Obwohl wir uns in unserer westlichen Welt für freiheitlich und tolerant halten, reglementieren wir viele Dinge so sehr, dass genetische Veranlagungen nicht auf entsprechende Angebote stoßen und daher einige Personen in unserer westlichen Welt keine Erfüllung finden können. Eine solche Reglementierung ist beispielsweise das Verbot von Kriegsspielzeug in vielen westlichen Ländern. Viele Eltern sind besorgt über die Neigung ihres (meist) männlichen Nachwuchses zu Kriegsspielzeug. Diese Neigung wird daher von vielen Eltern gezielt unterdrückt und dem Kind werden entsprechende Angebote bewusst entzogen. Es stellt sich die Frage, ob diese erzwungene Unterdrückung für die Entwicklung des Kindes tatsächlich förderlich sein kann. Vermutlich ist das nicht der Fall.
Sie machen vermutlich den gleichen Fehler wie die Elterngenerationen zuvor: Sie glauben, es nun besser zu machen.
An diesem Beispiel kann man aber recht gut sehen, dass bestimmte Neigungen genetisch verankert sind und nicht anerzogen wurden. Denn gerade pazifistisch eingestellte Eltern sind über die Neigung ihres Sprösslings zu Kriegsspielzeug alles andere als glücklich und die Ursache für die Neigung des Kindes dazu kann daher nicht aus dem sozialen Umfeld stammen, sondern muss aus einer genetisch verankerten Veranlagung stammen. Manche Menschen sind schon seit der Kindheit von Gewalt fasziniert, andere lehnen diese ab und streben eine möglichst große Harmonie an. Um es überspitzt zu formulieren: Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass sich der Sohn eines salafistischen Hasspredigers zum weltoffenen, toleranten Buddhisten entwickelt, selbst dann nicht, wenn er in einem anderen Elternhaus aufwachsen würde.
Ideologische Verhaltensweisen scheinen also genetisch verankert und deren Ausleben hängt möglicherweise von der Art und Anzahl der Angebote in späteren Lebensphasen ab. Wenn ein Individuum in einer Gesellschaft aufwächst und nicht auf Angebote stößt, welche den genetischen Neigungen entsprechen, dann ist es wahrscheinlich, dass „Alternativangebote“ wahrgenommen werden. Angebote, welche gesellschaftlich nicht konform sind. Da aber die Bandbreite dessen, was gesellschaftlich konform ist, aus rein systemischen Gründen immer kleiner wird, wird auch die Anzahl der Individuen stetig größer, welche der Gesellschaftsordnung als solches kritisch begegnen, sich von ihr abwenden oder ihr gar feindlich gegenüberstehen, Auf diesen Punkt werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch genauer eingehen.
Wenn man sich wieder dem Beispiel der angelsächsischen Invasion Englands zuwendet, wird man feststellen, dass die Denkweise der Angelsachsen gegenüber der Denkweise der Kelten eine völlig anders gewesen sein muss. Sie müssen so etwas wie einen Stammesstolz oder dergleichen besessen haben. Alles Keltische war ihnen zuwider und sie haben es bekämpft und systematisch ausgelöscht wo sie nur konnten. Das beweist die Tatsache, dass sich heute nur noch einige wenige Worte keltischen Ursprungs in der englischen Sprache finden. Dies weist auf eine ganz systematische, planvolle Verdrängung hin. Sprache erweist sich im Allgemeinen gegenüber Verdrängungsmechanismen als ausgesprochen zäh. In vielen Fällen wird die Sprache, oder große Teile davon, von den Verdrängern übernommen. Zwar bleibt genetisch von den Verdrängten oft nichts oder nicht viel übrig, aber meist bleiben große Bestandteile der Sprache erhalten (siehe Finnland). Wenn selbst die Sprache, wie im Falle der keltischen Sprache, regelrecht ausgerottet worden ist, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein systematisches Vorgehen gehandelt haben muss. Ähnlichkeiten dieser Tatbestände kann man auch bei der Einstellung der Engländer gegenüber den Schotten und Iren beobachten, wenn auch weniger dramatisch.
