FRIEDRICH RENTSCHLER
Gedichte
In dankbarer Erinnerung an meine verstorbene Frau Edelgard Rentschler
UM DAS DENKEN UM DAS DENKEN
ES BLEIBT KEINE ZEIT
ES IST ALLES STILLE
KOMME ZU DIR SELBST ZURÜCK
MEINE ZEIT
ÜBER DEN TAG HINAUS
UNSER UNTERGANG
UNVOLLKOMMEN
WAS IST ES, DAS UNS TREIBT?
WENDE
UM DEN GLAUBEN
GLAUBEN
HEILIGE NACHT
UND DAS WUNDER GESCHAH
UM DEN MENSCHEN
ADOPTION
ANSCHAUEN
BACCHUS
BEREIT SEIN
DIE EINFLUSSREICHEN
EIN MENSCH
EINSAMKEIT
ERWARTUNGEN
ES IST KRIEG
FRAUENVERSE
FÜRSPRECHER FEHLEN
GIB DEINE HAND
GROSSSTADTLEBEN
HÄNDE FALTEN
HANDELN
HASS
HAUSTYRANN
HUNGER
IM KRIEG
INZEST
KEINER WILL VERZICHTEN
KOMM NACH HAUS
LEBE LOGISCH
MEIN HORIZONT
MENSCHEN DER NACHT
MÜDE
MUTTER
OHNMACHT
SCHLANK SEIN WOLLEN
TANZEN
TRENNUNG
TREUE
VÖLKERFREUNDSCHAFT
WANDERER, KEHRE EIN
WUNSCH
UM DIE ANGST UND DEN TOD
ABSCHIED
ANGST
DER TOD
RÜCKBLICK
STEH WIEDER AUF
WAS BLEIBT BESTEHN?
UM DIE LIEBE
ICH HAB DICH LIEB
ICH HAB DIR NICHT GUT GETAN
UM DIE NATUR
BEDROHTE ERDE
DAS HAUS
DER FISCHER LIED
FRIEDEN
FRÜHLING
HERBST
REGEN
VULKAN
WALDSTERBEN
WINTER
UM DAS DENKEN
bäume fallen
lachen die sonne an
kleben am boden
wuchern in der schwüle
schlagen aus
sonnen steigen
ziehen die sterne an
glühen am himmel
jagen in der ferne
gehen tief
kaiser werden
klagen die kinder an
hängen am schwachen
rinnen in die steine
sterben bald
kinder harren
lachen die sonne an
gehen im leben
wachsen in der fremde
werden groß
Da ist ein Wort,
das treibt mich um:
Verständnislosigkeit.
Ein Zustand muss das sein,
los von Verständnis,
verständnislos.
Ein Handeln muss das sein,
ohne Verstand,
verständnislos.
Ein Denken muss das sein,
ohne zu verstehen,
verständnislos.
da ist es wieder
dieses etwas tun wollen müssen
und dieses etwas tun wollen müssen
nicht tun wollen können
dieses gelähmt sein fühlen
und dieses gelähmt sein fühlen
nicht verändern können
dieses ohnmachtsgefühl
und diesem ohnmachtsgefühl
nicht seine macht nehmen können
Denke nach, Bruder,
denke nach.
Was mit dir geschieht,
wenn du die Blumen siehst
am Wege stehen,
das hängt von deinem Willen ab:
Ob du dein Leben liebst
und alle Blumen grüßt;
ob du gefangen bist
und keine Blumen siehst.
Denke nach, Bruder,
denke nach.
Die Blumen blühen alle,
ob traurig du, ob fröhlich;
die Blumen grüßen dich,
wenn du sie siehst.
Der Adler sucht Heimat
in neuen Gebirgen,
fliegt Wege, die nie er geflogen.
Sein Flügel streut Wohltat
in alten Bezirken,
haucht Frieden mit Eisen und Bogen.
Sein Schnabel greift Vorrat
und beißt ihn mit Würgen,
spricht Frieden und hat sich belogen.
Sein Suchen ist sinnlos,
denn nirgends kann wohnen
der Adler, als wo er geboren.
Sein Streben ist lieblos,
und niemand wird lohnen
dem Adler, was hier er verloren.
