Während die Waliser dazu übergingen, mit Nachdruck ihre bedrängte Kultur zu verteidigen, haben die Schotten weniger Widerstand gegenüber den Invasoren aufgebracht: Nur etwa 1% der dort lebenden Bevölkerung spricht eine der ursprünglichen Sprachen. Wenn man sich eine Karte der Sprachverdrängung ansieht, wird man feststellen, dass die Verdrängung umso vollständiger ist, je näher man sich am Verdränger befindet: In einem einhundert Kilometer breiten Streifen entlang der schottisch-englischen Grenze spricht so gut wie niemand eine der ursprünglichen Sprachen. Je weiter man sich von der Grenze entfernt, umso hoher wird der Anteil derer, die dies noch können. Könnte man eine Karte der genetischen Verdrängung erstellen, so würde diese vermutlich ähnlich aussehen wie die Karte der sprachlichen Verdrängung.
Man kann aus den beschriebenen Sachverhalten ganz unmittelbar den Rückschluss ziehen, dass Erscheinungen wie Nationalstolz, Gefühle der religiösen Auserwähltheit, Stolz auf die eigene Herkunft oder Ethnie und der damit verbundenen Abgrenzung gegenüber Individuen außerhalb der eigenen Gruppierung überaus positive Auswirkungen auf das Überleben der jeweiligen Gruppierung hatten und immer noch haben.
Es ist daher äußerst fraglich, ob insbesondere westliche Gesellschaften vernünftig und verantwortungsvoll handeln, wenn sie solche Erscheinungen in der eigenen Mehrheitsgesellschaft bewusst unterdrücken, während sie sie in den verschiedenen Minderheitsgruppierungen tolerieren beziehungsweise ignorieren.
Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die keltische Bevölkerung (zumindest ein großer weiblicher Teil davon) zu Beginn der angelsächsischen Invasion keine besonderen Aversionen gegenüber den angelsächsischen Invasoren hatte – also keine Abgrenzung an den Tag legten. Es liegt natürlich die Vermutung nahe, dass auch gegenüber der weiblichen Bevölkerung Gewalt im Spiel war und die Frauen durch Vergewaltigung geschwängert wurden und durch Zwang dazu genötigt wurden, bei ihren angelsächsischen Männern zu bleiben. Dies ist allerdings ein wenig realistisches Szenario. Dagegen spricht schon das blanke Zahlenverhältnis. Die keltischen Frauen müssen freiwillig bei ihren angelsächsischen Männern geblieben sein, denn Gelegenheit zur Flucht gab es sicher reichlich. Es kann unmöglich sein, dass die angelsächsischen Männer permanent bei ihren Frauen blieben, um Kontrolle über sie auszuüben und gleichzeitig (bei zahlenmäßiger deutlicher Unterlegenheit) erfolgreich gegen die keltischen Männer kämpften. Vielmehr muss es so gewesen sein, dass die Frauen keine (oder eine nur wenig ausgeprägte) Verbundenheit zu ihrem eigenen Volk an den Tag legten. Es dürfte wohl so gewesen sein, dass sie freiwillig den Nachwuchs ihrer angelsächsischen Männer großzogen. Diese Nachkommen verstanden sich als Angelsachsen und nicht als Kelten. Auch müssen sie gewusst haben, dass die Invasoren die Männer ihres eigenen Volksstammes töteten. Diese Sachverhalte dürften aber auf die Mehrheit der angelsächsischen Männer zutreffen, denn die Zahlen legen nahe, dass der durchschnittliche angelsächsische Mann mehrere keltische Männer tötete und auch mehrere Kinder mit keltischen Frauen zeugte. Anders ist die vollständige Verdrängung der keltischen Kultur innerhalb weniger Generationen kaum zu erklären.
Hätten die keltischen Frauen aber so etwas wie einen Stammesstolz, Volksstolz, Patriotismus oder dergleichen an den Tag gelegt, wären die Invasoren vollkommen chancenlos gewesen. Zwar waren sie ihren keltischen Gegnern offensichtlich militärisch überlegen, aber ihre Erfolge hätten nicht ewig andauern können. Bei diesem zahlenmäßigen Ungleichgewicht wäre es früher oder später zu einer entscheidenden Niederlage gekommen, welche bei einer solchen zahlenmäßigen Unterlegenheit irreversible Folgen gehabt hätte. Durch einen solchen militärischen Sieg beflügelt, wäre es zu weiteren Schlägen gegen die Invasoren gekommen, welche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Ende der Angelsachsen auf den britischen Inseln bedeutet hätte. Dazu kam es aber nicht. Vielmehr müssen die Kelten die Angelsachsen als Bedrohung unterschätzt haben und daher mehr oder weniger widerwillig und defensiv bekämpft haben. Aufgrund des Zahlenverhältnisses müssen die Kelten Gelegenheiten gehabt haben, den Gegner entscheidend zu schlagen. Diese haben sie aber offensichtlich ungenutzt verstreichen lassen. Wenn sie geschlossen und auch entschlossen aufgetreten wären, wäre ihre zahlenmäßige Überlegenheit derart erdrückend gewesen, dass auch die besten Waffen, Kämpfer und Taktiken des Gegners keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.
