„Sultan, es gibt da noch ein Problem!“
„Über das sprechen wir später. Bring sie zu den anderen.“
Omar tat wie ihm befohlen. Dann kam er zurück und sagte: „Wir haben ein Problem. Ihr Cousin will zum Brunnen um zu sehen, ob er noch Wasser führt.“
„Hast du ihm nicht gesagt, dass er Wasser führt?“
„Doch, aber er will sich nicht abwimmeln lassen. Er will es selber sehen.
Denn wenn Sie keinen männlichen Nachkommen haben und keinen bekommen werden, würde er der nächste Sultan. Darf ich Ihnen etwas raten.“
„Was Omar?“
„Lassen wir ihn doch den Brunnen ansehen, dann wird er sehen, dass er Wasser führt und muss wieder gehen.“
„Ja, aber er wird sich damit nicht zufriedengeben. Erst wenn ich einen oder mehrere Nachfolger habe, wird er Ruhe geben.“
Nach einer Pause sagte er: „Die Wachen sollen die Ärzte im Auge behalten. Es soll keiner aus dem Fenster sehen. Sie sollen sie drinnen bewachen bis Yusuf 4wieder weg ist.“
Omar richtete es den Wachen aus. Dann durfte Yusuf in den Palast.
***
Dr. Evans war wieder in ihr Quartier gebracht worden. Sie ging sofort zu ihren Büchern und nahm einen Block zur Hand.
„Was ist, Dr. Evans? Was wollte er?“, fragten sie.
„Das geht euch nichts an.“
Statt einer weiteren Antwort zeichnete sie schon auf dem Papier.
„So sieht er halb erigiert aus. In voll erigiertem Zustand müsste er sich noch mehr drehen. Wir machen einen Schnitt hier, hier und hier. Was haltet Ihr davon?“
Sie sahen sie nur verwirrt an.
„Wie haben Sie das hingebracht?“, fragte Dr. Meier.
„Das ‚wie‘ ist egal! Dr. Weck, Sie müssen heute oder morgen mit ihm wegen der Anästhesie sprechen. Damit wir die Operation so schnell wie möglich durchführen können. Es eilt. Ach ja, Sie müssen ihn auch fragen, wie es mit dem Urinieren. Das konnte ich nicht mehr fragen. Es war so schon viel, was ich ihn gefragt hatte. Ich war froh, dass ich …“
Dann wurden sie gestört und mussten sich alle in die hinterste Ecke setzen. Eva konnte noch rasch die Zeichnung verstecken und das Buch umdrehen. Die Wachen würden zwar nichts lesen können, aber die Zeichnung sprach Bände. Sie wussten nicht was vorgefallen war, dass man sie unter starke Bewachung stellte. Es dauerte nicht mal eine Stunde und die Wachen wurden wieder abgezogen. Vor die Tür. Es wurde draußen schon finster und es kühlte sich auch schon merklich ab. Dann brachten die Diener das Essen, aber nur für zwei Personen. Sie sahen sich an. Was sollte das? Da kam auch schon Omar und brachte für Dr. Evans andere Kleidung. Es war ein prachtvolles Gewand. Ihre Kollegen starrten Eva nur an. Dr. Evans verzog sich wieder in ihr Zimmer, kam umgezogen heraus und folgte Omar. Sie wurde wieder in des Sultans Räume gebracht. Hier war auch schon das Essen hergerichtet. Eva durfte - nein - sollte mit dem Sultan essen. Er war wieder sehr freundlich zu ihr.
„Ich muss mich für die Unannehmlichkeit von vorhin entschuldigen. Aber es war eine reine Vorsichtsmaßnahme. Bitte setz dich und lang zu. Ich hoffe, dein Magen hat sich schon beruhigt“, sagte er und lächelte etwas spöttisch.
Das war auf das Essen von vorhin gemünzt, wo sie kaum etwas gegessen hatte.
„Was verschafft mir die Ehre, dass ich mit Ihnen essen darf? Sind dann nicht Ihre Frauen eifersüchtig?“
„Ich wollte dich nicht in der Gesellschaft der trauernden und wimmernden Männer lassen. Lieber ziehe ICH deine Gesellschaft vor. Und nein, meine Frauen essen mit den Kindern zusammen. Es speist ganz selten eine Frau bei mir. Außer sie ist mein Gast.“
„Wie viele Frauen haben Sie? Wenn ich mir diese Frage erlauben darf.“
„Ja, darfst du. Wenn du etwas nicht fragen darfst, wirst du es daran merken, dass ich nicht antworte oder böse werde. Ich habe vier Frauen und leider acht Mädchen. Ein Sohn dazu wäre nicht schlecht.“
Er machte eine Pause, bevor er weitersprach.
„Schenkst du ihn mir?“
Eva sah ihn mit großen Augen an. Und hoffte, sie müsste dann nicht noch neun Monate hierbleiben.
