Reimar Oltmanns - Keine Zeit für Wut und Tränen

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Acht Stunden sind kein Tag und achtundsechzig Jahre nicht das ganze Leben. Reimar Oltmanns zeichnet seine Autobiografie auf, die sich wie ein Roman liest, um Vergangenes, Verdrängtes, Vergessenes ins Blickfeld zu rücken. So entstand ein subjektives Dokument der Zeitgeschichte von einer Offenheit, auch Gesellschaftskritik. Er traf in Deutschland und anderswo auf Charaktermasken und Karrieristen, deren Bilder sich wie Fratzen tief in sein Gedächtnis eingegraben haben.

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Meinen Lebensunterhalt, von Frankreich kommend wieder in Osnabrück, sicherte ich mir zwischenzeitlich als Lagerarbeiter in der Spedition Hellmann in den Morgenstunden ab 5 Uhr. Tag für Tag Kisten zu stapeln und Kartons zu entladen hatte ich praktisch zehn Stunden lang. Sperrgüter im ohrenbetäubenden Lärm der Lagerhallen unter Neonbeleuchtung hefteten sich an mein Gemüt. Immer und ewig diese schweren Kartonagen, sie ließ mich nicht mehr los in meinen Gedanken. Sie sollten mich auch in Träumen späterer Jahre unliebsam begleiten. Knochenarbeit.

Tagsüber träumte ich davon, als Jungpolitiker die Gesellschaft grundlegend zu verändern. Gedankenverloren, vielleicht ein wenig weltfremd betrat ich schon des Morgens den Tag. Mich interessierte keine Berufsausbildung, kein Studium. Meine Perspektive hieß Politik, Parlament, Diskussionen, Resolutionen, Demonstrationen. Ich fühlte mich auch im gesellschaftlichen Gefüge irgendwie „draußen vor der Tür“.

Auf meinem Bett-Hocker lag in besagten Tagen das Drama „Draußen vor der Tür“ 56, das der Schriftsteller Wolfgang Borchert (*1927+1947) noch kurz vor seinem Ableben über den Kriegsheimkehrer Beckmann verfasst hatte. Beckmann hatte Hunger, fror, humpelte, nur noch eine Kniescheibe und einen Soldatenmantel, der ihn in der Nachkriegszeit wärmte. Ihm, dem Außenseiter Wolfgang Borchert, dem lang verkannten Literaten, glaubte ich schon seit jeher verbunden zu sein.

Es war sicherlich das gefühlte Außenseiter-Dasein, das mich zu einer stoischen Besessenheit verleitete. Ich hörte auch gar nicht richtig hin, wenn beispielsweise mein staatlicher Vormund, das Fräulein Helene Klaebig, mich eindringlich ermahnte, wenigstens eine Lehre zu beginnen. Gedanken, Fühlen wie Handeln galten den häufig erwähnten „Marsch durch die Institutionen“. Er entsprach meiner Seelenlage, meinem Bedürfnis. Diese Strecke wollte ich gehen, komme, was da wolle bis nach Bonn als Abgeordneter im Deutschen Bundestag.

Zu meiner gedanklichen Richtschnur jedweder Maßstäbe gesellte sich neben der Freiheit gleichsam der Begriff von der Gerechtigkeit. Zudem träumte ich von einem selbstbewussten, intellektuell angehauchten Mädchen, das in ihrer Außenwirkung vielerlei Diskussionen zu bestreiten vermochte. Trotzdem sollte sie eine Frau sein, die mich des Abends mit einem Steak oder auch „Strammen Max“ bediente. Sie sollte den Haushalt, auch mich versorgen und mir mitten in der Nacht meinen Exegesen zum gesellschaftlichen Kampf um Emanzipation, Gerechtigkeit und Mitbestimmung lauschen. Ich sah mich schon als einen jungen Pascha. An dieser eingeübten Rolle fand ich nichts Absonderliches, Abweichendes. Ein junger Pascha, der fortwährend über Politik fabulierte. Gleichsam auch ein kleiner Macho, der von der zweiten Phase der Frauenbewegung 57noch keinen Deut, keinen Impuls mitbekommen haben will.

Wir lernten uns am 27. November 1968 im Kaufhaus Hertie in Osnabrück kennen, genauer gesagt in der Eingangshalle, die zwischen dem Neuen Graben und der Seminarstraße lag. Wir redeten so viel, so unablässig aufeinander ein, als würde uns die Zeit gestohlen, als hätten wir nichts, auch uns nicht zu verschenken. Meinen ersten Kuss gab ich Hilde im Eingangsfoyer. Dabei hatten wir offenkundig ganz vergessen, dass wir beide akkurat gekleidete Hertie-Mitarbeiter waren.

