Wenn ich in dem Augenblicke still war, so sah ich bei ihrem ungeziemenden Benehmen durch die Finger, wenn ich — wie es häufig vorkam — meine Stimme erhob, um Ordnung zu erzwingen, so wendete ich ungehörige Gewalt an, und gab durch die Rauhheit meines Tons und meiner Worte den Mädchen ein schlechtes Beispiel.
Ich erinnere mich eines Nachmittags, im Frühjahr, wo sie, des Regens wegen, nicht ausgehen konnten, aber glücklicherweise einmal ihre Lektionen beendigt und sich doch enthalten hatten, hinabzulaufen, um ihre Eltern zu plagen, was mich stets heftig ärgerte, woran ich sie aber an regnerischen Tagen nur selten verhindern konnte, da sie Unten etwas Neues und eine Unterhaltung fanden, besonders wenn Besucher im Hause waren und ihre Mutter sie, wiewohl sie mir gebot, sie im Schulzimmer zu behalten , niemals schalt, wenn sie es verließen. und sich eben so wenig die Mühe gab, sie zurückzuschicken. Heute aber schienen sie mit ihrem Aufenthaltsorte zufrieden und was noch wundervoller war, geneigt zu sein, miteinander zu spielen, ohne von mir Mittel zur Unterhaltung zu verlangen und ohne miteinander zu zanken. Ihre Beschäftigung war eine ziemlich unerklärliche, sie kauerten zusammen bei einem Haufen zerbrochener Spielsachen und einer Menge von Vogeleiern oder vielmehr Eierschalen, deren Inhalt glücklicher Weise herausgenommen war, auf dem Boden am Fenster; diese Eierschaalen hatten sie zerbrochen und zerstießen sie in kleine Stücke, zu welchem Zwecke, vermochte ich mir nicht vorzustellen; so lange sie aber ruhig waren Und nicht offenbares Unheil anstifteten, kümmerte ich mich nicht darum und setzte mich mit einem Gefühl ungewöhnlicher Ruhe am Feuer nieder, nähte ein Kleid für Mariannens Puppe und beabsichtigte, sobald dies geschehen sein würde, einen Brief an meine Mutter zu beginnen. Plötzlich aber öffnete sich die Thür und der röthliche Kopf Mr. Bloomfields schaute herein.
»Es ist ja Alles sehr ruhig hier! Was gebt Ihr an?« fragte er.
» Heute wenigstens nichts Schlimmes!« dachte ich.
Aber er war anderer Meinung. Er kam an das Fenster, und da er die Beschäftigung der Kinder sah, rief er ärgerlich:
»Was in aller Welt habt ihr vor?«
»Wir mahlen Eierschalen Papa,« rief Tom.
»Wie könnt Ihr es wagen, eine solche Schweinerei zu machen, Ihr kleinen Teufel! Seht Ihr nicht, welches verwünschte Unheil Ihr auf dem Teppich anrichtet? (der Teppich war ein einfaches, braunes Tuch,) Miß Grey, wußten Sie, was sie thaten?«
»Ja, Sir!«
»Sie wußten es?«
»Ja.«
»Sie wußten es! und Sie blieben da sitzen und ließen die Kinder thun was sie wollten, ohne ein Wort des Tadels zu sprechen?
»Ich habe nicht gedacht, daß sie etwas Unrechtes thun.«
»Etwas Unrechtes! Nun sehen Sie dorthin schauen Sie auf diesen Teppich und sagen Sie mir, ob man in einem christlichen Hause je so etwas gesehen hat. Kein Wunder, daß ihr Zimmer schlimmer wie ein Schweinestall aussieht — kein Wunder, daß Ihre Zöglinge schlimmer als eine Heerde Ferkel sind — kein Wunder — o wahrhaftig, da möchte man die Geduld verlieren,« und er, entfernte sich und warf die Thüre hinter sich zu, daß die Kinder über den Lärm lachten.
