Nachdem man dann darauf hingewiesen hat, dass diese Personen den Weg blockieren und sie einem, wenn man Glück hat, ohne wüste Beschimpfungen eben jenen freigemacht haben, findet man sich irgendwann am unteren oder oberen Ende der Treppe wieder. Dort zu Hause ist ein anderer Vertreter dieser Hans-Guckindieluft-Spezies. Anstatt sich nämlich auf dem oftmals nicht besonders kurzen Weg auf der Rolltreppe Gedanken darüber zu machen, wo man eigentlich hin will, bleibt man, sobald die letzte Stufe verlassen wurde, erst einmal auf dieser großen silbernen Kontaktplatte stehen und orientiert sich, weil diese Platte scheinbar mit einer Aussichtsplattform verwechselt wird. Dass man dabei genauso im Weg steht, wie links auf der Treppe, geht diesen Leuten nicht in den Kopf.
Nach der letzten Stufe schaltet sich das Gehirn von hundert auf null schlagartig aus. Die Treppe liegt hinter einem, jetzt herrschen völlig andere Parameter, was die eigene Umgebung angeht. Anstatt jetzt noch zwei Meter weiter zu gehen, sich an den Rand zu stellen und dort in aller Ruhe die Umgebung zu betrachten, werden diese Menschen offenbar völlig unvorbereitet mit der Situation konfrontiert, dass man das Ende der Treppe erreicht hat.
Wohin jetzt? Erstmal stehen bleiben und in Ruhe nachdenken. Möglichst eben noch auf der Kontaktplatte. Und dann beim Nachdenken am besten noch 'ne Zigarette anzünden. Schließlich will es ja gut überlegt sein, welchen Weg man denn heute zur Arbeit nimmt.
Aber auch andern Ortens wird man Zeuge eines derartigen Verhaltens. Man stellt sich immer da hin, wo man am meisten im Weg steht. Das ist eng verbunden mit dem Verhalten des Einkaufswagens im Supermarkt.
Ich persönlich nenne es 'das Kuschelprinzip'. Irgendwas muss so etwas wie ein Geborgenheitsgefühl bei vielen Menschen auslösen, wenn sie an Stellen kommen, die eigentlich schon deutlich zu eng für mehr als anderthalb Personen sind. Da wird sich dann entweder alleine hingestellt, um spontan über den Sinn des Lebens zu philosophieren oder, wenn es sich einrichten lässt, gerne auch mal zu zweit, um ein spontanes Schwätzchen zu halten.
Beispielsweise ist es auf Fußwegen, gerade in Gegenden, die Geschäfte beinhalten, ein gerne gesehenes Schauspiel, dass zwei Menschen, die sich zufällig treffen, spontan stehen bleiben, um miteinander zu reden. Dagegen ist nichts einzuwenden, im Gegenteil. Ich freue mich auch, wenn ich Menschen treffe, die ich mag und denen ich unverhofft über den Weg laufe.
Die Frage ist jetzt aber, was man dann macht. Entweder geht man zwei Schritte an den Rand des Fußweges, um den Rest des Verkehrs nicht zu behindern (siehe Ende der Rolltreppe), oder man einigt sich auf eine Richtung, um diese dann gemeinsam einzuschlagen. Man kann sich schließlich auch in Gehen unterhalten.
Wo man sich nicht hinstellt, ist genau in die Mitte des Weges, den man somit nämlich oftmals gekonnt komplett blockiert. Es ist nun mal leider so, dass im Gegensatz zu Straßen viele Fußwege in diesem Land eher unter die Rubrik "Gasse" und nicht "Allee" fallen. Ebenso wenig ist der Radweg ein geeigneter Ort. Auch wenn der gerade so schön leer ist. Der nächste Radfahrer kommt nämlich früher oder später an, ärgert sich zurecht, dass da zwei Deppen den Weg blockieren, und muss nun notgedrungen auf den Fußweg oder die Straße ausweichen, was natürlich zu wüsten Beschimpfungen von allen Seiten führt.
Dass die Einzigen, denen mal kräftig eine gelangt werden müsste, die beiden Hornochsen sind, die dieses Manöver überhaupt erst nötig gemacht haben, fällt interessanterweise meistens nur dem Radfahrer auf.
In unglaublich vielen Fällen kommt es aber noch besser. Man geht ein Stück zur Seite und stellt sich neben irgendein Objekt, das auf dem Fußweg steht und diesen damit sowieso schon etwas schmaler macht. Vorzugsweise eine dieser Tafeln, auf der das aktuelle Tagesgericht eines Cafés geschrieben steht, oder eine dieser sich drehenden "Geöffnet"-Schilder.
