Gerd Johann Teebken
Das letzte Sextett
Den Mördern auf der Spur
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Gerd Johann Teebken Das letzte Sextett Den Mördern auf der Spur Dieses ebook wurde erstellt bei
Tag der Erleuchtung 25. Juni 1966
Sex Apostels 16. Dezember 1966
Posträuber Dienstag, 10. Januar 1967
Raubmord Montag, 12. Juni 1967
Die Pianistin Freitag, 11. August 1967
Der Kurier Samstag, 16. September 1967
Fish Hoek Montag, 22. Oktober 1967
Meeting Freitag, 5. Januar 1968
Schicksale Mittwoch, 7. Februar 1968
Happy Birthday Samstag, 2. März 1968
Delphische Weihen Freitag, 3. Mai 1968
Zerknirschung Donnerstag, 4. August 1968
Der Fahnder Freitag, 5. August 1968
Die Chansonette Samstag, 10. August 1968
Der Dealer Donnerstag, 15. August 1968
Die Verräter Dienstag, 10. September 1968
Der Bridgeklub Mittwoch, 13. November 1968
Der Masseur Mittwoch, 13. November 1968
Alte Liebe Dienstag, 19. November 1968
Galakonzert Freitag, 22. November 1968
Zugriff Samstag, 23. November 1968
Verzweiflung Samstag, 23. November 1968
Impressum neobooks
Tag der Erleuchtung 25. Juni 1966
Bevor Robert Eliot das Immobiliengeschäft für sich entdeckte, wohnte er mit seiner jungen Frau, Zehava, den Kindern Martina und Rupert, mit zwei Meerschweinchen, Hund und Katze in einem dreistöckigem Hanghaus in der Ricketts Close im östlich von Kapstadt gelegenen Simonstown. Seine Kumpels auf der Marinebasis nannten ihn Bobby und beneideten ihn um seine hübsche Frau und die niedlichen Kinder, die der Grund für seine robuste Gelassenheit zu sein schienen, mit der er jeden Morgen im Ingenieurbüro erschien und in der Lage war, für fast alle Probleme, gleich welcher Art eine Lösung zu finden, oder wenigstens einen Weg vorzuschlagen, wie man an eine verfahrene Sache rangehen sollte. Und davon gab es bei der südafrikanischen Navy eine ganze Menge. Bobby behielt stets den Überblick, was daran liegen konnte, dass er jeden Morgen auf seinem Balkon stand und auf die unter ihm liegenden Dächer, die Hafenanlagen mit den Tanks, der Werft und den Kriegsschiffen schaute, die wegen der relative ruhigen Zeit nur ganz selten in die False Bay hinaus fuhren und hinter der östlichen Kim des Indischen Ozeans verschwanden. Nach südlichem Kurs änderten die Schiffe nach wenigen Meilen den Kurs nach Steuerbord und umrundeten das Kap der Guten Hoffnung in westliche Richtung, um dann unter Volldampf auf Kapstadt im Norden zuzuhalten und die ehenmalige Lebrainsel Robbeneiland und er Tabel Bay zweimal zu umrunden. Dieses letzte Manöver war eigentlich eine unnötige Demonstration der militärischen Macht, weil von Robbeneiland noch nie ein Inhaftierter das Festland erreicht hatte. Diese absolute Sicherheit hatte die flache, kaum erkennbare Insel im Westen des Tafelberges mit dem Felsen von Alkazar in der Bucht von San Francisco gemeinsam. Ein Entkommen war wegen der starken Strömungen nicht möglich und erstickte die Hoffnung auf Freiheit im Keim. Einmal auf Robbeneiland, immer auf Robbeneiland. Und weil die nicht hingerichteten Guerillas schwarzer Hautfarbe auf der Insel Steine kopften, schlugen die Herzen der weißen Minderheit Tag und Nacht im gleichmäßigen Takt. Nichtsdestotrotz musste militärischen Stärke in der Tabel Bay demonstriert werden, um die Gemüter weißer Frauen und Mädchen zu beruhigen. Ob Bobby sich jeden Morgen darüber Gedanken machte, ist nicht überliefert, wohl aber, dass er von seinem Balkon auf die vielen Segel- und Motoryachten schaute und davon träumte, eines schönen Tages die Planken einer Yacht als Schiffseigner betreten zu können.