„Sieh mich doch nicht mit deinen braunen Augen so vorwurfsvoll an. Ist dein Vater arabischer Abstammung?“, fragte der Sultan und lenkte das Gespräch auf ein anderes Thema.
„Keine Ahnung. Mein Vater war Engländer, meine Mutter Deutsche und die Großeltern väterlicherseits weiß ich leider nicht. Man hatte ihn schon oft deswegen aufgezogen, weil ich dunkle Haut, dunkle Haare und fast schwarze Augen habe. Er scherzte oft, es könne sein, dass irgendwo bei meinen Großeltern anderes Blut dabei sei und die Gene jetzt durchgekommen seien. Aber ich habe nie einen Bluttest machen lassen.“
„Kann man das?“
Sie erklärte ihm, wie das mit der DNA funktionierte. Wollte ihn aufklären, doch dann sah sie in sein verwundertes Gesicht und hörte sofort wieder auf davon zu sprechen.
„Zu viel des Guten?“
„Ja, bitte erzähle mir etwas anderes. Ich höre deiner Stimme gerne zu.“
„Ach ja, bevor ich es vergesse, Dr. Weck wird morgen …“
„Nein, heute nichts mehr über die Operation. Morgen. Er soll morgen kommen und mir dann sagen, was du brauchst. Erzähle mir jetzt etwas über deine Kindheit.“
Und so musste Eva ihm über ihre Kindheit und Jugend erzählen. Das andere brannte ihr mehr auf der Zunge. Aber um ihn nicht zornig zu machen und vielleicht wegen der OP noch mehr zu beunruhigen, erzählte sie von sich. Auch er gab einige Anekdoten von sich. Die Zeit verflog schnell. Er geleitete sie dann selber zu ihrem Zimmer. Die anderen schliefen schon. Eva lag noch etwas wach und dachte über den Tag nach. Er verlief gar nicht so schlecht. Außer dass sie sofort enttarnt wurde.
Warum konnte sie diesem Mann nicht bei ihr zu Hause begegnen. Sie könnte sicher mit ihm sehr glücklich sein. Und träumte von einer schönen Zeit mit ihm.
***
Yusuf durfte zum Brunnen und nachsehen. Er floss, aber nicht mehr in dem Ausmaß, das er kannte. Aber er konnte ihn dadurch nicht vom Thron stoßen. Er musste unverrichteter Dinge wieder abziehen.
„Wo sind deine Gäste? Willst du sie mir nicht vorstellen?“, fragte er noch zum Schluss.
Natürlich hatte er davon gehört und wollte sie gerne sehen.
„Sie sind müde und ruhen sich aus.“
Er musste sich damit zufriedengeben. Dann ritt er davon und wusste, dass er nur weiterhin geduldig abwarten musste. Denn er hatte schon einen Sohn und irgendwann würde der Sultan werden.
Der Sultan ging wieder in seine Gemächer. Sein ‚Bestes Stück‘ hatte sich durch den Ärger wieder beruhigt. Er gab die Anweisung den Männern das Essen zu bringen, Dr. Evans die neuen Kleider und sie zu ihm zu geleiten. Sie kam ohne Widerstand. Er hoffte, sie machte das auch in der Hochzeitsnacht, aber nein - über etwas Widerstand würde er sich freuen. So eine richtige kleine Wildkatze. Die zahmen Dinger, die man ihm sonst brachte, waren nicht interessant. Fünf solcher warteten bereits darauf, von ihm als Frau genommen zu werden. Da sie allesamt noch sehr jung waren, konnte er sich mit dem Alter herausreden. Er hoffte, diese Operation würde ihm helfen, dass er seine Männlichkeit wieder richtig einsetzen konnte. Bei der Letzten musste er schon schummeln und so tun, als ob er sie beglücken würde.
Da sie auch noch jung war, bekam sie das nicht mit. Er schmierte ihr dann zum Schluss den Samen in ihre Tulpe. Und siehe da - sie wurde schwanger. Aber bei jeder seiner Frauen konnte er das nicht machen. Sie sollte bald gebären und er hoffte auf den ersehnten Jungen. Jedoch kam das Gerücht auf, dass er gar nicht der Vater wäre, weil er so wenig seiner Frauen beglückte.
Diese Ärztin hatte es ihm von Anfang an angetan - mit ihren wilden braunen Augen - in die er sich sofort verliebte und vor allem gehofft hatte, dass sie tatsächlich eine Frau war. Nicht, dass er sich dann doch als Mann entpuppte und er sich in einen Mann verliebt hatte und er darum keine gerade Männlichkeit hatte - als Strafe. Aber sie war - Allah sei Dank - eine Frau. Obwohl das ja auch ein Problem war. Weder der Diener noch Omar durften davon erzählen, dass einer der Ärzte eine Frau war. Erst später würden es alle anderen erfahren
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