Nachdem die Beiden mir lustlos bestätigt hatten dass das Zimmer mit Bett besser aussah, verzogen sie sich schnell ins Wohnzimmer. Zu dritt hatten wir dann einen gemütlichen Kaffeeklatsch Stündchen bis die Kleine wach wurde.
Während Rabea der Süßen ein Brot machte und Darki sich mit Rubina unterhielt ging ich schnell ein paar Sachen einpacken, weil ich die Nacht bei den Beiden schlafen wollte. Das wir das Wochenende zusammen verbrachten war schon zur lieben Gewohnheit geworden.
Als wir abends in Rabeas Wohnzimmer zusammen saßen, wollte meine Tochter gerne einen Film sehen, der mich absolut nicht interessierte.
Gelangweilt saß ich neben Rabea und startete einen Versuch, ihr von Marius zu erzählen.
„Maus, ich hab da jemand kennen gelernt. Der ist zwar eigentlich nicht mein Typ, aber ich finde ihn irgendwie süß. Wieso weiß ich auch nicht, aber er....“
„Was nu? Entweder ist er was für dich oder nicht. Wenn du dich entschieden hast, sag Bescheid.“ Unterbrach sie mich abweisend. Rabea ließ mich kalt abblitzen. Sie mochte die Störung nicht.
Es war mir zwar klar, dass sie kein Interesse hatte, aber ich erstickte fast an meinem Geheimnis. Weder Esther noch ihr hatte ich bisher davon erzählt. Hatte mich nicht getraut von meiner Verfehlung und den Zweifeln zu berichten, weil ich nicht riskieren wollte, negative Kritik zu hören. Zwar brauchte ich keinen Rat, dazu hätte ich meine Freundin angerufen, aber ich wusste selbst nicht wie ich meine neue Bekanntschaft bezeichnen sollte, wollte erfahren wie ich mich ausdrücken würde, wenn ich von ihm erzählte.
Plötzlich schien ihr ein Licht aufzugehen, lauernd fragte sie: „War das der späte Besuch diese Woche? Deshalb wolltest du nicht hier schlafen? Wegen nem Kerl? Woher kennst du den denn? Sag jetzt bitte nicht, das ist ein Freier? Mama, das ist doch nicht etwa der Holger?“ war meine Tochter ganz aufmerksam.
Ich grinste geheimnisvoll, versuchte es spannend zu machen: „Nein, der doch nicht. Nein, ich habe einen netten Mann kennen gelernt, aus dem Internet kenne ich ihn. Er ist kein Freier. Weißt du eigentlich ist er das Gegenteil von all meinen bisherigen Lovern. Optisch und auch allgemein, ein Otto-Normalverbraucher, er ist LKW-Fahrer. Aber er hat....“
Wieder unterbrach meine Tochter: „Was erzählst du denn da? Kein Freier? Aus dem Internet? Von miete-mich oder vögeln? Dann ist es doch ein Freier. Mama- igitt- wie kannst du nur? Ich versteh dich nicht.“
„Okay, Bea, stimmt, ich kenne ihn durch vögeln.de. Aber da gehen unsere Meinungen ja nun total auseinander. Nicht Jeder der da drin ein Profil hat ist ein Freier.“ Versuchte ich eine Unterhaltungsbasis zu finden.
Rabea legte das anders aus als ich es gemeint hatte, sie sagte abfällig: „Nee, aber dann sind es Wichser. Primitive Wichser. Und so Einen hattest du letztens zu Besuch? Privat? Ohne Geld etwa? Sag dass das nicht dein Ernst ist!“
Ich resignierte, schwächte ab: „Nein, beim ersten Mal mit Bezahlung!“ log ich um weiteren Kritiken zu entgehen.
Sie hatte meinen Unterton nicht überhört, fragte empört: „Was? Der war schon öfter da? Und dann umsonst? Mama, du bist total verrückt geworden. Ich fass es nicht wie du dich verändert hast.“
Ärgerlich beendete ich die Unterhaltung: „Ist ja meine Sache. Aber dir erzähl ich gar nichts mehr. Guck deinen Film, ich geh ins Netz, zu vögeln.de, das ist interessanter für mich. Du musst das ja auch nicht verstehen.“
Ganz offensichtlich war das Thema damit abgeschlossen, denn Rabea vertiefte sich weiter in die Handlung des Films und ich öffnete als erstes die Mail von „hamiltonmercedes“ die erst Minuten zuvor gekommen war.
Wie gebannt starrte ich auf die kurze Nachricht und war überglücklich als ich las: „Schatzi, es war wunderschön mit dir, du schmeckst oben und unten gleich gut, ich liebe dich, sehen wir uns morgen? Lgma“
In diesem Moment war ich mir absolut sicher, diesen Mann wollte ich behalten, er war der Mann auf den ich gewartet hatte. Wir hatten uns gesucht und gefunden. Egal wie und wodurch wir uns fanden, egal der Altersunterschied, egal die Entfernung zwischen unseren Wohnorten, egal wie viel und welche Widerstände auch auftauchen würden, diesen Mann ließ ich mir nicht vermiesen. Auch nicht durch meine Lieblingstochter.
