Sebastian Kalkuhl - Was richtig ist

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Seit Jahrtausenden wachen Schutzengel über die Menschheit. Cassiel ist einer von ihnen – und er würde alles tun, um Sam zu schützen. Auch wenn es bedeutet, Regeln zu brechen, die Welt in Gefahr zu bringen oder sich mit der Hölle anzulegen.
Die meiste Schutzengel machen ihre Arbeit gut.
Cassiel macht sie richtig.
Das erste Buch aus dem #engelcontent-Universum!

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Was richtig ist

Sebastian Kalkuhl

Impressum

Texte

© Sebastian Kalkuhl

1. Auflage 2019

ISBN Print 978-3-7467-7254-7

Cover

© Robyn van Haase

robyn.vanhaase.de

Layout und Satz

© Cay Jakob Rahn & Nanouk Sebastian Helzle

Lektorat

Lydia Jablonski

www.LydiaJablonski.de

Verlag

Sebastian Kalkuhl

Unnaer Straße 7

59439 Holzwickede

info@sebastiankalkuhl.de

Widmung

Für meine Hunde. Es war immer richtig gewesen, dieses Buch zu veröffentlichen.

Prolog

Dienstag, 1. September

2 Monate vorher

Da war der Glimmer wieder. Er hing mitten in der Einfahrt, entzog sich jeder Beschreibung und brachte das Gefühl mit sich, dass hier etwas Seltsames geschehen war. Sam blieb stehen, um einen genaueren Blick darauf zu bekommen, blinzelte; da war nichts mehr. Martin unterdessen ging seelenruhig durch die Stelle hindurch, an der sich der Glimmer vielleicht befunden hatte, weder er noch die alte Dame hinter ihnen dürfte ihn überhaupt mitbekommen haben. Es würde keinen Sinn ergeben, sie darauf anzusprechen.

»Kommst du?«, rief Martin von seinem Auto aus herüber.

Sam nickte, verabschiedete sich noch einmal von der alten Dame und beeilte sich, einzusteigen.

»Das ist im Grunde alles, was du machen musst«, erklärte Martin kaugummikauend, noch während er sich anschnallte. Direkt beim Verlassen des Hauses hatte er eine gelangweilte bis genervte Miene aufgesetzt und sich offenkundig nicht darum geschert, dass ihn die Dame noch hatte sehen können. Jetzt gab er Gas, minimal über der Geschwindigkeitsbegrenzung, und Sam erwischte sich erneut beim Gedanken, dass es anders fahren würde. »Du kennst die Route ja jetzt, du bringst den alten Leuten Essen vorbei, unterhältst dich noch ein bisschen nett, lächelst und das war’s dann auch schon.«

Sam nickte. »Klingt machbar.«

»Grade eben so.« Martin grinste und bog auf die Hauptstraße. »Manche von denen nerven ein bisschen. Sind alleinstehend, Ehemann ist gestorben, haben sonst keinen zum Reden, das Übliche halt. Die brauchen das bisschen mehr Zeit, das du eigentlich nicht hast, wenn du nicht hetzen willst. Aber sonst...«

»Ich werd schon klarkommen«, erwiderte Sam und hoffte, das Thema damit erledigt zu haben.

»Da hab ich auch keinen Zweifel dran«, sagte Martin. »Hast du heute Abend noch was vor? Ich mein, wir haben jetzt ja technisch gesehen Feierabend und noch sind die ganzen Kneipen nicht brechend voll, da könnten wir ja theoretisch...« Er kommunizierte das Ende des Satzes über wildes Gestikulieren, sodass er einen Moment lang keine Hand mehr am Lenkrad hatte.

Sam zögerte eine Weile und versuchte ihn zu lesen. Die gesamte Fahrt über hatte er sich nicht direkt unsympathisch benommen, von kleinen, bissigen Kommentaren manchmal abgesehen, aber die wenigsten Leute, die einem wirklich etwas Böses wollten, benahmen sich auch so. ›Andererseits‹, dachte es, ›ich kann auf mich aufpassen, mir passiert schon nichts. Und ich war seit Ewigkeiten nicht mehr abends unterwegs.‹

Es unterdrückte ein leichtes Seufzen, mehr von sich selbst genervt als von der Frage, an der es für seinen Geschmack schon viel zu lange herumüberlegte. »Wenn du uns was Vernünftiges findest, dann ja.«

