Ferner entwickelten sie – eingedenk des damaligen Überfalls der Pyramidenraumer – wirksamere Waffen und Schutzschirme, mit denen wir einen etwaigen erneuten Angriff heutzutage sicher abwehren könnten. Denn es darf nie mehr passieren, dass Milliarden von Menschen jemals wieder Opfer dieser grausamen Invasoren werden.“
„Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Großkanzlerin?“, meldete sich in diesem Augenblick der amerikanische Präsident etwas irritiert blickend zu Wort. „Bitte sehr Mister President, natürlich“, erwiderte Shira-Khor prompt.
„Nun, ich frage mich, warum Sie bis heute noch nicht begonnen haben, Ihren Planeten auch an der Oberfläche wieder neu aufzubauen. Ist der damals ausgebrachte Bio-Kampfstoff noch immer wirksam und ist das dafür der Grund?“
„Nein Mr. President, den Kampfstoff konnten unsere Wissenschaftler schon wenige Jahrzehnte nach dem Überfall vollständig eliminieren. Das ist übrigens auch der Grund, warum es heute wieder Vegetation und Tiere auf unserer Planetenoberfläche gibt.
Und ganz so ungenutzt, wie es auf den ersten Blick aussieht, ist die Oberfläche von LARO 5 inzwischen auch nicht mehr. Zumindest unsere ehemaligen Raumhäfen sind – wenn auch scheinbar von Vegetation überwuchert – schon seit Langem wieder in Betrieb. Nur kann man unsere dort stationierten Kampfschiffe, dank der von uns mittlerweile entwickelten Tarntechnologie, vom Raum aus weder sehen, noch anderweitig orten.
Aber ich will ehrlich sein. Wir haben zwar in der Zwischenzeit wieder viele Tausend moderne Schiffe gebaut, die aber zumeist nur – entweder vollautomatisch von Robotern, oder von unseren Androiden geflogen werden können.
Was ich damit sagen will – woran es in erster Linie fehlt, sind eine hinreichende Anzahl menschlicher Führungsoffiziere, die zum Kommandieren einer schlagkräftigen Flotte, nach meiner Ansicht und der meines planetarischen Rats, nun mal unverzichtbar sind.
Dies letztlich auch deshalb, weil wir uns auf Dauer nicht größtenteils allein nur auf Roboter und Androiden – trotz deren überragender Fähigkeiten – verlassen wollen.
Anders als bei Ihnen, leidet mein Planet nämlich nicht an Überbevölkerung, sondern am genauen Gegenteil dessen, weil unsere Bevölkerungszahl mittlerweile nur noch ziemlich langsam anwächst.
Und vorwiegend deshalb halten wir uns, was die offene Zurschaustellung unserer Raumhäfen und den Wiederaufbau unserer Oberflächeninfrastruktur angeht, momentan immer noch ziemlich bedeckt.
Das ist letztlich zudem der Grund, weshalb wir auswanderungswillige Menschen der Erde bitten, uns auf LARO 5 im beiderseitigen Interesse als Siedler und bei der Bemannung unserer Raumschiffe zu unterstützen.
Beiderseitiges Interesse deshalb, weil auch der Erde – wie ich ja schon bereits an anderer Stelle gesagt habe – die latente Gefahr eines STYXX-Angriffs droht. Um das zu verstehen, muss ich Sie aber nun bitten, mir rund 65 Millionen Jahre in unsere gemeinsame Vergangenheit zu folgen.
Als unsere Urahnen zu dieser Zeit von der Erde ins Laro-System auswanderten, taten sie das nämlich nicht aus Abenteuerlust, sondern weil eine kosmische Katastrophe bisher ungekannten Ausmaßes unmittelbar bevorstand, vor der sie die Flucht ergriffen.
Es handelt sich dabei um den auch Ihrer Wissenschaft bekannten Einschlag eines riesigen Asteroiden nördlich der heutigen Halbinsel Yukatan im Golf von Mexiko. Und der Auslöser für diesen Impact war zu jener Zeit der Angriff einer STYXX-Flotte auf Ihr Sonnensystem.“
Um das Rumoren und die Zwischenrufe aus dem Auditorium zu übertönen, sprach Shira-Khor jetzt lauter. „Meine Damen und Herren, wir haben dafür nicht nur eindeutige Beweise, sondern – was noch besser ist – einen Zeitzeugen, der Ihnen jetzt gerne darüber berichten wird.“
Auf einen Wink Shiras trat während der schlagartig einsetzenden, ungläubigen Stille in diesem Moment der in die Uniform eines Admirals der PHAETON-Raumflotte gekleidete Mero-Khan an ihre Seite.