Die Angelsachsen müssen hingegen strategisch vorgegangen sein und die Gelegenheiten, die sich ihnen darboten, sofort militärisch genutzt haben. Während die Angelsachsen so etwas wie einen Stammesstolz hatten, musste bei den Kelten eine eher pragmatische Denkweise vorgelegen haben. Sie machten sozusagen immer genau das, was unmittelbar Sinn ergab– und genau das führte scheinbar in den Untergang.
Was nützt es, getötete Landsleute zu rächen? Die werden dadurch auch nicht mehr lebendig.
Würde es sich lohnen, ein verlorenes Gebiet zurückzuerobern? Eher nicht.
Was würde es bringen, sich gegenüber der angelsächsischen Herrschaft aufzulehnen? Wohl nichts.
Keltische Frauen haben sicher auch ganz opportunistisch die Vorzüge der angelsächsischen Männer bedacht. Diese konnten ihnen Schutz bieten und vor allen Dingen Ressourcen wie erbeutetes Land, Vieh und derlei Dinge.
Es ist erstaunlich, dass die logisch-pragmatische Denkweise der Kelten der ideologisch verblendeten Denkweise der Angelsachsen unterlegen war. Es scheint so, als ob die Angelsachsen ihrerseits alles Keltische ablehnten und bekämpften. Die Tatsache, dass Ideologie der Logik überlegen sein soll, ist mit unserer westlichen, von Logik geprägten Welt, schwer zu vereinbaren.
Evolutionär ist aber eine ideologische Denkweise einer logisch-pragmatischen eindeutig überlegen und daher auch genetisch in uns allen mehr oder weniger stark verankert.
In welcher Art und Weise und in welcher Intensität diese prinzipiell verankerte Veranlagung ausgelebt wird, steht bei Geburt natürlich noch nicht fest. Allerdings gibt es schon eine Weichenstellung hinsichtlich der Auslebung der bereits vorhandenen Veranlagungen.
Es könnte also sein, dass eine Person bei bestimmten Veranlagungen eher dazu tendiert, ein freiheitlich denkender Buddhist oder ein Anhänger der Feng-Shui-Lehre zu werden. Andere Veranlagungen könnten dazu führen, dass eine Person eher dazu neigt, sich zum Waffennarr oder IS-Kämpfer zu entwickeln. Wie diese bereits vorhandenen genetischen Veranlagungen im späteren Leben ausgelebt werden, hängt davon ab, auf welche Angebote die Person im späteren Leben stößt. Diese Angebote können die bereits vorhandenen Anlagen mehr oder weniger befriedigen. Eine beliebige Person wird sich also je nach Veranlagung innerhalb einer bestimmten ideologischen Gruppierung zu einem besonders radikalen oder besonders liberalen Mitglied entwickeln – oder die Gruppierung verlassen, weil diese nicht den sich entwickelnden Veranlagungen entspricht.
Dieser Zusammenhang kann beispielsweise dazu führen, dass eine Person, welche sich in einer bestimmen Gruppierung besonders engagierte, dort keine wirkliche Befriedigung mehr findet und in eine andere Gruppierung wechselt. Also beispielsweise zu einem militanten Islamisten wird, weil in unserer westlichen Welt keine adäquaten Angebote für die entsprechende genetische Veranlagung zur Verfügung stehen. Es kann daher durchaus vorkommen, dass sich Personen ohne entsprechenden religiösen oder kulturellen Hintergrund scheinbar spontan dem IS zuwenden. Sie sind schlichtweg auf keine adäquaten Angebote in ihrem Leben gestoßen. Die gleichen Personen hätten sich daher auch zum Rechtsradikalen entwickeln können und wären dann wahrscheinlich gesellschaftlich besser unter Kontrolle gewesen. Alle Vorstufen zur Entwicklung zum Rechtsradikalen sind gesellschaftlich geächtet, die Vorstufen zur Entwicklung zum IS-Kämpfer aber kaum, obwohl die gesellschaftliche Gefahr, die ihnen ausgeht, vermutlich viel größer ist. Es gibt keinen nationalsozialistischen Staat, dem sich Rechtsradikale aller Länder anschließen könnten und von dem eine Gefahr für andere Staaten ausgeht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich rechtsradikale (ebenso linksradikale) Tendenzen im Laufe des Lebens verlieren oder abschwächen. Beim IS-Sympathisanten oder IS-Kämpfer sieht die Sache aber ganz anders aus. Die Gefahr für die Gesellschaft ist daher bei Weitem größer.
Читать дальше