Ich antwortete schnell „ja- gerne- wann, abends? Ruf mich an- bin noch bei meiner Tochter bis morgen- wenn du mich auf Festnetz nicht erreichst, Handy- freue mich auf morgen- gute nacht- Bussi Julia“
Zwar hatte ich noch 6 Mails, aber nach dieser schönen Nachricht von Marius nicht die geringste Lust, den schwachsinnigen Mist der Freier zu lesen. Lieber träumte ich mit offenen Augen vor mich hin, dachte an die Liebkosungen und Zärtlichkeiten die ich von Marius erfahren hatte und hörte im Inneren noch immer die liebevolle Frage, die er in diesen beiden Nächten so oft gestellt hatte: „Geht es dir gut?“
Oh ja, wenn ich nur an dich denke, mein Liebster, dann geht es mir schon gut!
Am nächsten Tag, dem üblichen langweiligen Sonntag, war ich total unlustig und unruhig. Mir ging die Zeit nicht um.
Bereits am frühen Nachmittag bat ich Rabea: „Fährst du mich bitte gleich nach Hause?“
Verwundert fragte sie: „Jetzt schon? Wieso bleibst du nicht bis Morgen? Du hast doch zu Hause nichts zu tun und außerdem arbeitest du doch sonntags auch nicht. Weshalb willst du denn jetzt schon gehen?“
„Ich habe keine Lust mehr!“ erklärte ich lapidar. Wollte keine weitere Debatte darüber.
Aber so schnell ließ sich meine Tochter nicht abspeisen, sie rätselte: „Ist es wegen dem Kerl, eh Mann den du kennen gelernt hast? Ich war gestern vielleicht ein bisschen voreilig, erzähl doch mal. Was ist denn mit dem? Woher kommt er denn und wie sieht er aus, wie alt und so weiter. Erzähl mal!“ forderte sie.
Ich schüttelte den Kopf erwiderte eigensinnig: „Nein, jetzt will ich nicht mehr. Vielleicht ein anderes Mal. Ich will jetzt nach Hause, wegen dem Kerl. Der kommt nämlich heute. Und der will anrufen und mir sagen wann. So!“
„Aber dann ist es doch immer noch früh genug nach Hause zu fahren. So lange kannst du doch noch bleiben.“ Schlug Rabea vor.
„Nein, er ruft mich auf Festnetz an. Und da das Homezoone ist, erreicht er mich nicht wenn ich hier bei dir bin. Also, fährst du mich jetzt?“ bestand ich darauf aufzubrechen.
Knurrig gab sie nach, zog der Kleinen warme Sachen an.
Unterwegs sagte sie beiläufig: „Ich hoffe, es lohnt sich für dich, wegen dem Mann unser gemütliches Wochenende vorzeitig abzubrechen.“
Ich lachte selig, sagte träumerisch: „Wenn es wieder so schön wird wie die anderen beiden Nächte, lohnt es sich bestimmt. Du könntest deiner Mutter ruhig mal ein neues Glück gönnen.“
„Aber Mama, das tue ich doch. Ich wünsche dir nur das Beste, das müsstest du wissen. Aber ich habe einfach was gegen die Leute, die sich in diesem ekelhaften Forum tummeln. Sorry, ich kann mich nicht dagegen wehren.“ Gab sie sich nachgiebig.
„Ach ja? Du hast also auch was gegen mich? Du sagtest gegen die Leute! Ich gehöre auch zu diesen Leuten. Vergessen?“ stellte ich empört fest.
„Du weißt genau, dass ich die Männer meine!“ korrigierte sie sofort.
Ich schwieg, hatte keine Lust auf weitere Erklärungen und Missverständnisse.
„Kommt ihr noch mit rein?“ fragte ich kurz vor meiner Wohnung.
Nun war meine Tochter stur und lehnte ab: „Nee, keine Lust. Bis morgen.“
In mir keimte die Vermutung auf, dass Rabea eifersüchtig war, vielleicht Sorge hatte, ein neuer Mann an meiner Seite könne ihr etwas wegnehmen. Blödsinn. Oder doch nicht? Ja, auf jeden Fall Zeit, die würde eine neue Beziehung ihr tatsächlich wegnehmen. Aber damit musste sie genau so klar kommen wie ich das auch müsste, denn sicher würde auch meine Tochter irgendwann mal wieder einen Partner finden. Das man seinem Liebsten Zeit widmete, ohne Mutter oder Tochter dabei haben zu wollen war ja normal.
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