Nicolaus Peter Pistorius war von Dezember 1700 bis Juni 1706 erster Pastor in Grevesmühlen, nachdem er am 25. September 1698 zum zweiten Pastor gewählt worden war. So haben zwei Jahre lang Vater und Sohn Pistorius nebeneinander im Pfarramt gestanden. Nicolaus Peter Pistorius bewohnte als zweiter Pastor, wie es üblich war, das Pfarrhaus in der Kirchstraße. Als 1701 Julius Ernst Hahn als zweiter Pastor nach Grevesmühlen kam, hätte er eigentlich in dieses Pfarrhaus einziehen müssen. Doch der zum ersten Pastor aufgerückte Nicolaus Peter Pistorius bestand darauf, dort weiter zu wohnen, und überzeugte Hahn bei dessen Amtsantritt, in den bisherigen Wohnsitz seines Vaters, das Pfarrhaus am Kirchplatz, einzuziehen.
Am 1. November 1698 hatte Nicolaus Peter Pistorius Elisabeth Tarnow, die Tochter von Johann Tarnow dem Jüngeren, geheiratet. Beider Sohn amtierte in Eldena. Am 10. Februar 1706 wurde Nicolaus Peter Pistorius zum Prüpositus gewählt. Er starb im Alter von 39 Jahren. Er wurde am 9. Juni 1706 beigesetzt. Auf seinem Grabstein, der besonders gut erhalten und gegenüber dem Turmeingang in unserer Kirche aufgestellt worden ist, unter dem er mit seiner Gattin „Elisabeht Pistorius geb. Tarnauen“ bestattet worden war, stehen u. a. die Worte: „Wie ruhig schläfet hie bei seiner Heerd’ der Hirt, bis Jesus, unser Herr, ihn einst erwecken wird.“ Am 20. Juli 1706 lag schon eine Bewerbung um seine Nachfolge vor.
Als die Gemeinde im Juni 1706 ihren ersten Pastor durch dessen unerwarteten Tod verloren hatte, herrschte allgemeine Ratlosigkeit. In einer Bittschrift an den Herzog klagt die Gemeinde: „In wenig verstrichenen Jahren sind wir bei unserem Gottestempel und Kirchspiel sehr unglücklich gewesen, indem 4 gelehrte Männer nacheinander aus dem Amt geschieden sind.“ Für die Gemeinde bedeutete das sowohl Sorge um das Schicksal der hinterbliebenen Angehörigen als auch zusätzliche finanzielle Belastung, denn „ 2 priester wittiben, als eine Seniorin (Senior wurde der erste Pastor genannt) und eine Präpositin sollten mit Wohnungen und anderen alimoniis (Lebensunterhalt) providiert (versorgt) sein.“ Nach der Vorstellung der Gemeinde sollte deshalb die Neubesetzung der Pfarre mit der Witwenfürsorge verbunden werden: „Geruhen nun Eure Durchlaucht, dass die Präpositin als eine junge Frau mit ihren un-mündigen vaterlosen Kindern bei der Pfarre verbleiben sollte.“ Der Nachfolger Pistorius’ im Pfarramt sollte also die Witwe heiraten. Aber diesmal blieb die Bitte der Gemeinde an den Landesvater ungehört. Auch der Vorschlag des Superintendenten Grünenberg, den Licent. Niehenk als ersten Pastor in Grevesmühlen einzusetzen, wurde vom Herzog ganz entschieden abgelehnt. Dieser hatte völlig andere Pläne. Die in Grevesmühlen übliche Wahl eines neuen Pastors fand diesmal nicht statt.
Von 1706 bis 1709 blieb die erste Pastorenstelle in Grevesmühlen vakant.
Magister Joachim Stoeff war von 1709 bis 1721 erster Pastor in Grevesmühlen. Stoeff wurde um 1673 in Hamburg als Sohn des Bürgerkapitäns Heinrich Stoeff und dessen Ehefrau Margarete geb. Schuttin geboren. Er besuchte in Hamburg mehrere höhere Schulen und studierte vermutlich an der Rostocker Universität Theologie. Am 15. September 1698 promovierte Stoeff in Rostock und erwarb dort den Titel „Kaiserlicher Poet“, nachdem er bereits 1696 zum Pastor geweiht worden war. Ob dieser Titel aber den Ausschlag dafür gegeben hatte, dass Stoeff ganz offensichtlich vom Landesherrn protegiert wurde, kann nicht belegt werden.
