Staub und Asche in der Atmosphäre sorgten schon wenig später dafür, dass die Temperatur schon bald darauf weltweit für viele Monate stark absank. Als die Sonne langsam wieder durchkam, ging, aufgrund des damit einsetzenden Treibhauseffekts, saurer Regen nieder, der die sich langsam wieder erholende, nicht verbrannte Vegetation erneut angriff. Damit war die Nahrungskette für nahezu alle auf der Erde lebenden Arten für eine längere Zeit unterbrochen.
Woher wissen Ihre Wissenschaftler das? Nun, es findet sich rund um die Erde eine sogenannte KT-Schicht, die das beweist. Bei dieser KT-Schicht handelt es sich vor allem um hochkonzentriertes Iridium und metamorphes, d.h. zertrümmertes Quarzgestein.
Iridium ist ein Metall, das vor allem in Meteoritengestein in hoher Konzentration vorkommt. Das allein wäre noch nichts Besonderes. Aber der metamorphe Quarz genau in dieser Schicht belegt, dass ein Großteil der damals zur gleichen Zeit beim Aufprall des Asteroiden herausgeschleuderten Gesteinsbrocken wieder glühend in die Erdatmosphäre zurückstürzte und mit hoher Wucht auf der Erdoberfläche auftraf.
Und noch ein drittes Element ist Teil dieser sogenannten KT-Schicht. Ich rede von einer Ruß- und Kohleschicht im Volumen von rund 70 Milliarden Tonnen, was hochgerechnet nahezu der gesamten damaligen Vegetation der Erde entspricht, die zum gleichen Zeitpunkt, durch den globalen Wiedereintritt glühenden Gesteinsmaterials, in nur wenigen Tagen fast zur Gänze verbrannte.
Damit ist auch klar, warum beinahe die gesamte Vegetation und Tierwelt – und wie ich heute hinzufüge – auch fast alles menschliche Leben auf der Erde nahezu komplett ausgelöscht wurde. Und bis auf meine gerade ergänzte Anmerkung vom Tod vieler Milliarden Menschen – teilen Ihre Fachleute diese erdgeschichtlichen und geologischen Forschungsergebnisse.“
Mero-Khan machte eine Pause, während der er ein wenig um Fassung zu ringen schien. Dann fuhr er fort: „Auch, wenn es für Sie unglaubwürdig klingen mag, es gab diese seinerzeit nahezu völlig vernichtete Erste Menschheit wirklich. Und ich selbst bin nur ein uraltes Relikt aus dieser Zeit.
Was jedoch diesen gigantischen Asteroideneinschlag auf der Erde damals ausgelöst hat, ist Ihrer Wissenschaft offenbar nur unzureichend bekannt. Denn der Impact geschah nicht einfach so, als zufälliger Zusammenstoß eines vom Kurs abgekommenen Himmelskörpers mit der Erde, wie das ja auch in späterer Zeit noch häufiger vorkam und auch heute in meist viel kleinerem Ausmaß noch immer passiert. Er hatte eine andere Ursache.
Ich kommandierte zu der Zeit, als die Katastrophe begann, den Raumhafen unseres Werft- und Flottenplaneten PHAETON, als der völlig überraschende Angriff einer uns damals unbekannten Rasse auf das damalige Sol-System seinen Anfang nahm.
Den Kampf gegen die Eindringlinge – wie wir erst später erfuhren, eine intelligente Insektenrasse mit dem Namen STYXX – verloren wir sehr rasch, weil unsere damaligen Raumstationen und Schiffe mit all ihren Strahlwaffen und Schutzschirmen den Pyramidenschiffen dieser brutalen Räuberbande hoffnungslos unterlegen waren.
Die damalige Erde, unsere gemeinsame Ur-Heimat, war zu jener Zeit, vor allem auf dem heutigen amerikanischen Kontinent, von der Ersten Menschheit besiedelt. Und der heutige MARS war unser industrielles Wirtschafts- und Handelszentrum, das bei diesem Angriff ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Die meisten Ihrer Wissenschaftler, die sich bislang noch nicht mit unseren bisherigen Veröffentlichungen beschäftigt haben, denken noch immer, dass der Einschlag im Golf von Mexiko damals aus dem noch heute existenten Asteroidengürtel zwischen MARS und JUPITER kam.