»Da möchte ich auch die Geduld verlieren,« murmelte ich, indem ich aufstand, das Schüreisen ergriff, zu wiederholten Malen damit in die Kohlen fuhr und sie mit ungewohnter Heftigkeit aufschürte, so daß ich meinen Unmuth unter dem Vorwande, nach dem Feuer zu sehen, Luft machte.
Von da an schaute Mr. Bloomfield beständig herein, um zu sehen, ob das Schulzimmer in Ordnung sei und da die Kinder beständig Trümmer von Spielsachen, Stöcke, Steine, Strohhalme, Blätter und anderes Zeug auf den Boden warfen, welches ich sie weder verhindern konnte zu bringen, noch nöthigen wieder fortzuschaffen und welche die Dienstboten ihnen nachzuräumen verweigerten, mußte ich einen bedeutenden Theil meiner werthvollen Mußestunden auf den Knieen zubringen, um mühevoll Alles in Ordnung zu bringen. Einmal sagte ich ihnen, daß sie nicht eher ihr Abendbrot erhalten sollten, als bis sie Alles vom Teppich aufgelesen haben würden; Fanny könne das ihre haben, wenn sie einen gewissen Theil gesammelt, Marianne, wenn sie doppelt so viel gethan und Tom sollte das uebrige hinwegräumen.
Wunderbarer Weise verrichteten die Mädchen ihre Arbeit, Tom aber war so wüthend, daß er auf den Tisch zusprang, das Brot und die Milch auf den Boden warf, seine Schwestern schlug, die Kohlen aus der Kohlenschaufel stieß, die Tische und die Stühle umzuwerfen versuchte, aber ich ergriff ihn, schickte Mariannen zu ihrer Mama, um sie zu rufen und hielt ihn trotz seiner Fußstöße, Schläge und Verwünschungen, fest, bis Mrs. Bloomfield erschien.
»Was hat mein Sohn gethan?« fragte sie.
Und als ihr die Sache erklärt worden war, that sie weiter nichts, als daß sie das Kindermädchen kommen ließ, Um das Zimmer in Ordnung zu bringen und das Abendessen für Master Bloomfield herbeizuholen.
»Da haben wirs!« rief Tom triumphirend, indem er mit zum Reden fast zu vollem Munde von seinen Speisen aufblickte; da haben wir’s, Miß Grey! Sie sehen, daß ich Ihnen zum Trotz mein Abendbrot habe, ohne daß ich einen einzigen Gegenstand aufgelesen hätte.«
Die einzige Person im Hause, welche wahrhaftes Mitgefühl für mich besaß, war die Wärterin, denn sie hatte gleiches Unheil erfahren, wenn auch in geringerem Grade, da ihr nicht die Aufgabe des Lehrens zugefallen war, und man sie für das Benehmen der ihr anvertrauten Kinder nicht so verantwortlich machte.
»O, Miß Grey,« pflegte sie zu sagen, »Sie heben rechte Noth mit den Kindern.«
»So ist es, Betty, und Du wirst wissen, was sie zu bedeuten hat.«
»Ja, das weiß ich! aber ich ärgere mich mit ihnen nicht, wie Sie, und dann, sehen Sie, ich gebe ihnen mitunter eine Ohrfeige und die Kleinen prügle ich dann und wann einmal ordentlich durch — sie folgen dann nichts Anderem als dem, was sie fühlen; aber ich habe deshalb meine Stelle verloren.«
»Wirklich, Beeth? Ich habe gehört, daß Sie fortgingen.«
»Ja, allerdings, die Madame hat mir vor drei Wochen schon aufgekündigt; sie sagte mir zu Weihnachten, wie es kommen würde, wenn ich sie wieder schlüge, aber ich konnte meine Hand nicht von ihr abhalten — ich weiß nicht, wie Sie es machen, denn Miß Marianne ist noch einmal so schlimm, als ihre Schwester.«
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