Bevor Bobby in den Hafen fuhr, um als bei der SAN (South African Navy) sein Geld zu verdienen, stellte er sich hin und wieder die Frage, was er tun könnte, um weg vom kargen Gehalt hin zum Reibach zu kommen. Er war jung genug, und unternehmungslustig genug, um auch ein Risiko einzugehen, das mit jedem Neuanfang verbunden war und erkannte, dass er in dem kleinen von den Briten gegründeten Städtchen mit mediteranem Touch an der Simonsbaai keine Chancen hatte, an des große Geld zu kommen. Ein Erbe stand nicht in Aussicht und die Besuche der Rennbahn in Kenilworth brachten auch mehr Verluste als Gewinne. Die Idee, wieder eine Jazzband zu gründen und als Saxophonist zusätzlich einen Mammon nach Hause tragen zu können, verwarf er anbetracht der Tatsache, dass seine alten Kumpels ebenfalls Väter geworden waren, Haus und Garten pflegten und keine Gedanken an eine Jazzband verschwendeten.
Nach seinem Studium Ende der 50ger Jahre schloss er mit Pit (Peter Bogner aus München) und Birgit, die als Heilgymnastin am Vincent-Pallotti-Hospital in Pinelands ihre Sporen verdiente, als gleichgesinnter Musikus Freundschaft. Eine Dreizimmerwohnung im Stadtteil Green Point im Westen der City war deren gemütliches Zuhause. Pit arbeitete nach seiner Einwanderung Mitte der 50ger Jahre als Elektroingenieur auch bei der SAN in Simonstown, bevor er auf die Idee kam, sein Salär als Barkeeper in der Sky Bar des Hotels Ritz in Sea Point mehr als zu verdoppeln. Wenn immer Bobby damals noch als unverheirateter Jungingenieur in der City weilte, besuchte er Pit, der ihm umsonst ein frisches Pils vom Fass zapfte und stets etwas Lustiges zu erzählen wusste. Hin und wieder griff er Bobby finanziell unter die Arme und half ihm aus größter Not. Das hatte Bobby nie vergessen und dafür war er ihm so dankbar, dass er Pit streng gehütete Geheimnisse anvertraute und mit ihm laut über seine und Pits Zukunft sinnierte.
An einem heißen Februarabend 1960 saß er wieder bei Pit im 20. Stock des Hotels Ritz an der Theke in der Sky Bar und schaute gelangweilt über sein Bierglas hinweg auf die im kitschigen Abendrot leuchtenden Wolken über der einsamen Insel mitten in der Tabel Bay. Seinen Freund hatte er bereits vor vielen Wochen gefragt, was er davon halte, wieder ihre alte Band zu neuem Leben zu erwecken. Aber Pit, dieser talentierte Klarinettist, hatte nur mitleidig gegrient und mit Hinweis auf seinen Job den Kopf geschüttelt. Wie so oft unter den Wirkungen des Alkohols, suchte Bobby damals als junger Ingenieur nach Wegen, sich aus ewiger Geldnot zu befreien, musste aber einsehen, dass er mit seiner gut bezahlten Tätigkeit als Maschinenbauingenieur zufrieden sein musste und sich die Flausen einer leidigen Jagd nach zusätzlichem Geld als marterielle Voraussetzung zur Erfüllung seiner luxuriösen Bedürfnisse aus dem Kopf schlagen musste. Dass Handel mehr Geld bringt, als Arbeit, war ihm damals schon klar, aber ihm fehlte die Phantasie, womit er als Ingenieur schwunghaften Handel treiben könnte.
Mehr aus Mitleid als aus Neugier wandte Bobby sich an diesem Freitagabende einem alten Mann am Ende der Theke zu, dem er schon einige Male am Tresen in der Sky Bar eher flüchtig begegnet war. Der Mann saß introvertiert auf seinem Hocker und blickte wie Bobby auf das Meer und die Insel in der Tabel Bay. Er schien an einem Gespräch nicht interssiert zu sein, deswegen hatte Bobby nie ein Wort mit ihm gesprochen. Heute schien er besonders traurig und mit seinen Gedanken allein zu sein und Bobby fragte sich unwillkürlich, ob auch er einmal traurig und einsam am Ende seiner Zeit an dieser Theke seine Zeit verbringen würde.
“Da sitz wieder der alte Ben Kaminski”, hatte Pit vor langer Zeit einmal geflüstert und dabei die gespreizten Finger vor sein Gesicht gehalten, um anzudeuten, dass der alte Knacker nicht ganz bei Trost zu sein scheint.
“Nach zwei Pils und zwei Schnaps glotzt er jedes Mal völlig bescheuert ins Abendrot, hebt die Gläser, als säße ein Freund vor ihm, kippt beides hinunter, zahlt und geht.”
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