1 ...8 9 10 12 13 14 ...52 Wir stellen uns dreierlei Werke der Menschen vor: 1. Es gibt Werke, die wir aus eigner, bloß natürlicher Kraft, aus Egoismus, (Selbstsucht) tun, wie die Pharisäer, d. h. die bösen unter ihnen, die Christus öffentlich tadelte, und wie die Gottlosen, Ungläubigen, Egoisten. 2. Es gibt Werke, die wir an der Hand der Christo vorlaufenden, wegbahnenden Gnade tun, und die sind nicht nur nicht zu tadeln an Heiden, Juden, Christen und allen Nationen und Religionen, sondern sie sind gut und Gott angenehm, wie die Jünger Johannis, wie Cornelius, der Kämmerer, Nikodemus und die bessern unter den Pharisäern, von denen Jesus sagt: sie seien nicht fern vom Reiche Gottes u. dergl. 3. Es gibt aber auch Werke, die Christus selbst in und mit uns tut, nachdem wir Ihn im Glauben in unser Herz aufnehmen, und unsern Willen durch Ihn im Feuer des heiligen Geistes reinigen und heiligen lassen. Und diese Werke sind dem Vater höchst angenehm um Christi, seines Sohnes und seines heiligen Geistes willen; denn sie sind in Gott getan, sind aus Gott, und von allem Eigennutz, Eigenliebe und Selbstsucht befreit, sind in der Wahrheit, die Christus ist, geheiligt usw.
Nun sagte Unger zu Nathanael: Es ist noch etwas vor der Tür; der Herr kann noch nicht hinein.
So soll Er selbst hereinbrechen, versetzte Nathanael; ich kann nichts machen. Die eigene Gerechtigkeit steht ihm bei mit gewiss nicht im Wege. Denn ich hatte schon lange nichts Anderes, als Sünden.
Endlich nach vielen verschiednen Reden erhob sich eine andere Stimme und sprach zu ihm, weil er sie selbst hervorrief und auch diese Stimme zu hören verlangte. Glauben Sie, fragte jene, dass Jesus zu Ihnen kommen, Ihnen all’ Ihre Sünden und Strafen erlassen und künftig in Ihnen den Willen des Vaters erfüllen wolle? Ja, ich glaub es, sagte er herzhaft und kräftig. Hierauf hatte der Streit ein Ende. Und es hieß mit allgemeiner Freude: Er hat Ihn vom heiligen Geiste durch Glauben aufgenommen in sein Herz.
Die Seligkeit, der Friede, die Ruhe des Gemütes war auch bei ihm unaussprechlich, die ihm durch den Glauben und die gläubige An- und Aufnahme Jesu und seines Verdienstes zu Teil wurde. Oh wie oft hat er nachher von dieser großen Gnade und Seligkeit, die er hierbei erlangte, und die Quelle des Heils für Zeit und Ewigkeit geworden ist, mit Freude und Dank erzählt und den Herrn gepriesen! (Siehe Fenebergs Leben, Seite 114.f.).
6. Nun kam die Reihe an Markus, mit dem schon Vieles über die Sache gesprochen, und nichts ausgerichtet war. Denn bei ihm gings sehr langsam und schwer, 1. weil er glaubte, es stände bei ihm schon recht, es fehle ihm nichts; 2. weil er meinte, er sündige, wenn er sich aufs Glauben einlasse. Endlich ließ er sich jedoch auf vieles Zureden noch darauf ein. Aber er hatte am meisten Kampf und Unruhe drei Tage lang. Er wollte immer die Art und Weise begreifen. Am dritten Tage machte er mit dem Herrn folgenden Bund: Herr, wenn hinter dieser Sache oder Weise nichts als Betrug oder lauter Irrtum ist, so bitte ich dich, lass mich nach diesem Gebete noch unruhiger werden. Ist aber Etwas an der Sache, so verschaffe meinem Herzen Ruhe.
Und als er vom Gebete aufstand, wurde er unaussprechlich ruhig, verlor alle Bedenklichkeit, glaubte auf eine ähnliche Weise, und glaubt bis diese Stunde.
7. Endlich ging die nämliche Operation, ein wahrer Seelenprozess, mit Silas vor, der in seinen Augen so klein, arm und ängstlich, fast gar zu demütig war, denn dies war die Ursache, warum es mit ihm etwas langsam ging. Er sagte immer: Christus kann zu mir nicht kommen, ich bin zu sündig, zu arm und zu trocken usw. Man sagte ihm: Christus komme nicht wegen unserer Würdigkeit, sondern wegen unserer Dürftigkeit. Er solle nur werden und sein wie ein Kind, solle glauben und also das Reich Gottes annehmen. Matth. 18,3. Endlich glaubte und nahm er; und wollte, wie er sich nachher öfters ausdrückte, lieber den Kopf, als diesen Glauben verlieren; denn auch er hatte ein großes merkbares Zeichen an sich erfahren. Er hat den Glauben bewahrt und ging 1807 den 1. Okt. in des Herrn Freude ein.
Hierauf zogen wir wieder in unser Land zurück, und Jene predigten mit apostolischem Geiste und Eifer. Als wir auf dieser Rückreise durch einen Ort gingen, wo wir nichts weniger, als dies im Sinne hatten, ließen wir uns mit Jemand, der Freude daran zeigte, auf vorige Weise in ein Gespräch ein. Ich redete über Christus und seine damalige Barmherzigkeit und Gnadenbezeigung; er schien Alles mit Begierde zu hören. Meine zwei Reisegefährten, die sich früher zu Bette gelegt hatten, wurden auf eine wunderbare Art in der Nacht aufgeweckt; sie kamen und redeten noch mit ihm. Er stellte sich, als ob er Alles annähme. Ich sagte ihm aber voraus, dass er sich ärgern würde. Und so geschah es auch. Er war zwar lange im großem Kampfe. Allein als die Trübsal über uns ausbrach, sprach er: Ich kenne Ihn nicht. So ging es Manchen. Viele aber hielten Stich, ließen sich berauben, verfolgen, vertreiben und achteten alle Schande, Schmach und Verlust für lauter Freude und Gewinn, ohne die mindeste Widersetzlichkeit gegen alle Gewalt und Unrecht, das ihnen angetan wurde.