Nun, das ist zwar vordergründig richtig. Die spannende Frage dahinter ist jedoch: Wodurch ist dieser Asteroidengürtel selbst eigentlich entstanden? Er war nämlich nicht, wie man bis heute auf der Erde denkt, schon immer da. Ich wundere mich übrigens, dass nur wenige Ihrer Astronomen die Lücke zwischen Mars und Jupiter richtig interpretieren. Denn es sind nur diese Wenigen, die dort, wo sich heute der Meteoritengürtel befindet, einen anscheinend fehlenden Planeten vermuten.“
Erneut machte Mero-Khan eine Pause, ehe er weiterredete. „Meine Damen und Herren, die jetzt folgenden beiden Videosequenzen zeigen Ihnen, was damals wirklich geschah. Das erste Video wurde – wie ich schon gesagt habe – im vergangenen Jahr durch die KUNTUR aus einem der noch im Asteroidenring schwebenden Wracks unserer damaligen Raumflotte geborgen.
Und den zweiten Bildbeweis konnte die KUNTUR wenig später bei ihrem Flug nach LARO 5, dank der Aufmerksamkeit ihrer Crew, auf dem Planetoiden CERES in den Überresten meiner ehemaligen Flottenkommandantur sicherstellen.
Aufmerksamkeit deshalb, weil die Ortungszentrale der KUNTUR beim Durchfliegen des Asteroidenrings die Energiesignaturen unserer Kälteschlafkammern anmessen konnte und deshalb auf CERES einen ungeplanten Zwischenstopp machte.
Der Planetoid CERES ist nämlich – wie ich schon ausgeführt habe – das übrig gebliebene größte Trümmerstück meines zerstörten Heimatplaneten PHAETON. PHAETON wurde von den Angreifern seinerzeit mittels abgeworfener Kernbrandbomben rasch zur Explosion gebracht, um so unseren Hauptflottenstützpunkt zu vernichten.
Aus den Resten des Planeten bildete sich dann nicht nur der schon angesprochene Asteroidenring. Einzelne Trümmerstücke erreichten nämlich sogar die Nachbarplaneten, wo sie bald darauf einschlugen und große Schäden anrichteten.
Das Auseinanderbersten des 5. Planeten des Sol-Systems war damit auch die Ursache für den Impact eines rund 10 km messenden Asteroiden im heutigen Golf von Mexiko.
Ich kann an dieser Stelle nur betonen, wie dankbar ich über den mutigen Einsatz der KUNTUR-Besatzung bin. Denn auf CERES hat sie mich und eine weitere Überlebende meiner Raumhafenkommandantur aus dem Millionen Jahre andauernden Schlaf in unseren freiwillig bezogenen Cryo-Särgen gerettet.“
„Blödsinn, was sollen diese unglaublichen Geschichten?“, meldete sich jetzt der chinesische Außenminister Ho-Feng Tian zu Wort. Mein russischer Kollege hier neben mir hat mir gerade erklärt, dass Meteoriteneinschläge auf der Erde – so, wie bei ihm im sibirischen Tunguska im Jahr 1908 – öfters passieren und daher gang und gäbe sind. Also mit Verlaub – ich glaube Ihr fantasievolles Märchen nicht.
Ich stelle momentan nur fest, dass Sie eine Macht vertreten, die für uns ein echtes Risiko darstellt und ...“ – damit blickte er sich nach dem russischen Premier um – „... wir sind von dem, was Sie hier erzählen beileibe nicht überzeugt. Verraten Sie uns doch lieber mal, woher Sie diese überaus kleidsame Operettenuniform haben, in der Sie heute hier Ihre anscheinend gut einstudierte Rolle spielen?“
„Herr Minister, das ist eine sehr gute Idee, die Sie da – wenn auch in verunglimpfender Form – soeben zur Sprache gebracht haben. Danke, dass Sie mich darauf hingewiesen haben. Ich habe diese Uniform am heutigen Tag nämlich nicht aus Geltungssucht oder zur bloßen Zurschaustellung angezogen.“
Damit legte Mero-Khan zum Erstaunen der Zuhörer die Jacke seiner Admiralsuniform ab und begann seine rotgolden schimmernden Rangabzeichen und Orden von der Jacke zu entfernen.
„Diese Abzeichen bestehen aus einer Gold-Rubidium-Legierung. Ich schlage deshalb vor, dass das ja auch bei Ihnen respektierte MIT 6jetzt sofort eine Rubidium-Strontium-Analyse dieser Metallteile durchführt – und ich bin auch damit einverstanden, dass Ihre nationalen Labore dasselbe tun. Wie Sie vielleicht wissen, sind damit, im Gegensatz zur Radio-Carbon-Methode, Altersdatierungen bis zu 50 Milliarden Jahren in die Vergangenheit möglich.
Tun Sie sich also keinen Zwang an, Sie dürfen meine Rangabzeichen zerschneiden, pulverisieren und untersuchen. Ich werde sie zwar vermissen, aber letztlich gibt es den Planeten und das Kommando, zu dem sie einst gehörten, ja schon längst nicht mehr.
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