Zweiter Flug zum Geliebten
Als ich einen Zwischenstopp in Rom machte, gab ich ihm per SMS Bescheid: ‚Bin gelandet‘. Er antwortete: ‚Wir sehen uns auf dem Flughafen in Palermo‘. Kurz vor der Landung wurde ich vor Aufregung wieder feucht im Schritt. Das lästige Warten auf den Koffer entfiel, denn ich reiste wieder nur mit Handgepäck. Da er mich mit dem Motorrad abholte, gab es sowieso wenig Platz für meine Klamotten, von denen ich ja wie alle Frauen immer zu viele mitschleppte. Da stand er wieder fast auf der gleichen Stelle wie beim letzten Mal in der Ankunftshalle. Unscheinbar, um die 180 cm, Typ normal, nicht sehr attraktiv, dunkelhaarig, in Jeans und grauem Hemd, das lose über der Taille hing. Massimo sah mich kommen, kehrte sich prompt um und lief die Rolltreppe vor mir hoch. Es war für ihn zu gefährlich, sich mit mir auf dem Flughafen zu zeigen. Recht hatte er. Ich hatte schon so viele Geschichten gehört. Zum Beispiel erzählte mir eine Freundin, wodurch sie erfuhr, dass ihr Mann sie betrog. Er umarmte und küsste eine Frau auf dem Genfer Flughafen. Das sah die beste Freundin und berichtete es ihr umgehend. Meine Bekannte war entsetzt. Sie erfuhr dann stückweise, dass ihr Mann sie fünfundzwanzig Jahre lang mit einer anderen hintergangen hatte. Während der Woche arbeitete er in einem ehemaligen Ostblockland. Seiner Geliebten, die er nie am Wochenende oder feiertags sah, hatte er ein Apartment gekauft. Meine Bekannte war total ahnungslos, sie hatte absolut keinen Verdacht, lebte und arbeitete just for fun in ihrer tollen Villa nahe Genf. Ihr Gatte verwöhnte sie. Sie hatte Schmuck von ihm erhalten, der über zwei Millionen Schweizer Franken wert war. Niemals wäre sie ihm auf die Schliche gekommen, wenn ihre Freundin es ihr nicht erzählt hätte. Da sie sehr verletzt war, ließ sie sich sofort scheiden. Ein Jahr später war er an Krebs gestorben. Ich dachte, wenn es der Zufall will, werden auch wir entdeckt . Keine Begrüßung, kein Kuss. „Hallo“, warfen wir uns leise ohne anzugucken zu. Wir beherrschten uns, verstauten meine Sachen auf dem Motorrad und fuhren Richtung Stadt. Auf der Fahrt drückte ich mich an ihn, umfasste seinen Bauch, er küsste meine Hand. Er fragte: „Hast Du Hunger?“ „Ja“, rief ich laut. „Ich bringe dich in ein Restaurant, wo es den besten Mozzarella Buffalo dieser Stadt gibt.“ Für mich gab es immer nur das Beste. Wir hielten vor dem Geschäft, das neben dem Verkaufstresen auch ein kleines Lokal hatte. Er wählte für uns aus dem reichhaltigen Angebot aus und wir aßen stehend an einem Bistrotisch im Hof. Das Essen verzehrten wir schnell, denn wir wollten uns endlich lieben. Die City erreicht, löste ich meine Umklammerung von ihm und hielt mich am Sozius fest. Als wir in der Pension ankamen, stand die Putzfrau mit dem neugierigen Betreiber der Bar quatschend vor der Einfahrt. Mit aufgerissenen Augen sahen sie uns an. Ich dachte, was nützt alle Vorsicht . Es fällt doch jedem hier in dieser Gegend auf, dass wir ein Verhältnis haben. Wir parkten auf dem Hof, nahmen den Lift und los ging es. Während ich noch am Ausziehen war, lag er schon nackt auf dem Bett: „Mach, ich kann nicht warten! Ich begehre dich.“ Ich legte mich zu ihm. Unsere Berührung löste eine Lustwelle in unseren Körpern aus. Er schmiss sich auf mich und küsste meine harten Brustwarzen. Sofort drang er ein. Unsere Lippen, die Zungen, unsere Hände und Finger, unsere Körper und unsere Haut glühten. Wir liebten uns unersättlich und waren pitschnass, als wir uns rücklings erschöpft vor Wonne in das zerwühlte nasse Laken fallen ließen. Wir schwiegen. Nach der Dusche verließ er mich mit einem leichten Kuss, und ich fiel in einen Tiefschlaf. Abends ging ich wieder allein essen. Es war Vollmond. Als ich nach Hause kam, schrieb ich eine SMS voller Sehnsucht: ‚Kommst du? Es ist Vollmond‘. Er antwortete prompt: ‚Wir sehen uns morgen früh um sieben‘. Zufrieden schlief ich ein. Morgens klopfte er an die Tür und legte sich zu mir ins Bett. Wir liebten uns. Danach fuhr er mich auf dem Motorrad zum Strand. Um nicht mit mir gesehen zu werden, nahm er einen Umweg. Ich freute mich, als er sich mit den Worten: „Ich hole' dich auch ab“, von mir verabschiedete. Als ich ihn später bat, mich abzuholen, antwortete er per SMS: ‚Nein, es ist leider nicht möglich. Ich kann es nicht riskieren‘. Schade aber ich wusste, seine Familie ist auch am Strand, denn es waren Ferien und sie hatte wie jedes Jahr ihre Sonnenliegen, ihren Platz für die Saison gemietet. „Wir treffen uns gegen sechszehn Uhr zu Hause.“ Okay , dachte ich, was soll`s, er ist nicht frei. Entweder ich akzeptiere es oder nicht .