8. Ein andermal kam ein Freund, - wir wollen ihn Nikodemus nennen, - mit dem ich schon lange korrespondierte, der viele schöne, christliche Bücher hatte und las, noch ehe ich sie kannte, und mir dieselben mitteilte, zu mir. Mir wurde dieses mal bei seiner Ankunft, auf die ich mich sonst allezeit freute, etwas schwer zu Gemüte. Bald hernach wurde mir leicht und wohlgemütlich; dagegen ward ihm auf einmal so bange und wehe, dass er vor mir laut zu weinen und zu heulen anfing.
Ich erschrak und fragte; was dies solle? Nikodemus antwortete: Ich weiß nicht, mir ist entsetzlich bange und weh im Geiste. Ich will Sie Ihre Schmerzen allein ausweinen lassen, sagte ich und ging zur Tür hinaus; dabei empfand ich eine große Liebe zu ihm und großes Mitleid.
Zu eben der Stunde kam, vom Geiste getrieben, noch Jemand von fern her und auf die Frage, ob man ihn vorlassen wolle, antwortete Nikodemus: Ja, vielleicht schickt ihn Gott eben für mich und meinetwegen. Wir Beide fragten nun: wo und was denn fehle? Er gab weinend immer die alte Antwort: Ich weiß es nicht und weinte immer mehr. Der Kampf dauerte 29 Stunden und wurde dadurch verlängert, indem er bald sagte: er sei schon bekehrt, bald, er wäre es nicht. Endlich des andern Tages sagte man ihm: Er werde vom T. so hin und her geworfen, er solle annehmen, es wäre noch nicht ganz im Reinen und richtig mit ihm, er müsse erst dazu kommen durch die Gnade und den Geist des Herrn.
Diese Rede tief zu Herzen fassend, ging er in die Kirche, und betete. Als er zurückkam, fiel er laut weinend auf seine Knie nieder und sagte unter Tränen: „Ich war ein stolzer Schriftgelehrter und Pharisäer. Ich wollte es euch nicht eingestehen, aber nun muss und will ich.“ Wir umarmten den Zerknirschten und Zerschlagenen, und sprachen: „Glaubst du, dass dir Jesus dieses und alles Andere vergeben und zu dir kommen wolle? Und er glaubte, und fühlte sich von dieser Stunde an froh, selig und wie neugeboren.
Nachher sagte er: Ich habe gestern in einem meiner Bücher gelesen: Bei keinem Menschen gehe es mit der Bekehrung und Wiedergeburt schwerer zu, als bei einem gelehrten Pharisäer. Diese Worte fuhren mir wie Pfeile durchs Herz, und heute nun habe ich die Wahrheit davon an mir bestätigt gesehen und schwer empfunden. Ich glaube nun, dass Gott über mich gekommen ist, und dass dieses, der Finger Gottes war.
9. Einmal hatte Zobo eine besondere außerordentliche Erfahrung, die er sich nicht erklären konnte.
Mein erster Gedanke war: Nun wird sicher wieder Jemand kommen, der Jesum sucht. (Jesus will entdeckt und offenbar werden, aber es wird Leiden kosten. Die Decke muss aufgehoben, und Jesus verkündigt werden, aber Schmach und Verfolgung wird nicht ausbleiben.) Und wirklich pochte man sogleich an die Tür. Ich öffnete dieselbe mit der Frage: Was wollt ihr? - Antwort: Ich suche Jesum, den ich durch die Sünde verloren habe. Ich erschrak, dachte an mein Gesicht und hieß die Frau (es war eine arme Witwe und kam eine Stunde weit her) hereinkommen. Sie kam schon öfter, allezeit sehr selbstgerecht, aber heute gebeugt und arm und das gar sonderbar ernsthaft. Ich fragte (weil sie so früh kam), wann sie aufgestanden sei? Sie: Ich bin gar nicht zu Bette gegangen, habe die ganze Nacht gebetet, geweint und gelesen. Ich: Wer hat euch denn gesagt: dass man Jesum hier finden könne? Sie: Eine Stimme sagte mir, ich sollte daher gehen. Ich: Nun, so sagt mir doch, wie sieht es in eurem Gewissen aus? Welche Sünden stehen euch am lebendigsten vor den Augen der Seele? Sie: Ach, diese, dass ich Jesum in mir mit allen sieben Todsünden gekreuzigt habe. Jetzt fing sie an zu beichten, wie noch nie, mit vielen Tränen. Und da ich ihre tiefe Zerknirschung und lebendige Reue, ihr Verlangen nach Heil und Gnade sah, sprach ich: Könnt ihr nun glauben, dass ihr bei Gott nichts voraushabt, ja vor Gott nichts habt, als Sünden? Sie: O das fühle ich! Ich: Könnt ihr glauben, dass euch Gott um Jesu Tod und Blut willen eure Sünden alle vergeben, seines Sohnes Verdienst und Gerechtigkeit, ja seinen Sohn selbst schenken und geben will? Sie antwortete zitternd: Ja, mein Gott! mein Gott! ich glaub es. Ich: So steh auf, dein Glaube hat dir geholfen. Gehe hin und sündige nicht mehr. Und nach empfangener Absolution ging sie in Frieden hin und führte ein neues Leben, das sie vorher gar nicht kannte.
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