Sein Greifen ist wahllos,
und zahllos die Sonnen
des Adlers, die er sich erkoren.
Dort geh durch den Sand
In die Tiefe tief
Durch die Erde tief
In die Tiefe tief
Durch den Weltraum tief
In die Tiefe tief
Hier greif nach dem Wind
In die Höhe hoch
Nach den Wolken hoch
In die Höhe hoch
Nach den Sternen hoch
In die Höhe hoch
Da fühl in dein Herz
In die Weite weit
Mit der Seele weit
In die Weite weit
Mit dem Geiste weit
In die Weite weit
Dort, wo ich nicht bin, bist du.
Vielleicht.
Geht fort, ihr müden Geister: Ich bin!
Euch frage ich nicht.
Ausdruck such ich, Ausdruck und Form.
Die Norm fehlt.
Sie ist eine Zwangsjacke.
Ich will keine.
Schema F für dich?
Vielleicht.
Bist du dort, wo ich nicht bin?
Weiß nicht.
Seht dort, ihr schwarzen Teufel: Engel!
Die jagen sich nicht.
Frieden möcht ich, Frieden und Glück.
Der Trost fehlt.
Er ist Kraftrate.
Ich will eine.
Thema X für dich?
Noch nicht.
Wo ich nicht bin, dort bist du.
Es bleibt keine Zeit,
deinen grünen Träumen nachzuhängen.
Die Welt erfordert Kraft
und braucht auch Energie
für ihre Industrie
und Macht für ihre Leidenschaften.
Ein Bauer sät sein Korn
in reich gedüngten Acker,
treibt sein Vieh auf grüne Weiden,
baut sein Feld mit Traktor,
Egge, Pflug und Wagen.
Maschinen helfen ihm,
weil keiner Knecht und Magd will sein.
Wer heut sein Feld bestellt
mit seinen Händen nur,
dem reicht sein Brot;
doch leben im Genuß,
das kann er nicht.
Und kann auch nicht
dem Hunger seiner Nachbarn wehren.
Es fragt keiner nach,
wenn die kranken Säufer in sich gehen.
Die Welt erfordert Kraft
und braucht auch einen Mann
für ihre Weiblichkeit
und Mut für ihre Federführer.
Ein Mädchen wird zur Frau
in wilden Frühlingstagen,
sucht sein Glück bei Jungen, Männern,
baut sein Haus mit Liebe,
Güte, Stolz und Glauben.
Vertraute helfen ihm
beim Spielen, Lernen, Reifen.
Vertraute helfen ihm,
weil keiner Mann und Frau kann sein.
Wer heut sein Haus erbaut
mit seinem Wollen nur,
der kennt sein Herz;
doch Weisheit und Verstand,
das hat er nicht.
Und kann auch nicht
dem Kummer seiner Nachbarn wehren.
Es gibt keinen Trieb,
der die alten Tage neu kann schaffen.
Die Welt erfordert Kraft
und braucht die alte Zeit
für ihre neue Zeit
und Sinn für alle fernen Tage.
Ein Morgen wird zum Tag
im schnell gelebten Leben,
formt ein Bild auf leeren Blättern,
formt ein Herz durch Menschen,
Wille, Mut und Pflichten.
Verehrer helfen ihm
beim Bilden, Formen, Bleiben.
Verehrer helfen ihm,
weil keiner alt und jung will sein.
Wer heut sein Leben lebt
mit seinen Sinnen nur,
dem reicht sein Tag;
doch Altes neu verstehn,
das kann er nicht.
Und kann auch nicht
den Ängsten seiner Nachbarn wehren.
Es glaubt keine Frau,
dass ein Mann ohne Willen treu kann bleiben.
Die Welt erfordert Kraft
und braucht ein Ideal
für ihre Sklaverei
und Gott für ihre Machenschaften.
Ein Junge sucht sein Glück
in wohlbekannten Häusern,
sagt von Liebe seinem Mädchen,
tut den Dienst in Büro,
Werkstatt, Haus und Schiffen.
Gelehrte helfen ihm
beim Rechnen, Schreiben, Handeln.
Gelehrte helfen ihm,
weil keiner faul und klug kann sein.
Wer heut sein Leben lebt,
mit Träumen, ohne Plan,
der kennt sein Herz;
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