Martin warf einen Seitenblick zu Sam hinüber, der sehr deutlich fragte, ob es das ernst meinte. So selbstbewusst, wie der Kerl fuhr, wie er auftrat und wie er seine Haare trug – manche Frisuren sagten zuverlässiger einen bestimmten Typ Mensch voraus als andere und die hier gehörte zu Ersterem – wunderte es Sam nicht, dass er sich auskannte. Wahrscheinlich ging er jede zweite Woche mit einem großen, aber losen Freundeskreis feiern. Gerne inklusive ein paar junger Frauen, die sie irgendwo kennengelernt hatten, und für die er Sam wahrscheinlich gerade hielt. So gesehen eine schöne Abwechslung, nachdem die letzten drei älteren Menschen es immer einen »netten jungen Herren« genannt hatten. Beide Parteien lagen falsch mit ihrer Annahme, aber seitdem Sam sich vorgenommen hatte, diese Tatsache nur noch dreimal pro Tag Leuten erklären zu wollen, hielt sich das Maß an Diskussionen darüber in einem recht angenehmen Rahmen. Den Rest schluckte es, je nach Tagesform auch mit Fassung.

Es zwang sich zu einem Grinsen, obwohl ihm nach dem Gedankengang nicht mehr wirklich danach zumute war. »Du findest uns ’ne Bar.«

»Gerne auch mehrere.«

»Mal sehen.«

Martin bog links ab, fuhr gefühlt durch zwanzig Seitenstraßen und fünfmal durch dieselbe, bis Sam nicht mehr zweifelsfrei sagen konnte, ob es sich hier einfach nicht genug auskannte oder Martin wirklich keine Ahnung hatte, wo er hinwollte. Ausgehend vom bisherigen Weg war seine Orientierung definitiv nicht die allerbeste, aber offensichtlich noch ausreichend für einen Job, der viel Fahren beinhaltete.

»Ich fahr’ noch kurz tanken«, erklärte Martin nach einem Moment. »Dann eben zu mir und danach können wir los.«

›Dass ich vielleicht auch nach Hause will, vergisst du‹, dachte Sam. ›Schlechter Stil.‹

Martin fuhr an den nächsten drei Tankstellen gekonnt vorbei, die ihm offenkundig zu voll vorgekommen waren, bis er schließlich eine fand, bei der er nicht »Ewigkeiten stehen« musste. Dass das Benzin hier zufällig auch teurer war, war ihm entweder entgangen, der Job zahlte sich wirklich gut aus oder er hatte Eltern im Hintergrund, die ihm das Auto finanzierten.

»Ich komm sofort wieder«, erklärte er, kaum dass der Wagen stand und war kurz darauf schon ausgestiegen.

Sam seufzte, lehnte sich zurück und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Egal, was der Kerl noch vorhaben mochte, allzu lange würde es mit Sicherheit nicht bleiben. Erstens war es aus welchen Gründen auch immer seit fünf Uhr morgens wach, zweitens kannten sie sich längst nicht gut genug für ausgiebiges Feiern bis zum Morgengrauen und drittens hatte es heute Abend nach wie vor geplant, zu zeichnen. Seine Linienführung war furchtbar, wenn es getrunken hatte.

»Geh nicht mit ihm mit.«

Sam für nur ein wenig zusammen und öffnete die Augen wieder. Für den ganz großen Schrecken passierte das zu oft.

Es drehte sich langsam um. Auf dem Rücksitz saß jemand Fremdartiges, der erkennbar nicht hierhergehörte. Sam kannte sein Gesicht, die verwuschelten braunen Haare und die leuchtend grünen Augen. Vor allem wegen Letzteren wollte es sich für den Gedanken, die Person sei nicht von dieser Welt, nicht sofort für verrückt erklären. Die Sache sollte ihm mindestens Sorgen machen, doch es wusste, er hatte recht.

»Bitte, geh nicht mit ihm mit«, wiederholte der Fremde und klang leicht außer Atem. Merkwürdig, dass Sam das hören konnte, seine gesamte Erscheinung ließ keinen Makel zu.

»Was ist falsch an ihm?«, fragte es wie jedes Mal. Wie bei dem Serienmörder, bei dem es im Taxi gesessen hatte, dem Vergewaltiger in der fast leeren Bahn, dem Kerl, der es auf dem Weg nach Hause überfallen hätte, hätte es den üblichen Weg genommen.

»Er wird dich nicht verstehen«, erwiderte der mehr oder weniger ungebetene Gast. »Er kann Personen wie dich nicht leiden, die nicht in sein Weltbild passen. Er glaubt, sie würden sich ihre Identität ausdenken, lügen, Aufmerksamkeit wollen und er wird sich einen Spaß daraus machen, dir das vorzuhalten.«

›Na wundervoll.‹ »Soll heißen, wenn ich mich oute, lacht er mich erst aus und schlägt mich zusammen, wenn ich Pech habe.«

Der bekannte Fremde nickte. »Geh nicht mit ihm mit.«

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