Zwei Tage später kam ich wieder abends vom Strand. Ich sandte eine SMS-Nachricht: 'Kann ich mein Zimmer betreten?‘ Ich war mir nicht sicher, ob die Putzfrau schon fertig war. Er antwortete: ‚Ja, du kannst kommen‘. Ich öffnete die Eingangstür, er war nicht mehr da. Ich ging in mein Zimmer, duschte mich, legte mich hin. Zwei Stunden später kleidete ich mich an, um wieder allein essen zu gehen. Ich teilte ihm dann per SMS mit, dass ich wieder meinen frisch gegrillten Fisch essen gehe. Er antwortete per SMS, dass der Fisch im Restaurant nicht so gut wie beim ihm sei. Ich antwortete: ‚Aber natürlich Darling, war der Spada, den wir zusammen bei dir auf der Azienda gegessen hatten, viel besser‘. Er antwortete und befahl: ‚Morgen um acht Uhr will ich dich haben!‘ Dann fragte er später gegen dreiundzwanzig Uhr per SMS: ‚Wo bist Du? Wo befindet sich das Restaurant?‘ Als ich das erste Mal in dieses Gartenrestaurant ging, waren alle Tische besetzt. Es war proppenvoll. Schlangen von Menschen standen draußen am Imbiss an. Die Wirtin stellte am Eingang nahe dem Grill extra für mich einen Tisch auf. Von nun an hatte ich dort immer meinen Tisch für mich allein und wurde vom Sohn persönlich bedient. Die Chefin setzte sich manchmal zu mir. Sie zeigte mir Fotos ihrer Familie und stellte mir ihre Angestellten vor. Sie überwachte den Laden den ganzen Abend, nebenbei strickte oder quatschte sie mit jemandem, gab Anweisungen, hatte alles unter Beobachtung. Ich rief dem Sohn, der den Grill bediente zu: „Gabriele, sag mir mal bitte die Adresse von deinem Restaurant?“ In dem Moment als er sie mir zurief, sah ich sie dann aber auch aufgedruckt auf der Tischservierte und teilte sie meinem Geliebten mit, in der Hoffnung, mein Schatz würde vielleicht hier aufkreuzen. Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Nein, er kam nicht, er war nur neugierig. Wie konnte er auch kommen? Er war ja mit seiner Sippe zusammen. Schade, ich hatte solche Sehnsucht nach ihm. Wieder musste ich einen Abend allein verbringen.
Während meines dritten Aufenthaltes in Palermo ging ich aus Langeweile viel shoppen und gab viel zu viel Geld aus. Ich nannte es Frustshoppen. Das meiste Geld gab ich bei Max Mara aus. Oft verweilte ich auf den schönen Marmorbänken in der Allee der Via Liberta , denn ich hatte ja tagsüber und abends viel Zeit. Entweder aß ich Obst, blätterte in den Vokabeln, trank mein Wasser und beobachtete die Leute. Oft hielt ein Auto, der Fahrer kurbelte das Fenster runter und rief mir zu: „Lust auf einen Kaffee?“ Manche Männer waren sehr aufdringlich und blieben noch minutenlang in meiner Nähe stehen und versuchten, mich zu überzeugen mitzukommen. Freundlich lächelte ich sie an, dankte für das Angebot und blieb unnahbar. Dieses Angesprochen werden gefiel mir nicht wirklich. Dass eine Frau in meinem Alter noch so angemacht wurde, wunderte mich. Sah ich wie eine Nutte aus? Nein. Ich sah nur anders aus als die hiesigen überwiegend kleingewachsenen dunkelhaarigen Frauen. Vielleicht nahmen die Männer an, dass ich eine gelangweilte Touristin bin und Lust auf Sex hatte. Oft kam ich mit Leuten, die sich zu mir auf die Marmorbank setzten ins Gespräch. Einmal setzte sich eine Mutter mit ihrem Sohn zu mir. Sie waren zu Besuch in Palermo und ruhten sich nach ihrer Shoppingtour aus. Mit dem Sohn, der an der Uni Deutsch studierte, traf ich mich während seiner Semesterferien später öfter zum Italienischunterricht. Sehr im Gedächtnis blieben mir seine deutliche Aussprache und sein feminines Aussehen. Morgens wartete ich immer ungeduldig auf Massimo. Wir liebten uns, danach brachte er mich auf Umwegen mal mit dem Motorrad oder der Vespa an den Strand oder ich spazierte durch die Stadt.
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