Reimar Oltmanns - Keine Zeit für Wut und Tränen

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Acht Stunden sind kein Tag und achtundsechzig Jahre nicht das ganze Leben. Reimar Oltmanns zeichnet seine Autobiografie auf, die sich wie ein Roman liest, um Vergangenes, Verdrängtes, Vergessenes ins Blickfeld zu rücken. So entstand ein subjektives Dokument der Zeitgeschichte von einer Offenheit, auch Gesellschaftskritik. Er traf in Deutschland und anderswo auf Charaktermasken und Karrieristen, deren Bilder sich wie Fratzen tief in sein Gedächtnis eingegraben haben.

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Einmal wöchentlich gab es donnerstags ein Taschengeld von 50 Pfennig. Es war sogar möglich, an diesem Nachmittag die Sutthauser Straße in Gruppenformation mit einem Praktikanten, den wir „Feldwebel“ schimpften, entlang zu laufen. Ziel: Konsumladen. Begierde: Gummi-Bärchen. Eingehende oder auch geschriebene Briefe unterlagen der Heimzensur. Telefonate waren streng verboten. Freien Ausgang gab es nur mit Sondergenehmigung.

Für solch eine spezielle Erlaubnis sorgte Erwin, der Heimfriseur. Ihn durfte ich eine Zeit lang sogar in seiner Privatwohnung besuchen. Normalerweise kam Erwin alle vier Wochen, stutzte uns die Haare zu Mekki-Frisuren. Erwin war Mitte dreißig Jahre alt, von untersetzter, gedrungener Figur mit reichlicher Pomade im nach hinten gekämmten Haar, verheiratet, ein Kind. Sein Markenzeichen: Erwin lachte häufig verschmitzt über beide Backen, erzählte viele Witze zur Selbstunterhaltung sozusagen; anzügliche, schmutzige Bonmots über das weibliche Geschlecht.

Wir staunten mit offenen Mäulern jedes Mal erneut, aus welchen Klatschspalten Erwin all diese verschmitzten Ferkeleien nahm und dann auch noch in seinem Gedächtnis zum Weitererzählen einspeicherte. Wenn zufälligerweise eine ahnungslose Erzieherin an Erwins Frisiertisch vorbei huschte, dann deutete Erwin mit seiner Schere schmunzelnd auf diese junge Frau, bevor er seine schlüpfrigen Erzählungen über des „Fräuleins Unterhöschen“ fortsetzte. Lachen, Kichern. Erwin strahlte.

Pro Haarschnitt nahm er eine Mark. Der Preis war es, der ihm angesichts der vielen Köpfe eine Art „Sonderstellung“ im Heim zuwies. Zumindest gab es von der Heimleitung keinerlei Einwände, Erwin einmal zu Hause zu besuchen. Erwin wohnte am Rosenplatz in Osnabrück, an dem sinnigerweise nicht mal eine Knospe oder auch schmales Blumenbeet blühte. Beton.

Aus seiner Wohnungstür in der zweiten Etage eines Mehrfamilienhauses drang ein miefiger Gestank von Alkohol und ranzigem Essen. Mülltüten bedeckten den verklebten Fußboden. Eine vergammelte Matratze schmückte den Wohnraum. Auf ihr lag ein junges Mädchen, das sich als „Frau Erwin“ vorstellte. Überall standen oder purzelten leere Schnapsflaschen herum – von Friseur Erwin war nichts zu sehen. Fehlanzeige. An diesem Morgen soll er beizeiten das Haus verlassen haben, um im nahe gelegenen Bad Iburg Internats-Köpfe zu scheren. Erwin – der Heimfriseur.

Meist an den Nachmittagen zum Wochenende durchstreiften Heimkinder in Reih und Glied angrenzende Wälder. Zum Picknick-Pfefferminz-Tee zählte gleichfalls die Mundorgel zum festen Repertoire. Jenes handliche Fahrten-Liederbuch im Hemdtaschenformat, aus dem die Kids ihre Volkslieder zu schmettern hatten; etwa „Jesus herrscht als König“ – „Gute Nacht Kameraden“ oder „Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord“ wie auch „Wildgänse rauschen durch die Nacht mit schrillem Schrei nach Norden“. So manche Melodie stammte damals noch aus der Nazi-Zeit. In Lied-Texten wurden auffallend viele „Neger“ und „Zigeuner“ besungen. Der Refrain duldete nur eine militaristische Variante.

Zur Erinnerung: Osnabrück ist ein geschichtsträchtiger Schauplatz des Westfälischen Friedens aus dem 17. Jahrhundert. 27Ein mahnender Ort. Nur in den fünfziger und sechziger Jahren der vergangenen Centesimo waren immer noch klackende Stiefel-Sturm-Schritte der Sieger-Soldaten dumpfe Alltagslaute. Überall klapperte das Schuhwerk in ehrwürdigen Altbau-Gassen mit seinem gediegenen Kopfsteinpflaster. Der Zeitgeist jener Jahre trug Uniform und Knobelbecher. Die Stadt beherbergte mit den in der British Forces Germany (BFG), erst als Besatzungsmacht, dann als NATO-Verbündeter, zeitweilig bis zu zehntausend Soldaten in ihrem Gemäuer; über 160 Hektar groß waren englische Militärflächen, die größte Basis der Britischen Armee im Ausland überhaupt – Osnabrück. Im Jahre 2009 zogen die Engländer ab. Stadtteile wie Dodesheide mit seinen großflächigen Parks wirkten wie leergefegt. An die 500 deutsche Zivilangestellte marschierten gleichfalls in die Arbeitslosigkeit. Verlassenheit.