Kaum ein Schotte spricht noch seine ursprüngliche Sprache (Schottisch-Gälisch oder Scots). Hier wurde die Sprache stärker verdrängt als die Individuen. Aber auch hier sieht man, dass eine Gruppierung immer schwächer wird, je weniger sie dazu bereit ist, Widerstand gegen alles Fremdartige aufzubringen. Vieles, was die Schotten mehr oder weniger widerstandslos auf sich nehmen mussten, wäre im umgekehrten Fall für die Engländer undenkbar gewesen und nur mit brachialer Gewalt und unter erbittertem Widersand, wenn überhaupt, durchzusetzen gewesen. Es ist den Engländern gelungen, einen erheblichen Teil der schottischen Sprache und der schottischen Identität zu verdrängen. Solche Verdrängungsvorgänge führen schließlich zur kompletten Auflösung der Gruppierung als solche. Übrig bleibt nur die Verdrängergruppierung. Die bedrängte Gruppierung verschwindet mit der Zeit und mit ihr ihre Sprache oder ihr Dialekt, ihre Kultur, ihre Errungenschaften (diese werden nämlich später anderen Gruppierungen zugeordnet) und all das, was eben diese Gruppierung ausmacht hat. So sind die Verdrängungsvorgänge im Falle Schottland schon so weit fortgeschritten, dass in einem Unabhängigkeitsreferendum aus dem Jahr 2014 eine, wenn auch kleine, Mehrheit gegen die Unabhängigkeit Schottlands stimmte.
Obwohl die Abspaltung von England für die Schotten mit ganz konkreten wirtschaftlichen Vorteilen verbunden wäre, stimmte die Mehrheit gegen die Abspaltung von Großbritannien. Es stellt sich die Frage warum?
Schließlich würden ganz erhebliche Einnahmen aus der Ölindustrie dem kleinen Schottland ganz allein zufallen, während diese nun auf das ganze Vereinigte Königreich verteilt werden und nur ein kleiner Teil der Einnahmen wieder zurückfließt. Auch müssten die Engländer für zahlreiche Einrichtungen, zum Beispiel Militärhäfen, Flugplätze oder Ähnlichem, Pacht zahlen, da sie diese im Ausland betreiben – was sie im Inland natürlich nicht tun müssen.
Wenn man die einstigen Kolonien Englands näher betrachtet, wird man feststellen, dass diese nicht aus Humanismus in die Unabhängigkeit entlassen wurden, sondern aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Zu Beginn der Kolonisierung erbrachten die Kolonien nämlich teileweise enorme Gewinne und erforderten nur vergleichsweise geringe Aufwendungen. Die Gewinne wurden aber immer kleiner und die Aufwendungen immer größer. Dies schwankte von Kolonie zu Kolonie, tendenziell war dies aber bei allen der Fall, insbesondere nach dem teuren zweiten Weltkrieg.
Wahlen vermitteln immer den Eindruck absoluter Gerechtigkeit. Aber das Ergebnis einer Wahl schwankt, je nachdem welche Konditionen für eben diese Wahl aufgestellt wurden. Man kann zum Beispiel bestimmte Gruppierungen oder Regionen ausschließen oder andere ganz bewusst mit in die Wahl einbeziehen. Oder es werden so lange Wahlen abgehalten, bis das gewünschte Ergebnis erreicht wird. Bei dem erwähnten Referendum durften nicht nur die Schotten abstimmen, sondern alle in Schottland mit Wohnsitz registrierten Personen. Also auch die in Schottland lebenden Engländer. Nur ganz wenige davon haben natürlich für ein unabhängiges Schottland gestimmt. Dies trifft auch auf andere Zugezogene wie Inder oder Pakistanis zu. Die überwiegende Mehrheit hat selbstverständlich gegen die Unabhängigkeit gestimmt. Würde man die „englischen Stimmen“ herausrechnen, wären die Schotten heute unabhängig!
Hätte man als Kriterium für die Wahlberechtigung nicht alle Personen mit schottischem Wohnsitz genommen, sondern alle Personen, welche einen schottischen Wohnsitz haben und in Schottland geboren wurden, hätten das Ergebnis dieses Referendums vermutlich ganz anders ausgesehen. Dies hat man natürlich wohlweislich nicht getan.
Ebenso macht es bei Volksabstimmungen dieser Art einen Unterschied, wie die Frage formuliert wird. Es ist nämlich erweisen, dass dort eine starke Tendenz vorherrscht, vermehrt mit „Nein“ zu stimmen. Das heißt, es macht einen Unterschied, ob die alles entscheidende Frage so formuliert wird: „Soll Schottland unabhängig werden?“ oder: „Soll Schottland Teil von Großbritannien bleiben?“ Wenn man also bei einem Volksentscheid ein bestimmtes Ergebnis wünscht, sollte man die Frage so formulieren, dass ein „Nein“ das gewünschte Ergebnis liefert
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