte sich langsam auf, dehnte seinen sehnigen Rumpf und tastete sich mit seinen Beinen in vorsichtigen Schritten nach vorne. Schnurrt.
>Du riechst ziemlich komisch. Undefinierbar nach vermoostem Wald. Einfach stickig, Müll. Du solltest das Aftershave wechseln. Sexy Fehlanzeige. Am Duftsignal mußt du noch arbeiten.<
Er drehte seinen Körper. Rufus sah das Tier nur noch von hinten. Sein Schwanz pendelte in der Luft. Das ist wohl sein Abschiedsgruß, erkannte Rufus. Der Gepard verschwandt hinter dem Baumstamm. Weg war er.
Der Gedankenaustausch mit seinem Freund , dem Geparden, war beendet. Rufus stellte das Video aus. Die Konfrontation mit seinen Gefühlen hatte ihn reichlich müde gemacht. Sie hatte länger gedauert als er vorgesehen hatte. Oberflächlich ist der Gepard nicht.Er nimmt sein Seelenleben ganz mächtig auseinander. Rufus seufzte mehrmals intensiv auf.
Inzwischen krampfte sich sein Magen zusammen. Er hatte regelrecht Magenschmerzen. Das Frühstück war heute seine einzige Mahlzeit gewesen. Das mußte er sofort ändern. Er rutschte vom Bett, schlich sich in die kleine Küche, wo er die Dachluke öffnete. Er brauchte dringend frische Luft. Tief atmete er die kühle Brise ein, die vom Azursee über die Stadt wehte. Auf eine langwierige Kocherei hatte er keine Lust. Penne mit Tomaten, das macht nicht viel Umstände, dachte er. Deshalb setzte er Nudelwasser im hohen Topf auf, ohne Salz zu vergessen. Sonst schmecken die Teigwaren fade, hatte ihm zumindest Tea gesagt. Die Soße stand fertig gekocht vom Vortag im Kühlschrank. Er hatte sie selbst zubereitet, mit viel Peperoncino scharf abgewürzt; den Geschmack mit Rosmarin abgerundet. Er nutzte die Kochzeit, um mit seinem Assistenten Fabian Alt im Morddezernat zu telefonieren. Fabian Alt hatte Bereitschaft.
>Hallo Fabian, wie geht es? Gibt es etwas Dringendes<, fragte Rufus. >Chef, es ist alles ruhig, wie es der See ist, jetzt nach der Regatta>.
>Ist mir sehr angenehm. Heute gab es die Regatta, das habe ich völlig vergessen. Sollte sich etwas Wichtiges ereignen, rufst du mich an<, entgegnete Rufus. >Ist in Ordnung, Chef. Schönes Wochenende<, beeilte sich Fabian Alt wichtigtuerisch zu antworten.
Endlich konnte er die Nudeln herunterschlingen, denn zu mehr war er bei dem Heißhunger nicht fähig. Rufus mischte die gegarten Penne mit der inzwischen heißen Tomatensoße. Dann holte er den frischen Parmesan aus dem Kühlschrank. Mit der Käsereibe raspelte er sich Käsespäne auf seine Nudelportion. Gerade wollte er den ersten Gabelbissen in den Mund schieben, als sein Handy klingelte. Er legte die Gabel schwungvoll auf den Teller und checkte den Anruf. Er kam von Tea.
5: Zusammenprall der Mohnblüten
Cap Mondrian war eine romantische Sommerfrische am Azursee mit bunten, großen Häusern und alten Sandsteingebäuden im Stadtzentrum und etlichen neu erbauten Hochhäusern am Stadtrand. Der Ort erinnerte in seiner Stadtgestaltung an den niederländischen Maler Piet Mondrian. Ein Bürgermeister im vergangenen Jahrhundert liebte diesen Künstler. Er regte an, Häuserfassaden nach Gestaltungselementen von Mondrians Kunst anzumalen. Zu Ehren des Künstlers wurde der Ort in Cap Mondrian umbenannt. Früher hieß der Ort schlicht Cap Rosen am Azursee.
Der Stadtkern zeigte sich eben mondrianmäßig. Einige geradlinige Straßen zeigten rote Hausfassaden, während andere kerzengerade angeordnete Häuser gelbe Anstriche aufwiesen. Die Häuserdächer waren tief schwarz. Es gab etliche rechteckig angelegte Plätze mit Cafes, Restaurants und Boutiquen. Im Sommer schien meist die Sonne. Es war hell auf den Plätzen, in den Straßen und in den kleinen Gassen. In der Stadt herrschte ein südländisches Flair. Die Promenadenallee war die prächtige Hauptstraße von Cap Mondrian. Auf der linken Straßenseite standen gelb angestrichene Häuser, rechts waren sie rot. Auf beiden Seiten reihten sich Platanen entlang. Im Sommer spendeten sie Schatten. Unter den Bäumen saß man in Korbstühlen und erholte sich von seinen Einkäufen in den zahlreichen Geschäften. In den Bars und kleinen Cafes trafen sich Einheimische, Segelbegeisterte, Touristen und Rufus Vogl mit seinen Mitarbeitern zu kühlenden Drinks bei Sommerhitze und Punsch im Winter. Rufus Vogl, Hauptkommissar des Morddezernats, nippte seinen Espresso bevorzugt in der Bar „Azuro“.
An die Promenadenallee grenzte der städtische Park aus dem 19. Jahrhundert. Der Park war ein Rosengarten, wovon der frühere Name des Ortes Cap Rosen herrührte. Viele der Pflanzen dort hätte jeder Rosenliebhaber gerne gehabt. Die Sorten waren sehr selten und alt. Es duftete betörend süß aus den Blütenkelchen. Ein Grund, weshalb es nachts Rosendiebe gab. Polizisten schoben im Park Nachtwache. In den Rosenbeeten wuchsen kleinwüchsige Stämme neben hoch aufwachsenden Rosenstöcken. An den Rändern des Parks ragten Rosenhecken auf, dazwischen steckten Kletterrosen und Clematispflanzen an Rankgittern. Die Rosen blühten in voller Pracht in allen Farben von tiefem Rot bis zu hellem Cremeweiß von Juni bis Oktober.
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