Nach dieser Grunderscheinung fasste Bertgen Alle auf und machte sein Referat. Boos wurde gerechtfertigt, bis auf einige Ausdrücke. Die Kläger wurden abgewiesen und zur Ruhe ermahnt.]
Bei der nächsten Sitzung referierte er dem Konsistorio mündlich den ganzen Akt, gab Allem die beste Deutung, lobte unsre Predigten, Grundsätze etc., und beruhigte das Konsistorium so, dass man glaubte, es sei Alles zu Ende.
Allein die Kläger wollten nicht Unrecht haben; sie verklagten Bertgen als parteiisch, als einverstanden und ketzerisch, wie einst die Juden den Paulus. Bertgen wehrte sich lange meisterhaft und brachte die Regierung auf seine und des Pfarrers Seite; er erklärte dieser die Lehre des Pfarrers deutlich, bei verschiedenen Gelegenheiten. Aber weil der Prozess sich drei Jahre lang hinauszog, so erlebte Bertgen das Ende nicht. Denn er starb den 1. Juli 1812 im 51. Jahre seines Alters. Gott habe ihn selig!
Apostolische, mannhafte Erklärung, die Boos durch Bertgen dem Konsistorio übergab.
Apostolische, mannhafte Erklärung, die Boos durch Bertgen dem Konsistorio übergab.
Wie sehr ihm die Unruhe und das Ärgernis, das durch seine Feinde in der Gemeine gestiftet wurde, zu Herzen ging, beweist folgende Erklärung von ihm, die sein, damals mit ihm einverstandener Kooperator mit unterschrieb, und die er durch Bertgen dem Konsistorium übergab.
„Wir sind gewiss, dass wir lauter guten Samen auf den Acker unsrer Gemeinde gesäet haben, das Unkraut kommt vom Feinde. Wir sind Ein Herz und Eine Seele, und zwar in einer Sache, die doch unsre Kirche immer für eine Hauptsache gelten ließ.
Was wir in dieser Sache bisher getan haben, haben wir vor Gott mit gutem Gewissen getan, und ungeachtet aller Schmach und Verfolgung sind wir von Gott gestärkt, fest entschlossen, uns auch künftig des Evangeliums nicht zu schämen, denn es hat sich an unsern Herzen, und an Andern, als eine Kraft Gottes bewiesen, die da selig macht Alle, die daran glauben. Weil leicht voraus zu sehen ist, dass unsre Ketzermacher nicht ruhen und das arme Volk fort und fort gegen uns aufhetzen werden etc., so beschwören wir das Konsistorium, nicht auf das Geschrei der Ketzermacher zu achten, sondern die Sache von Grund aus zu untersuchen. Denn da unsre Predigten die Wirkung hatten, dass sie Viele bekehrten, dass sie von der Finsternis zum Lichte kamen, dass wir uns beim Volke die allgemeine Achtung erwarben: so erwachte auch der Neid und die Eifersucht; niederträchtige Geistliche haschten und suchten Ketzereien, und hetzten hohen und niedern Pöbel wider uns auf (wie 1796).
Zu bedauern ist nur das arme Volk, das scharen- und stromweis in unsre Predigten lief, und das Evangelium so gern hörte, sich erbaute, besserte und gar nichts Arges dachte. Dies, arme Volk wird nun geärgert, wird am Worte Gottes und an seinen Seelsorgern irre, und weiß sich nicht zu raten und zu helfen, ist wie ein kleines Kind. (Wehe denen, die ein solches Kind ärgern, das an Jesum glaubt!) Aber das arme Volk! - - Unser öffentlicher Kredit war bisher bei dem Volke so, dass wir vor kurzer Zeit keine Seele kannten, die sich an unsern Predigten oder an unserm Wandel ärgerte, sondern Alles freute sich, Alles schrie nach jeder Predigt laut auf: „Vergelt’s Gott!“ Und gerade auch nach jener Predigt, als ich das Häuflein derer, die recht (im Sinn und Geist des Evangeliums) an Jesum Christum glauben, in die Sakristei bringen wollte, - - aber auch jetzt noch, da durch eifersüchtige Geistliche schon Viele geärgert sind, können wir uns, wenns auf ein Verhör (viritim [einzeln], Mann für Mann vorgenommen) ankäme, auf etliche tausend vertrösten, dass sie sich im Geringsten nicht ärgern, sondern mit Tränen für unsre Predigten danken. Wir bitten also usw.