Erklärte Maßgabe im Haus Neuer Kamp zu Osnabrück war es, Jugendlichen, die Schäden an ihrer Seele in Elternhäusern davongetragen hatten, durch stationäre heilpädagogische und psychotherapeutische Behandlung möglichst zu beseitigen. Alle Zöglinge besuchten öffentliche Schulen der Stadt Osnabrück. Das klang in seiner Außenwirkung modern, zukunftsorientiert und einfühlsam.

In seiner Innenwirkung hingegen wurden jedoch unbedacht die Konzepte aus der Zeit des Nationalsozialismus übernommen. Viele Heime existierten ja bereits und das Personal wurde weiter beschäftigt. Ob Erzieher oder auch Kindergärtnerinnen – sie alle konnten sich ungehindert ihre Befindlichkeiten an Heimzöglingen austoben, prügeln oder sich auch sexuell an Schutzbefohlenen Jugendlichen vergehen. Grauzonen, die mit dem schauerlichen Satz umschrieben wurde, „du sollst nicht fehlficken“. Der junge Mensch hatte keine andere Chance, als sich „heimangepasst“ zu verhalten. Nur so konnte er sich ein Überleben sichern. Das war Alltag im Haus Neuer Kamp, wo die leichte Verfügbarkeit von Kindern sexuelle Befriedigungs-Szenarien garantierte.

Naheliegend war es, ohne viel Aufhebens, mal eben kurz über den Flur ins Jungen- oder Mädchenzimmer zu hüpfen. Das ersparte dem Erziehungspersonal umständliche Busfahrten in die Kilometer weit entfernte Innenstadt, dort wo ein Liebesabenteuer langwieriger und überdies sehr ungewiss, oft ein Zufall war. Die pädagogische Trendwende sollte noch ein Vierteljahrhundert auf sich warten lassen. Seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gibt’s kein Augenzwinkern mehr, werden immerhin körperliche Gewalt, sexueller Missbrauch strafrechtlich geahndet. – Fortschritt.

Damals zu meiner Heim-Zeit Mitte der sechziger im vergangenen Jahrhundert nistete überall in Erzieher-Köpfen selektive, rigide Prinzipien, ein drakonisches Bestrafungspotenzial. Sie wurden von den Großvätern des Dritten Reiches unbedacht kopiert, nachempfunden. Da wurden Schlüsselbunde urplötzlich ohne Ansatz an die Köpfe oder in den Rücken weglaufender, aufgeschreckter Kinder geworfen. Da blieb es in meiner Gemischten Gruppe III (Jungen und Mädchen) vornehmlich dem pädophilen Gruppenleiter vorbehalten, das gegenseitige Auspeitschen mit nassen Handtüchern, quasi als sexuelles Vorspiel, anzuordnen. Lustgewinn. Ein ordentlich gemachtes Bett, das zu jeder Tageszeit für etwaige Besucher vorzeigbar war, schien für die Heimleitung allemal wichtiger als eingeschüchterte Kinderseelen. Dass uns beim Klo Gang nur zwei Blatt Papier gesondert zugeteilt wurden, nach dem wir die Erzieher höflich zu fragen hatten, blieb ein verschämt verstecktes Alltagsritual.

Jene allseits verinnerlichten Heim-Gewohnheiten besagten zunächst einmal, sozial auffällige, geistig oder körperlich behinderte oder psychisch kranke Kinder und Jugendliche zu disziplinieren, sie aus dem öffentlichen Leben einstweilen zu verbannen.

Mangelnde Anpassung wurde eben als Verwahrlosung interpretiert, einst als Vorstufe zum „lebensunwerten“ Leben abgehandelt. So schien es normal, dass ich im ersten Vierteljahr auf keiner Schulbank hockte, über keinerlei außer-heimische Kontakte verfügte, ich mit Entzug und Entsagung auf meine Heim-Jahre im Heim-Versteck abzurichten war. Isolation. Ich sollte mich erst einmal von meiner elterlichen Drangsal erholen, erst einmal lernen, angstfrei ein- und auszuatmen.

Wieder saß ich, wie einst in meinem Heimatstädtchen Schöningen, am Fenster, diesmal in der ersten Etage im zweiten Gebäudetrakt des Kinder- und Jugendheims. Diesmal plärrte ich nicht auf den Marktplatz, sondern rief lauthals in die tief hallenden Wälder hinein. Keiner wollte mich hören. Heiser wurde ich. Nachts schlafwandelte ich durch Gruppenräume. Schreiend weckten mich meine Albträume, Angstträume.

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