»Schau mal!« sagte Rim.
Ich lächelte und trat näher heran.
Im Hintergrund des Geheges erstreckte sich eine waagrechte Stange, an der mehrere Sklavinnen festgemacht waren. Ich trat vor ein Mädchen hin, das mich wütend ansah.
Rim und ich musterten sie abschätzend.
»Ihre Brüste sind ein bißchen flach«, sagte ich.
»Und ihre Hand- und Fußgelenke ein wenig zu stämmig«, bemerkte er.
»Aber das wußten wir schon.«
Das Mädchen zerrte ärgerlich an ihren Fesseln.
»Sie bewegt sich gut«, sagte Rim.
»Ja.«
Das Mädchen rührte sich nicht mehr und starrte uns aufgebracht an.
»Sei gegrüßt«, sagte ich und betrachtete die goldenen Kettenglieder und Tierklauen, die sie noch um den Hals trug.
»Willst du uns vielleicht noch ein paar Männer verkaufen?«
Sie verlor die Fassung und zerrte wild an ihrer Kette.
»Sei gegrüßt, Sheera«, sagte ich.
»Gefällt sie euch?« fragte einer der Sklavenhändler.
»Nicht übel«, erwiderte ich.
»Ein Panthermädchen, wie man sieht. Sie wurde erst gestern abend bei Dunkelheit gebracht.«
Ich lachte. Das bedeutete, daß sie vermutlich einem Gesetzlosen in die Hände gefallen war, der seine Beute erst nach Dunkelheit in die Stadt brachte, um nicht erkannt zu werden.
»Ein Gesetzloser hat sie gefangen?« fragte Rim.
»Ja«, sagte der Mann.
»Kennst du seinen Namen?«
»Arn«, sagte der Mann.
Wieder bäumte sich Sheera in ihren Ketten auf.
Rim und ich lachten. Wir freuten uns, daß Arn so gute Beute gemacht hatte.
»Ich wußte gar nicht, daß Panthermädchen von Gesetzlosen hereingelegt werden können«, sagte Rim.
»Und schon gar nicht ein Mädchen wie die hier«, fiel ich ein und beobachtete sie. Sheera kannte sich in den Wäldern sicher sehr gut aus.
»Trifft es zu, daß du mit Verna verfeindet bist, wie du mir gesagt hast?« fragte ich.
»Ja«, erwiderte sie niedergeschlagen. »Sie hat mir einmal zwei männliche Sklaven gestohlen.«
»Was soll sie kosten?« wandte ich mich an den Sklavenhändler.
»Vier Goldstücke«, erwiderte er.
»Das ist zuviel«, sagte ich kopfschüttelnd. »Ich biete zwei Goldstücke.«
»In Ar würde ich zehn für sie bekommen!«
»Wir sind aber nicht in Ar!«
»Wir können nicht lange handeln«, schaltete sich Rim ein. »Die Tesephone muß bald ablegen.«
»Gut«, sagte ich. »Ich biete drei Goldstücke und fünf Tarsks.«
»Also bitte, sie gehört dir«, sagte der Sklavenhändler.
Er öffnete die Ketten des Mädchens und fesselte ihr die Hände auf den Rücken. Ich zahlte die vereinbarte Summe, und Rim nahm das Mädchen am Arm.
Als wir gleich darauf die Tesephone erreichten, die knapp hundert Meter vom Sklavenmarkt entfernt lag, hatte die Flut eben ihren Höhepunkt überschritten.
Ich hatte jetzt keine Zeit für Sheera, sondern mußte mich um das Schiff kümmern. »Bring sie nach unten«, sagte ich zu Rim, »und kette sie im unteren Laderaum an.«
Thurnock brachte Wein, Öl und Salz. Ich nahm an der Reling Aufstellung. Meine Männer erhoben sich.
Nach wenigen Sekunden war Rim an Deck zurückgekehrt und verfolgte die Zeremonie.
»Ta-Sardar-Gor! Ta-Thassa!« rief ich auf goreanisch. »Für die Priesterkönige Gors und das Meer!«
Dann schüttete ich langsam den Wein ins Meer, schüttete Öl und streute Salz hinterher.
»Ablegen«, brüllte Thurnock. Die Männer am Kai warfen die Taue los, die an den Pollern festgemacht waren. Zwei Männer am Bug stemmten das Schiff mit Stangen vom Kai.
Die Kaimauer blieb langsam zurück.
