Möglicherweise sind wir auch deshalb heute in Westeuropa im Allgemeinen viel toleranter, weil besonders mutige Individuen viel stärker den Selektionsprozessen der großen mechanisierten Konflikte des zwanzigsten Jahrhunderts unterlagen als eher feige Personen. Jedenfalls war man vor diesen Konflikten in den westlichen Staaten im Allgemeinen in praktisch allen Bereichen deutlich intoleranter. So intolerant wie heute Gesellschaften, welche nicht in diese Konflikte involviert waren, wie beispielsweise dem Iran.
Toleranz hat daher immer etwas mit der eigenen Position zu tun. Wer keinen Besitz oder keine Fähigkeiten hat, kann leicht Toleranz fordern, da dies mit keinem Risiko für die eigene Situation verbunden ist. Beispielsweise ist diese Toleranz, von der immer wieder in den Medien die Rede ist, keine wirkliche, weil es praktisch immer so ist, dass derjenige, der öffentlich von Toleranz spricht, selbst keinerlei persönliches Risiko trägt. Wer also beispielsweise öffentlich von Toleranz im Zusammenhang mit der Aufnahme von Flüchtlingen spricht, der meint immer die Toleranz von anderen, während er selbst vermutlich kaum dazu bereit wäre, Flüchtlinge kostenlos in seinem eigenen Haus aufzunehmen.
Genau das wäre tolerant. Aber solche Fälle kommen selten vor oder werden so arrangiert, dass sie nur ein singuläres Ereignis bilden, damit sie immer wieder als Beispiel herangezogen werden können. Noch besser wäre es, wenn andere, die so etwas getan haben, als Beispiel herangezogen würden. Moralisch wäre es aber, wenn jemand, der öffentlich Toleranz einfordert, die risikobehafteten Tatbestände, die eben mit dem Gewähren dieser Toleranz einhergehen, auch selbst trägt. Dies ist aber zumeist nicht der Fall. Viele Fälle, bei denen öffentlich Toleranz gefordert wird, haben sogar gegenteiligen Charakter: Derjenige, der öffentlich Toleranz fordert, geht nicht nur persönlich keinerlei Risiko ein, er kann sogar politisch, finanziell oder auf anderer Art und Weise Kapital daraus schlagen.
Es gibt also einen Zusammenhang zwischen der allgemeinen Toleranz einer Gruppierung und deren Reproduktion. Je toleranter, desto weniger reproduktiv ist eine Gruppierung und umgekehrt. Ebenso scheint es einen Zusammenhang zwischen Reproduktion und den Selektionsbedingungen, insbesondere während der großen mechanisierten Kriege des zwanzigsten Jahrhunderts, zu geben. Der scheinbar freiwillige Volksselbstmord der japanischen oder deutschen Bevölkerung ist kein willkürlicher Zustand, sondern basiert auf spezifischen Ursachen. Die Reproduktion von Japan und Korea beziehungsweise Deutschland und Österreich liegt deutlich unter der Selbsterhaltungsschwelle. Dies kann kaum ein Zufall sein.
Es ist kaum zu glauben, aber diese Nationen begehen viel effizienter einen Genozid am eigenen Volk, als dies beispielsweise die chinesische Regierung mit rigiden, teilweise brutalen Maßnahmen vermag (welche übrigens vor Veröffentlichung dieses Buches eingestellt wurde). Trotz der erzwungenen chinesischen Ein-Kind-Politik liegen nämlich die chinesischen Reproduktionsraten deutlich über denen von Deutschland, Japan, Korea oder Österreich. Scherzhaft könnte man meinen, dass die chinesische Regierung sich das falsche Volk ausgesucht hat. Man kann in der Geschichte immer wieder erkennen, dass erzwungene Maßnahmen weit weniger in die Köpfe der Menschen eindringen als es die Initiatoren gerne hätten. Hier kann die chinesische Regierung viel von den extrem reproduktionsschwachen Nationen lernen. Ein Gift muss offensichtlich nur süß genug schmecken, damit es freiwillig genommen wird. Jedenfalls scheint es viel effizienter als ein bitteres Gift gewaltsam einzuflößen.
Einige Staaten (insbesondere Deutschland) lösen das Problem der schwindenden eigenen Bevölkerung dadurch, dass sie Menschen anderer Nationen mit offenen Armen empfangen. Dies ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Denn die zugewanderten Menschen kommen ja nicht aus dem Nichts – sie fehlen in ihren Heimatländern. Dies wirkt natürlich destabilisierend auf die betroffenen Staaten und sorgt dafür, dass genau dieser Prozess sich immer weiter selbst verstärkt. Denn die Wohlstandsdifferenz wird mit andauendem Prozess immer größer. Ursächlich hierfür ist nicht, dass es in den Zuwanderungsstaaten zu einer Wohlstandssteigerung kommt, vielmehr kommt in den Abwanderungsstaaten zu einem Wohlstandsabfall.
Teilweise ist es sogar so, dass Nationen wie Deutschland, welche Menschen aus diesen Ländern aufnehmen, gleichzeitig diese mit Entwicklungshilfe unterstützen. Würde man diesen Vorgang, der sich auf Staatsebene abspielt, auf eine persönliche Ebene projizieren, würde man diesen sicher als extrem heuchlerisch bezeichnen. Denn man würde diese Länder dann bei Weitem mehr unterstützen, man würde ihnen ihre Bevölkerung lassen. Man nimmt diesen Staaten damit praktisch jedwedes Entwicklungspotential für die Zukunft und macht sie dauerhaft abhängig. Dies ist im Grunde eine Wiederaufnahme der Kolonialpolitik. Denn auch in der klassischen Kolonialpolitik drehte es sich in erster Linie um Geld. Die Gewinne in den früheren Kolonien wurden von privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen abgeschöpft, während alle sonstigen kostenintensiven Erscheinungen dem Staat aufgebürdet wurden, wie zum Beispiel der Ausbau von Infrastruktur, militärischer Schutz oder Ähnlichem. Diese Unternehmen übten teilweise erheblichen Druck auf ihre Regierungen aus und rührten kräftig die Werbetrommel für die Kolonien. Eben weil es eine Aufteilung zwischen Gewinnen und Kosten gab – und sie sich nur für den gewinnträchtigen Teil zuständig fühlten. Irgendwann wurde es aber auch für viele Staaten so teuer, dass es (insbesondere nach dem teuren zweiten Weltkrieg) ein deutliches Bestreben dahingehend gab, die Kolonien zu outsourcen. Nach außen hin wurden natürlich humanistische Aspekte in den Vordergrund gerückt.
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