Fünf Jahre zuvor wurde hier im edel wirkenden Kaufhaus Hertie schon üppig gefeiert mit Musikkapellen und einer langen Tafel für Bauarbeiter und geladenen Größen aus Politik und Wirtschaft. Das hypermoderne Hertie wurde neu eröffnet und galt als Inbegriff des neuzeitlichen, bahnbrechenden Fortschritts mit Dachparkplatz und „Autofahrstuhl“, mit einer eigenen Parfümerie-Abteilung, weitflächigen Restaurants, Getränke-Bar. Der Publikumsandrang war jedenfalls so gewaltig, dass Polizisten den Auto-Verkehr auf dem Neumarkt umleiten mussten. Staus an den Verkaufsständen, Staus auf den Straßen, nur keine Staus im Portemonnaie. Eines der Kaufhäuser, das nach 23 Jahren wegen Misswirtschaft kleinlaut schließt musste, war seinerzeit die Hauptattraktion in diesem Ort. Wer von sich etwas hielt und erhobenen Hauptes zeigen lassen wollte, der flanierte um und in Hertie. – Zeitgeschmack.

Die Verkäuferin in der Eingangshalle hieß Hilde Meinders, sie war 21 Jahre alt, von recht kleiner Gestalt, blonder Bubikopf, Grübchen in den Wangen, Witz wie Lebenslust signalisierten ihre blauen Augen. Sie lachte viel, auch wenn es an diesem frühen, schon bitterkalten, abweisenden Morgen wenig schelmisch zu lachen gab, weil der Wind nur so durch den Eingangsbereich zischte. Aber Hilde lachte. Sie kam aus Nordhorn, einem etwa 50.000 Einwohner zählenden Emsland-Städtchen direkt an der Landesgrenze zu den Niederlanden gelegen. Hilde studierte eigentlich im dritten Semester an der Pädagogischen Hochschule, Hauptschul-Lehrerin wollte sie werden. Sie verkaufte in der Eingangshalle in den vorweihnachtlichen Wochen Adventskränze. Nebenjob.

Keine zwanzig Meter von ihr entfernt, da bediente ich Hertie- Laufkundschaften an meinen Regalen, dem Schallplattenstand mit einlullenden Melodien, auch ewigen Gassenhauern. Zum Verkaufsrepertoire des Massengeschmacks zählte nun mal das Liedchen „Wenn du einsam bist“ vom Schlagersänger Ronny (Wolfgang Roloff *1930+2011) . Da hatte ich entsprechend der Verkaufsförderung täglich dreißig-, gar vierzigfach die „ Hohen Tannen“ und „ Dunja du“ herunter zu nudeln.

Die Komik unserer Hertie- Begegnung war nur, dass wir beide uns tatsächlich einsam fühlten und wohl auch waren. Wir, Hilde und Reimar, redeten ja viel, sehr viel, so als lauerte allein schon im Faktor Zeit oder im Tagesablauf eine uns bedrohende Gefahr, die uns auseinanderreißen könnte. Wahrscheinlich wollten wir keine Leere entstehen lassen, die unsere beiden Ängste des Verlassens sein in den Vordergrund spült.

Hildes Mutter starb, als sie noch ein Kind war. Die zweite Ehe ihres Vaters Hermann Meinders (*1916+2007) , Pädagoge in einer einklassigen Dorfschule im Örtchen Bookholt, scheiterte an den Alltag zerfressenden Eifersüchteleien zwischen Stiefmutter Renate und ihrem anvertrauten Töchterlein. In dem jungen Mädchen wurden Ängste gezüchtet, die irgendwo hinwanderten, aber nie abgebaut, verarbeitet worden sind. Oft waren es berechtigte Gefühle des Bedroht seins, die die Studentin vereinnahmten. Schlug die Stiefmutter in regelmäßigen Abständen mit flacher Hand auf sie ein – natürlich vom Vater unbemerkt.

Vater Hermann, ein rechtschaffender Pauker, zeigte wenig Einfühlsamkeit für sein Töchterchen. Er konnte sich derlei rüde Handgreiflichkeiten seiner weitaus jüngeren Frau so gar nicht vorstellen. Kinderfantasien seien das, so vermutete er; dort draußen im flachen Emsland, wo das einsilbige Diktat dem Mädchen ihren Lebensatem zu unterbrechen vermochte. Ob Schule oder Lehrerhaus, sie blieben halt stets, was sie waren und ausstrahlten: bäuerlich, pingelig, engherzig.

Zumindest blieb Hilde mit ihrer Furcht allein, ganz allein, mutterseelenallein im großen Schulhaus, umgeben von weiten Marschfeldern, Koppeln und die Seele einschläfernden Blicke auf Kühe wie Lämmer, die nicht weichen wollten. Meist verzog sie sich auf ihr Zimmer, was blieb ihr auch anderes übrig. Nun starrte sie in ihrer kleinen Butze auf den alten Kleiderschrank, der vor ein paar Jahren noch das Schlafzimmer ihrer Eltern schmückte, schaute auf ihr Lundia-Regal, in dem sich Kafka, Beckett und Walser aneinanderreihten.

Hilde lag oft auf ihrem Mädchen-Bett und versuchte ihre Gedanken zu bündeln, was ihr aber nicht gelang. Sie fühlte sich elend, „kotzübel“, wenn sie an die immer und immer wiederkehrenden Szenarien und Ausfälle ihrer Stiefmutter dachte. Und sie hatte eine immense Wut auf ihren Vater, der lange Zeit nichts unternommen hatte. Das jedenfalls war und blieb ihre Ohnmacht, die sie seither begleitet. Misstrauen, Furcht abermals enttäuscht zu werden.

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