“Da oben, siehst du?!”
Ja, ich sah - sie - “süß!“ sagte ich, und hatte einen Steifen in der Hose, dass ich kaum noch laufen konnte.
Schließlich muss sie es gemerkt haben, denn sie machte die verdammte Stablampe aus und drehte sich zu mir um. Ihre Zähne schimmerten im Mondlicht, sie kam näher, roch nach Pferden und Moschus, ich nahm ihr Lächeln für ein Ja, ließ alles aus der Hand fallen und packte sie wie ein Oktopus.
Wir küssten uns, sie öffnete ihre Lippen sofort und steckte mir ihre Zunge in den Mund, biss mich in die Lippen, ich fand den Reißverschluss ihrer Jeans, sie zerrte bereits an meinem.
Mein Verstand muss komplett ausgeschaltet gewesen sein, ich weiß nicht, wie die Decken auf den Boden und wir auf die Decken gekommen sind, wir waren ein verschlungenes Gewirr von tastenden Händen und Armen. Ich hielt kurz ein, um sicherzugehen, dass sie auch wollte, was hier passierte; aber sie zog mich über sich, ich stieß zu, sie war heiß und feucht und wir kamen schnell und gleichzeitig, alle Nervenbahnen in Flammen und in meinem Kopf ging ein ganzer Meteoritenschwarm nieder. In zwei Minuten war alles vorbei.
“Sorry”, sagte ich heiser, als ich wieder Luft bekam. Schließlich habe ich beigebracht bekommen, dass Frauen es sanft und langsam wollen, mit Vorspiel und Nachspiel und was noch alles.
“Wofür”, fragte meine Königin und lachte leise. ”Für die komplizierteren Sachen haben wir noch die ganze Nacht.”
Sie hatte ihre eigene kleine Wohnung in einem Anbau am Farmhaus, und das war nur ein Glück, denn es war Herbst in Queensland, das heißt: sengende Sonne am Tag, aber empfindlich kalt in der Nacht.
Mein Bauch glühte und mein Rücken war durchgefroren.
Wir stiegen hastig in unsere Jeans, rollten die Decken zusammen, überließen die Sandwiches den Koalas und rannten fast zurück; zwischendurch immer wieder Pausen, um uns zu küssen, zu streicheln und neu anzuheizen.
Als wir ankamen, waren alle Fenster dunkel. Wir schlichen uns in Rhondas Zimmer und fielen von neuem über einander her. Diesmal hielt ich länger durch. Sie zerkratzte mir den Rücken und fauchte wie eine Katze, wenn ich mich mittendrin zurückzog, stöhnte - warte, warte, beweg dich nicht - um das Spiel zu verlängern, weinte, als sie wieder kam, und ich leckte die Tränen von ihrem Gesicht und den Schweiß zwischen ihren Brüsten auf.
Als ich dachte, dass ich leergepumpt sei und zu kaputt, um noch einen Muskel, geschweige denn d e n Muskel zu regen, brachte sie meinen Zauberstab mit ein paar geübten Griffen wieder zum Stehen. Sie hatte offenbar vor, alles aus der einen Nacht rauszuholen, was möglich war. Ich konnte es kaum glauben. Und alles in Stummfilmqualität - diese Holzhäuser sind so hellhörig ...
Sie weckte mich im Morgengrauen.
“He! Wach auf! Es wär’ besser, wenn Pa dich nachher aus deinem Zimmer kommen sieht.”
Ich küsste sie und murmelte: ”Verwandel‘ dich nicht in einen Frosch, wenn der Morgen kommt”, schlich in mein Gästezimmer und muss geschlafen haben wie ein Toter; keine Chance, dass mich ihr Vater oder sonst wer aus irgendeinem Zimmer kommen sah, weil sie alle längst bei der Arbeit waren, als mich das Gepolter von kleinen Hufen auf der Vordertreppe endlich weckte.
Mein Zimmer lag direkt neben dem Haupteingang, und ich konnte hören, wie die zwei Schafe wieder in die Küche trabten. Es war niemand da, um sie bei ihrem Raubzug zu hindern. Ich grinste, räkelte mich unter der Decke und dachte: sollen sie doch auch ihren Spaß haben.
Cindy erwischte mich, als sie von der Schule - im Schulbus - nach Hause kam.
Vielleicht hatten ihr Pa und ihre Ma keine Augen im Kopf, aber s i e hatte, das ließ sie mich wissen.
“Habt ihr viele Koalas gesehen gestern Nacht? “ fragte sie schlau.
“Jede Menge”, sagte ich. Sie grinste unverschämt. Dann zeigte sie mir ihren privaten Zoo - “ ... damit du wenigstens ein paar Tiere zu sehen kriegst in Australien.”
