Er zog doch bei den Haaren Eckarten vor die Tür.
Da trat aus seinem Hause der alte Mime herfür.
Mit strafenden Worten sprach der zu Siegfried:
„Was schlägst du meine Burschen, unnützer Störefried?
Wenn sie was Nützes schaffen, läßt du sie nie in Ruh',
Nichts schaffen kannst du selber, nur Unfug sinnst und schaffest du.
Dein Sinn ist unbändig, hier kann sich niemand mehr
Vor deiner Wildheit fristen. Was läufst du stets hierher?
Wir mögen wohl entraten so ungestümen Gast:
Fürwahr du lägest besser den Hundingen so zur Last,
Die deinen Vater schlugen, und rächtest seinen Tod,
Als daß du meine Leute schindest ohne Not.
Er ist doch nun gewachsen über Manneslänge schier:
Zu Felde sollt' er liegen, nicht in der Schmiede bei mir.“
Da sprach mit lautem Lachen König Siegmunds Kind:
„Da seht ihr einmal wieder, wie töricht Greise sind:
Ich weiß es auswendig, das ew'ge, alte Lied,
So oft hab' ich's vernommen von dem verloffnen Fahnenschmied:
So schmiede mir die Fahne, so schmiede mir das Schwert!
Du hast es längst verheißen: wann wird mir das gewährt?
Kann ich Hundings Söhne zerkloben mit der Faust?
Du aber sollst erproben, wie stark sie hämmert und saust,
Wird nicht das Schwert geschmiedet in dreier Tage Frist:
Die meine Rache fühlen, du dann der erste bist.
Du fährst zu Hels Reiche, zu Siegmund kommst du nicht,
Sonst könntest du ihm sagen, ob ihm Siegfried Rache verspricht.“
Da ließ nicht mit sich scherzen Siegfried, Siegmunds Sohn:
Er war in hohem Zorne, im Zorn ging er davon.
Dem Meister ward, dem alten, doch vor dem Knaben bang;
Er mocht' es nicht gestehen, er trällerte, pfiff und sang,
Doch hub er an zu schmieden und schlug ein gutes Schwert
In den dreien Tagen, wohl eines Helden wert:
Das gab er Siegfrieden und sprach: „Da nimm es hin
Und strafe Hundings Söhne, daß ich dein nur ledig bin.“
„Erst will ich es versuchen,“ sprach der junge Held,
„An diesem Amboße, ob es die Probe hält.“
Da tat er auf das Eisen einen ungefügen Schlag,
Daß das Schwert zerbrochen ihm halb zu den Füßen lag.
„Das ist nun dein Geschmiede,“ sprach da Siegfried,
„Mime, greiser Prahlhans, du unnützer Schmied:
Kannst du nichts Beßres wirken als solch ein gläsern Ding,
So bist du zum Erschlagen, zum Hängen selbst zu gering.“
Da schritt aus der Schmiede der junge Recke stark.
Das wurmte nun den Alten und zehrt' ihm an dem Mark,
Daß er ihn so gescholten vor der Gesellen Schar:
Er hatte doch gegolten für den besten Meister immerdar.
Er setzte sich zu schmieden und wirkte Tag und Nacht
An einem Schwert so schneidig, wie er noch keins erdacht;
Auch war es ungefüge, von mächtigem Gewicht:
Er sprach zu Siegfrieden: „Dies Schwert zerklobst du mir nicht.
Es wird schon Mühe kosten, wenn es dein Arm erschwingt.“ –
„So will ich nur versuchen, wie der Amboß klingt.“
Sprach der junge Degen und schwang es, daß es pfiff:
Da zerbrach auf dem Eisen die Klinge dicht an dem Griff.
„Das geht schon besser,“ sprach er, schrecklich war sein Ernst.
„Schmiedst du noch tausend Jahre, vielleicht, daß du es lernst.
Ich hätte Lust und würfe dir ins Gesicht das Heft.“
„Dir schmieden,“ sprach Mime, „das ist ein übles Geschäft:
Es lebt kein Schmied auf Erden, dem es gelingen mag;
Schmiede du dir selber, ich tu' keinen Schlag
Für dich mehr auf den Amboß.“ Er sprach: „So ist es recht,
Ich will mir selber schmieden, ihr Affen könnt es gar zu schlecht.
Nun will ich euch das Handwerk lehren aus dem Grund:
Schaut mir zu, Böhnhasen, ich weiß manch seltnen Fund.
Da glüht schon eine Stange in der Esse Glut,
Die reicht mir her, ich fange nun an, mein Schmieden wird gut.“
Aller Hämmer schwersten nahm er in die Hand.