Davor oder dahinter wäre eine gute Idee, denn die meisten Leute müssen um diese Gegenstände sowieso einen Bogen machen, sofern man denn keine kurzen Dimensionswanderungen vollziehen kann und möchte. Man würde die Länge des Bogens also nur etwas vergrößern. Sich daneben hinzustellen, ist blöd. Ist zwar schön kuschelig und wird recht schnell auch noch viel kuscheliger, wenn genug Leute versuchen, sich um einen herumzuwinden, aber klug ist es nicht. Wenn nämlich jetzt auch noch Radfahrer kommen und sehen, dass lauter Leute notgedrungen kurzfristig den Radweg benutzen, ist das Chaos perfekt.
Ganz besonders interessant wird es allerdings erst dann, wenn junge Mütter mit einem Kinderwagen dazukommen. Dann kann das Ganze sogar recht schmerzhaft werden. Dazu aber später mehr.
Kommentare und Erklärungsversuche bitte an mich.
Zwischenmenschlicher Verkehrsfluss 2
'Im Weg stehen' ist auch etwas, was gerade bei Autofahrern sehr beliebt ist. Ich persönlich habe zwar einen Führerschein, besitze aber kein Auto und werde mir, solange ich in einer Großstadt wie Hamburg lebe, höchstwahrscheinlich niemals ein eigenes Auto kaufen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Da ist das Geld. So ein Auto ist ganz schön teuer. Zweitens macht es viel Dreck. Dann gibt es zumindest in Hamburg einen viel zu gut ausgebauten ÖPNV, der es einem erlaubt, abends einen Saufen zu gehen und trotzdem nicht nach Hause laufen zu müssen (im äußersten Notfall gibt es immer noch Taxis), und als Letztes bin ich nach mehreren Jahren aktivem Autofahren zu dem Schluss gekommen, dass ich keine Lust habe, mich regelmäßig über ca. 20 Prozent aller Autofahrer zu ärgern, die offensichtlich der Meinung sind, nach einmal bestandener Fahrprüfung alles vergessen zu können, was ihnen der Fahrlehrer seinerzeit mühsam beigebracht hat.
Abgesehen von so Kleinigkeiten, dass man nicht auf dem Fuß- oder Radweg parken darf, dass es Pflicht ist, die Scheinwerfer anzumachen, wenn es die Lichtverhältnisse verlangen, oder dass Geschwindigkeitsbegrenzungen dafür da sind, dass man sich dran hält (zugegebenermaßen sind Autofahrer da nicht alleine auf der Welt. Radfahrer, Motorradfahrer und auch Fußgänger sind oftmals genau so schlimm), gibt es zum Beispiel eine ganz klare Regelung dafür, wie man sich verhalten sollte, wenn man auf eine Kreuzung mit Ampel zufährt:
Wenn aufgrund des allmorgendlichen Rückstaus nicht hundertprozentig abzusehen ist, ob man diese Kreuzung während der Grünphase komplett und ohne anzuhalten überqueren kann, so hat man an der Ampel zu warten, bis ersichtlich ist, dass man dieses Vorhaben erfolgreich gestalten kann. Auch wenn noch Grün ist. Im Zweifelsfalle wartet man auf die nächste Grünphase. Wenn man das nicht tut, steht man nämlich, wenn es dumm läuft, immer noch mitten auf der Kreuzung, wenn die andere Richtung ihrerseits Grün hat. Was es zu vermeiden gilt. Sollte diese Kreuzung jetzt auch noch einen Fußgängerüberweg mit dazugehöriger Ampel oder gar einen Zebrastreifen beinhalten, so hat man dieses Stück Weg bitte noch in die Kalkulation mit einzubeziehen, denn sonst steht man mitten auf dem Fußgängerüberweg, wenn es dort Grün wird oder mitten auf dem Zebrastreifen. Was es ebenfalls zu vermeiden gilt.
Viele Autofahrer sind allerdings schon mit dem ersten Teil dieses Prinzips komplett überfordert. Frei nach dem Lemminge-Prinzip "Mein Vordermann fährt auf die Kreuzung, dann darf ich das auch!", findet man sich urplötzlich mitten auf der Kreuzung wieder und realisiert, dass man jetzt anhalten muss. Spätestens, wenn von rechts die Blechlawine auf einen zurollt und man immer noch auf genau demselben Fleck steht, wird klar, dass irgendwas nicht stimmt.
Auf den Gesichtern dieser Leute zeigt sich jetzt aber meistens keine Einsicht, dass sie einen Fehler gemacht haben, sondern entweder Wut auf die blöden Säcke vor einem, die die Kreuzung blockieren und der eigentlich Grund dafür sind, dass man nicht von der Stelle kommt, oder völlige Ratlosigkeit, wie man denn in eine derartige Situation geraten konnte. Schließlich war doch Grün, als man losgefahren ist. Folglich kann der Fehler ja nun nicht bei einem Selbst liegen. Da muss noch was anders im Spiel sein. Höchstwahrscheinlich die schlechte Ampelschaltung.
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