Wir kennen unsre Kläger bis diese Stunde nicht, und in der Regel soll sich der Kläger vor dem Beklagten sehen lassen dürfen. Die hiesige Gemeinde weiß es leider schon, dass wir beim hochwürdigen Konsistorio verklagt worden, und unserer Lehre wegen konstituiert und inquiriert werden. Daher haben sich schon viele Männer von selbst angetragen, dass sie zu 100 und 1000 nach Linz gehen und uns verteidigen wollten. Allein wir bedankten uns für diese Aufsehen machende Gutherzigkeit. Wir bekennen noch einmal: Das Evangelium ist eine Kraft Gottes, die selig macht Alle, die daran glauben, und unselig lässt Alle, die es durch Unglauben von sich stoßen. Ja, wenn uns Gott stärkt, wir lassen uns getrost dafür verbrennen, steinigen und kreuzigen, dass wir die Wahrheit, die selig macht, gepredigt haben und dass der auf unsrer Seite sei, der zur Rechten Gottes sitzt, und diesen Sturm als eine schwere Prüfung unseres Glaubens über uns kommen ließ, die er zu seinerzeit wieder stillen wird. Sterben wir nicht für unsern Glauben, so sündigen wir; wir handelten gegen unser Gewissen, gegen unseren Beruf, gegen die Gabe, die wir hierzu empfangen haben, gegen das Evangelium selbst.
Wir bitten und beschwören unsre Obrigkeit, besonders das hochwürdige Konsistorium, dem Ärgernis und Aufsehen, das von Ketzermachern herkommt, zu steuern, und versichert zu sein, dass wir in Sachen, in welchen wir nachgeben können und dürfen, gewiss nicht vergessen werden, dass wir mit tiefster Ehrfurcht und Hochachtung zu sein schuldig sind - - unterth. gehors.
M. Boos.
C. Rechberger.“
Er bezeugte dann noch insbesondre gegen das hochwürdige Konsistorium, dass er die Glieder desselben von Herzen liebe und hochachte, so wie auch sie ihn bis auf dieselbe Stunde geliebt, geachtet und sehr freundlich behandelt hatten - (so lang Gall und Bertgen lebten), wofür er ihnen mit Tränen dankte.
Aber so sehr sie ihn liebten, so sicher glaubten Andere, ihn, nachdem seine Predigten Wirkung machten, hassen und verfolgen zu müssen. Das ist der Gottesdienst und Eifer der Blinden, Geistliche, deren Eifer Licht und Wärme verbreitet, zu hindern, und das heilige Feuer, das sie in den sonst kalten, toten Christenherzen anzündeten, wieder auszulöschen.
Wen eine solche Erklärung nicht auf der Stelle für den Mann einnahm, von dem war nichts zu hoffen, der konnte unmöglich das Herz auf der rechten Stelle haben.
Folgender Aufsatz von Boos dient zur Erläuterung, wie das Ärgernis und der Lärm den 13. Dezember 1810 wider Boos in seinem Pfarrhause anfing, und durch eine Tagelöhnerin außer dem Hause in der Gemeinde, und dann beim Pfarrer in Pöstlingberg verbreitet wurde. Dux foemina facti.
Seine Rechtfertigung über den Umgang mit Protestanten.
Man wirft mir vor den Umgang mit Protestanten?- Antwort:
1. Dass den 13. Dezember 1810 eine Protestantin mit zwei hier durch reisenden Handwerksburschen, ohne alle meine Erwartung zu mir gekommen sei, und mit mir von Gott geredet habe, leugne ich nicht, aber dies kann mir eben so wenig zum Verbrechen gemacht werden, als Christo, dass er mit der Samariterin beim Jakobsbrunnen redete. Man muss den Petrus verdammen, weil er zu Cornelius gegangen ist; ich predigte das Evangelium, sie glaubten, und Freude und Friede fiel über Alle herab. Wer bin ich, dass ich Gott widerstrebe? Es ist an keine Poselytenmacherei gedacht, geschweige davon geredet worden, ich berufe mich auf alle meine Hausgenossen, und auf die Protestantin selbst.
2. Diese Protestanten kannten mich aus der Kirchengeschichte von Roos, und aus den Annalen von Henke und weil sie Schafe ohne Hirten waren, suchten sie bei mir Trost und Belehrung. Wie soll ich so unbarmherzig sein, und redlich Suchenden so was versagen?
3. Ist mir und jedem Andern nach dem allerhöchsten Toleranz-Edikt ein Umgang mit einem Christen aus einer andern Konfession, selbst mit einem Juden und Heiden, nicht untersagt, zumal wenn er Belehrung sucht, wie hier der Fall war.
4. Selbst in meiner Pfarre haben katholische Hausbesitzer lutherische Dienstboten und Handwerksbursche über Jahr und Tag in ihren Häusern, und kein Mensch schreit über Gefahr, über Poselytenmacherei.
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