„Achtung, daß ihr was lernet,“ rief er zornentbrannt.
Da schlug er auf die Stange einen Schlag, der war nicht krank,
Der Stein zerbarst, der Amboß in der Erde Grund versank;
In Funken war zerstoben der glühen Stange Last,
Zerbrochen lag die Zange, mit der er sie gefaßt,
Der Schlegel brach in Stücken nieder von dem Schaft,
Das Haus begann zu zücken von des Schmiedes kindischer Kraft.
„So sollt ihr mir schmieden,“ sprach Siegfried, „fortan:
Morgen komm' ich wieder, und wer es da nicht kann,
Den schweiß' ich auf den Amboß.“ So ging er aus dem Haus:
„O weh des Geschmeides,“ rief unser Meister da aus,
„O weh mir, immer wehe, daß ich den Tag erlebt,
Wo mir das Herz in Ängsten vor diesem Knaben schwebt.
Nun leb' ich siebzig Jahre und drüber manchen Tag,
Und nimmer sah ich, nimmer einen fürchterlichern Schlag,
Als den auf diese Stange ein Kind hat geführt.
Und kommt er zu Jahren, daß ihn der Blitz nicht rührt
(Das steht allein zu hoffen), so halte dich nur fest
In deinen Fugen, Erde, sonst gibt sein Arm dir den Rest.
Nun gönn' uns Godan gnädig vor seinem Ingrimm Ruh',
Und werd' ich sein nicht ledig, ich weiß nicht was ich tu'.“
So sprach der greise Meister in seines Herzens Not:
Er sann das Kind zu töten, da fand er selber den Tod.
Derweil zu seiner Mutter ging Siegfried der Held.
Da ward er wohl empfangen: sie sah nichts auf der Welt
So gern als seine Augen. Sie bot ihm lautern Trank
Und hieß ihn niedersitzen, des sagt' ihr der Junge Dank.
„Ich komme nur zu fragen, ob ich recht vernahm,
Daß Siegmund, meines Vaters, Schwert Euch überkam?
Mich dünkt, ich hörte sagen, er gab's in Eure Hand,
Als er von Godans Neide den Tod und den Unsieg fand.“ –
„Wohl hast du recht vernommen, es brach an Godans Speer:
Von Godan ist sie kommen, die gute Waffe hehr.
Als er bei Signes Hochzeit sie in die Eiche stieß,
Heraus zog sie Siegmund, kein andrer vermochte dies.
Die Godan hat verliehen zerging an Godans Kraft;
Er mochte wohl beneiden des Helden Siegerschaft.
Mir blieben nur die Stücke; doch Siegmund sprach im Tod,
Durch Helm und Panzer zücke damit ein Held noch Wunden rot.“
„So gebt mir her die Splitter,“ fiel ihr Siegfried ein,
„Und schlagen sie noch Wunden, laßt mich den Helden sein.
Hier ist ein Schmied, heißt Mime, ein Stümper seiner Kunst,
Jedennoch soll er's schmieden; vielleicht gerät's durch Godans Gunst.“
Da gab sie ihm die Stücken und sprach: „Du bist es wert
Und wisse, dir bestimmte Siegmund im Tod das Schwert.“
Am Morgen ging der Junge, wo er den Alten fand.
Er sprach: „Ich lass' Euch leben, voraus zwar ist mir bekannt,
Daß Ihr den Schlag nicht könnet, den ich Euch gestern wies
Und bei schwerer Buße mir nachzuschlagen hieß;
Doch wenn Ihr in drei Tagen mir ein gutes Schwert
Aus diesen Stücken schmiedet, so wird Euch Gnade gewährt.
Zerbricht es aber wieder, so ist es Euer Tod:
Mit Euch schon allzulange hab' ich meine Not.“
Und Mime sprach, der Alte: „Nun sage, junger Held,
Was denkst du zu beginnen, wenn ich das Schwert dir hergestellt?“
„Siegmunds Tod zu rächen,“ versetzte Siegfried.
Und wieder sprach Mime, der schlaue Waffenschmied:
„Und brauchst du einen Harnisch nicht auch zu der Fahrt?
Nicht Helm und Eisenhosen? einen Schild, der dich bewahrt
Vor Schwertern und vor Speeren? Nie zog wohl in den Krieg
Ein Held, der das nicht hatte und auch kein Roß bestieg.“
Da sprach der junge Degen: „Das mag von Nutzen sein,
Und willst du mir es schmieden, so sag' ich dazu nicht nein;
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