1918 schrieb der Grevesmühlener Pastor und Propst Otto Münster: „Die Ernennung von Magister Joachim Stoeff scheint durch hohe Gönnerschaft ins Werk gesetzt zu sein.“ Obwohl sich Superintendent Grünenberg offen gegen die Einsetzung Stoeffs als erster Pastor in Grevesmühlen aussprach und ihn beim Herzog verdächtigte, ein Anhänger des in Mecklenburg-Schwerin verpönten Pietismus zu sein, setzte ihn der Landesherr nicht nur als ersten Pastor ein, sondern ernannte ihn auch gleichzeitig als Präpositus. Der Herzog gab dem Superintendenten Grünenberg allerdings die Erlaubnis, Stoeff bei seinem Eintritt ins Pfarramt zu examinieren. Dabei erwies es sich denn auch, dass „seine Studia mediocria, die experience aber eine sehr geringe“ war und die Aufsicht über seine Amtsführung erforderlich wäre. Ferner hatte Grünenberg erneut Vorbehalte gegen Stoeff, weil „er sich verdächtig mache, als laboriere er an dem Pietismo oder wenigstens einem gefährlichen Teil desselben.“ Ob sich Stoeff in der Folgezeit in seiner Amtsführung bewährt hat, geht aus den Akten nicht hervor.
Da Stoeff bereits seit 1708 mit der Hamburgerin Gesa Bösche verheiratet war, konnte „die Seniorin“ nicht, wie es die Gemeinde wünschte, „bei der Pfarre bleiben“.
Während Stoeffs Amtszeit wurde eine getriebene Messingschale, deren Rand mit Frucht- und Blattornamenten verziert war, die Jochim Fincke 1707 gestiftet hatte, am südlichen Pfeiler des Chores zu Aufnahme der Abendmahlsopfer angebracht.
Als Präpositus veranlasste Stoeff, dass am 18. Juli 1710 eine neue Verordnung bezüglich der Gräber in der Grevesmühlener Kirche erlassen wurde. Darin wurde ausdrücklich erlaubt, dass auch weiterhin Leichen in der Kirche bestattet wurden. Begräbnisplätze konnten gekauft werden: „Den Vorzug hat das (sic!) Chor, darnach, was nahe dem Chor ist mit dem breiten Mittelgang, ferner die Vorderseite mit der Neuen Kapelle.“ Der Preis betrug 5 bis 6 Reichstaler je Person, wenn „bis auf die Verwesung (40 Jahre) gekauft wurde.“ Bei Erbbegräbnissen waren für jede beigesetzte Leiche 16 bis 20 Reichstaler zu zahlen. Es gab aber auch Begräbnisplätze in der Kirche oberhalb des Erdbodens in einem Gewölbe, sowie im Hohen Chor unter der Erde. Alle Begräbnisplätze mussten nach 50 Jahren neu gekauft werden. „Die Begräbnisse sind 2 – 4 Leichen lang und 2 – 5 Leichen breit.“ Insgesamt waren 45 Begräbnisplätze in der Kirche vorhanden, die zumeist mit Steinplatten abgedeckt waren. Für die Öffnung eines Grabes zu einer Beisetzung war ein Reichstaler zu entrichten. Die Gräber durften vom Erwerber oder dessen Erben weiterverkauft werden, wobei die Kirche das Vorverkaufsrecht hatte.
Als erster Pastor veranlasste Stoeff, dass der an der West- und Südseite infolge von Brand und Verwitterung baufällig gewordene Turm der St.-Nikolai-Kirche 1714 ausgebessert wurde.
1721 beschwerten sich Joachim Stoeff und Johann Christian Schuster als Grevesmühlener Pastoren in einem Schreiben beim Herzog, dass „unruhige Gemüter vor dem Wismarschen Tor bei dem Gottesacker ein Schießhaus erbauen“ wollten. Der Kirchhof sollte als Garten zum Schießhaus gelegt werden. Der Ort sei aber „zum Schlafhause der Christen von alters her destinieret.“ Die Schützenzunft habe sich nicht vom Bau des Schießhauses neben dem Kirchhof abhalten lassen. Sie erhebe Anspruch auf den Platz, da dieser ihr von jeher zugekommen und „daselbten“ früher eine Vogelstange gestanden habe. Seitens der Pastoren wurde das bestritten mit der Begründung, dort müsse eine Kapelle gestanden haben, denn der unweit gelegene Berg heiße noch heute Kapellenberg. Auf dem Gottsesacker seien noch zu ihren Lebzeiten zahlreiche Beerdigungen vorgenommen worden. Ob der Protest der beiden Pastoren Erfolg hatte, konnte nicht ermittelt werden.
Magister Joachim Stoeff starb am zweiten Advent, dem 7. Dezember 1721, abends um 4 Uhr nach zwölftägiger Krankheit in Grevesmühlen. Er hinterließ eine Witwe und eine kleine Tochter. 1729 (Albrecht schreibt 1724) zog Gesa Stoeff mit ihrem Kind nach Hamburg zurück.
Johann Christian Schuster sen.
Johan Christian Schuster sen. war erster Pastor in Grevesmühlen von 1722 bis 1739. Schuster stammte aus Crivitz, war der Sohn des dort ansässigen Hans Schuster und wurde in seiner Vaterstadt am 18. Juli 1672 getauft.
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