Sie hatte im Garten einige Reptilien, zwei Schlangen, bunt und, wie sie mir versicherte, sehr, sehr giftig (!), einen kleinen Waran und zwei seltsame schwarze Echsen, die aussahen wie Tannenzapfen mit Beinen. Und ein halbzahmes Opossum, das tagsüber im Geräteschuppen schlief.
Während des Rundgangs feuerte sie ihre hinterlistigen kleinen Fragen ab:
”Liebst du Rhonda?” “Findest du sie hübsch?” “Ich werd mal viel hübscher, sagt Ma.”
Sie nahm tatsächlich meine Hand, sah mir in die Augen und sagte: ”Ich mag große dunkelhaarige Jungs wie dich.”
Eifersüchtig war sie. Ich hätte sie knuddeln können.
Liebte ich Rhonda? Ich weiß es nicht. Das war nicht die Frage, glaube ich; ganz sicher nicht für sie.
Tagsüber sahen wir uns kaum, aber Nacht für Nacht bumsten wir in ihrem kleinen Schlafzimmer, dass die Laken rauchten. Anschließend: zufriedene Leere, Watte im Kopf, tschüss Welt; weißes Rauschen auf dem Sender; meine Maschine flog mich an einen schattigen Ort, wo ich den Tag verdösen konnte, morgen gab’s nicht, nur immer die nächste Nacht. Ich war glücklich und dachte, sie wäre es auch.
Wie glücklich oder nicht wir auch zusammen oder jeder für sich waren - jemand in der näheren Umgebung war ganz und gar nicht glücklich - die “Hippies” hatten sich auf unnachweisbare Art für den Tipp gerächt: sie brauchten nichts weiter zu tun, als am frühen Morgen bei der Molkerei den Hund von der Leine zu lassen.
Die sogenannte Molkerei, eine etwas hochtrabende Bezeichnung, bestand aus einem flachen Gebäude, einer Kühlanlage und ein paar Viehboxen, in denen die Kühe festgebunden und an die Schläuche und Saugnäpfe des Melkautomaten angepfropft werden konnten. Außen am Gebäude waren zwei schmale Koppeln, eine für noch nicht und eine für fertig gemolkene Kühe. Ich war einmal dabei und es hat meine Abneigung gegen Milch nicht beheben können.
Ganz sicher haben die Stephens hier alles vorschriftsmäßig und hygienisch einwandfrei aufgezogen, aber am Ende war der Raum eben bis unters Dach vollgeschissen, es stank süßlich und warm, ein Schwein war eingedrungen und hatte einen Milcheimer umgeworfen; es schlabberte grunzend die Mischung aus Sahne und Scheiße vom Boden. Kein Zweifel: was in den Kühlbehälter gelangte, war sauber und genießbar, aber nicht für mich.
Draußen grenzten an die Molkerei und die Koppeln noch ein paar Schweinekoben und Schuppen, und in dem dazwischen entstandenen Innenhof liefen eine Menge Hühner und ein paar Pfaue herum. Ein gefleckter Hirtenhund war ständig an den einzigen schattenspendenden Baum gebunden, wenn er nicht gerade von Greg zum Viehtreiben mitgenommen wurde.
Diesen Hund hatte jemand einfach von der Leine befreit, und dann brauchte der Jemand nur noch wegzusehen und wegzuhören. Der Hund, an sich nicht bösartig, begann nun ein bisschen zum Spaß das Federvieh zu jagen, und als es lärmend und flatternd vor ihm herlief, da bekam er Lust, mal so zuzuzwicken, und als er Blut schmeckte, da erwachte in ihm das alte Fieber, und am Ende, als er sich müde in den Schatten unter seinem Baum sinken ließ, da lagen drei kopflose Pfauen im Staub, sechs gute Leghühner hatten ihr Herzblut quer über den Hof verkleckert, die friedliebenden Kühe hatten vor dem Gemetzel erschreckt das Weite gesucht, und Greg brauchte einen halben Tag, um sie alle wieder einzufangen. Janet heulte wegen der guten Hühner und weil sie so zugerichtet waren, dass man sie nicht einmal mehr kochen konnte.
Und auch der Hund hatte Schaden genommen: Er war von einem der Schweine, vermutlich einer Muttersau, lahm gebissen worden und würde ein paar Wochen zum Viehtreiben nicht zu gebrauchen sein. Er winselte, selbst über seinen Blutrausch zerknirscht, aber niemand schimpfte mit ihm, er konnte ja gar nichts dafür.
Wer dafür konnte, war nicht nachzuweisen, aber ziemlich klar; es wohnte im Umkreis von 16 Kilometern kein Mensch, und wer außer den Untermietern hätte Grund und Lust gehabt, mitten in der Nacht aufzustehen und so weit zu fahren, nur um Greg Stephens‘ Hund sauber von der Leine und auf die Hühner loszulassen.
Читать дальше