„Erschrecken Sie bitte nicht, dieser Mann, der gerade zu mir ans Rednerpult gekommen ist, ist einer von zwei noch lebenden Zeitzeugen, die aus erster Hand erfahren haben, was vor über 65 Millionen Jahren in Ihrem Sonnensystem geschah. Und warum er wundersamer Weise heute noch lebend vor Ihnen steht, wird er Ihnen gleich anschließend erklären.“
Damit übergab Shira-Khor das Mikrofon an Admiral Mero-Khan, blieb aber neben ihm auf dem Podium stehen.
„Meine Damen und Herren“, begann der uralte Flottenkommandeur sofort zu sprechen. „Mein Name ist Mero-Khan – und ich war vor rund 65 Millionen Jahren Ihrer Zeitrechnung Kommandeur der auf dem untergegangenen Planeten PHAETON stationierten Raumflotte unserer gemeinsamen Vorfahren.“
Das augenblicklich laut einsetzende, ungläubige Murmeln vieler Staatschefs und Delegierter wurde daraufhin unüberhörbar.
„Lassen Sie diesen Mann doch bitte seinen Vortrag halten“, mischte sich sogleich der Generalsekretär der UN von seinem Platz aus mit einem Ordnungsruf ein.
„Ich bitte um Ruhe“, rief er gleich anschließend nochmals, ehe er Mero-Khan zunickte. „Bitte fahren Sie fort.“
„Exzellenzen, ich kann mir lebhaft vorstellen, dass Sie meiner persönlichen Vita im Augenblick nicht zu glauben vermögen. Und dennoch ist sie wahr. Zu meiner Zeit hätte ich das an Ihrer Stelle auch bezweifelt.
Aber seien Sie versichert, vor Ihnen steht einer von nur zwei überlebenden Offizieren der ehemaligen Kommandantur des Raumhafens auf PHAETON, der einmal der 5. Planet Ihres Sonnensystems zwischen MARS und JUPITER war.
Meine Stellvertreterin, Kommodore Lara-Thar, und ich hatten das Glück, dass unsere Cryo-Kapseln die vielen Millionen Jahre auf einem Bruchstück meines ehemaligen Planeten, welches Sie heute unter dem Namen CERES kennen, überdauert haben. Meine Begleiterin und ich wurden vor wenigen Monaten, gerade noch rechtzeitig vor dem endgültigen Versagen unserer Kältetanks, von der Besatzung der KUNTUR gefunden. Doch dazu später.
Ich zeige Ihnen jetzt einige Bilder und zwei uralte Videoaufzeichnungen. Beide Videodokumente – das kann ich Ihnen versichern – sind keine Fälschungen. Vielmehr wurden sie von dem auf der Erde im letzten Jahr wieder instandgesetzten und von einer irdischen Besatzung geflogenen Raumschiff KUNTUR vor noch nicht allzu langer Zeit im Meteoritengürtel zwischen MARS und JUPITER geborgen. Doch auch dazu komme ich noch im Laufe meines Reports.“
Inzwischen war im Auditorium der irdischen Staatschefs eine fast knisternde Anspannung zu spüren, als die ersten vorgeschalteten Standbilder auf dem großen Bildschirm des UN-Konferenzraums unter den erläuternden Bemerkungen des alten Admirals der phaetonischen Raumflotte erschienen.
„Das, meine Damen und Herren, ist Ihre Erde vor ca. 65 Millionen Jahren“, sagte Admiral Mero-Khan, als er das erste Standbild auf den Großbildschirm projizierte.
„Wundern sie sich nicht, das kontinentale Bild der Erde sieht infolge der Kontinentalverschiebung heute ein wenig anders aus, als damals. Dieses Bild, genauso, wie die Theorie der tektonischen Plattenbewegungen, ist auch der irdischen Wissenschaft nicht unbekannt.
Und auch die folgenden Fakten werden von Ihren Forschern geteilt. Ich fasse das, was damals passiert und unbestritten auch Stand der irdischen Forschung ist, deshalb erst einmal kurz zusammen.
Möglicherweise wissen Sie, dass vor rund 65 Millionen Jahren ein sog. ‚KT 5-Impact’, also ein Kreide-Tertiär-Asteroideneinschlag, im Golf von Mexiko rund 75% aller irdischen Spezies ausgelöscht hat.
Zuerst gab es nach diesem Einschlag eine gewaltige Druck- und Hitzewelle, die rund 1.600 km rund um den Auftreffpunkt des Asteroiden reichte. Danach folgte ein Mega-Tsunami mit unglaublicher Vernichtungskraft.
Durch den Impact wurden zudem rund 500 Milliarden Tonnen glühender Gesteinsbrocken bis in den Weltraum geschleudert. Deren anschließender Wiedereintritt in die irdische Atmosphäre führte zu riesigen Bränden rund um den gesamten Globus.
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