»Ruder aus!« rief Thurnock. »Alles fertig!«
Die Seeleute begannen die Flaschenzüge zu bedienen, um den Segelbaum aufzuziehen. Der Steuermann bewegte seinen mächtigen Ruderbaum.
Ich sah, wie Cara und Tina das Manöver verfolgten. Der Kai füllte sich mit Menschen, die ihre Arbeit unterbrachen, um der Tesephone beim Ablegen zuzusehen.
»Steuerbordruder! Zieht – durch!« rief Thurnock.
Der Bug der Tesephone schwang zum Fluß hinüber. Die geschnitzten und bemalten Holzaugen des Tarnkopfs richteten sich auf Laura.
Auf dem langen, schrägen Segelbaum bewegten sich Männer hin und her. Einen Augenblick später fiel das Segel herab und wölbte sich in der Brise.
»Alle Ruder!« befahl Thurnock. »Ein Viertel der Schlagzahl. Los!«
Die Tesephone begann flußaufwärts zu gleiten.
»Zieht – durch!« rief Thurnock im Rhythmus der Ruderschläge. »Zieht – durch!«
Ich ging zum Heck und schaute mit dem Fernglas der Hausbauer in den Hafen zurück. Interessiert stellte ich fest, daß auch die große gelbe Galeere aus Tyros ablegte. An diesem Abend schenkte ich dem Umstand noch keine Beachtung.
Nachdem wir einige Tage später in Laura festgemacht hatten, kamen Rim, Thurnock und ich in der Heckkabine der Tesephone zusammen und studierten eine Landkarte des Gebiets nordöstlich der kleinen Stadt.
Auf ihr zeichneten wir, so gut wir das nach unseren Informationen vermochten, den Weg zu Vernas Lager und Tanzkreis ein.
»Irgendwo hier«, sagte ich und deutete mit dem Schreibstift auf eine Stelle, »irgendwo hier muß das Lager sein.«
»Warum folgen wir nicht den Zeichen an den Bäumen?« wollte Thurnock wissen.
»Wenn die beiden Panthermädchen den Weg kannten, ist er auch anderen bekannt«, warf Rim ein.
»Außerdem«, sagte ich, »habe ich das Gefühl, als rechnete Verna mit einer Verfolgung durch Marlenus aus Ar. Es ist ihr zweifellos wichtig, daß er sich auf ihre Fährte setzt, damit sie ihre Pläne verwirklichen kann. Sie will sich nämlich wegen ihrer früheren Gefangenschaft und Erniedrigung an ihm rächen.« Ich sah Thurnock an. »Durchaus denkbar, daß sie ihm absichtlich solche Informationen über die Wege in die Hände spielt.«
»Damit sie seinen Anmarschweg kennt und ihm eine Falle stellen kann«, sagte Rim und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Ja«, sagte ich.
»Und in diese Falle möchten wir nicht gern geraten«, sagte Rim.
»Aber Marlenus ist ein großer Ubar«, gab Thurnock zu bedenken. »Er nimmt sich bestimmt in acht.«
»Marlenus«, sagte ich, »ist ein großer Ubar, doch er ist nicht immer weise.«
»Marlenus hält sich zweifellos für einen großartigen Jäger«, meinte Rim. »Er rechnet damit, daß die Panthermädchen vor ihm und seinen Männern fliehen. Er rechnet mit Problemen nur, soweit es um das Aufspüren der Mädchen geht.«
»Er rechnet damit, daß ihm ein friedlicher Tabuk ins Netz geht«, sagte ich. »Dabei erwartet ihn eine Horde wilder Panther, die selbst auf der Jagd sind.«
»Das ist gefährlich«, sagte Thurnock.
»Allerdings.«
»Andererseits weiß Verna nichts von uns«, meinte Rim. »Wir haben die Überraschung auf unserer Seite.«
Ich rieb mir das Kinn. »Jedenfalls möchte ich das Lager aus einer Richtung angehen, die nicht gekennzeichnet ist. Andererseits habe ich kein Interesse daran, es mit Sklavennetzen zu erstürmen.«
»Willst du etwa mit den Panthermädchen verhandeln?« fragte Rim lächelnd.
Ich legte den Schreibstift fort. »Ich bin Kaufmann«, sagte ich.
»Wie soll es nun weitergehen?« wollte Thurnock wissen.
»Wir werden ein Hauptlager anlegen – angeblich um Sleenpelze zu kaufen und zu jagen. Dann wird ein ausgewählter Trupp in den Wald eindringen, doch so, als wüßte er nichts von Vernas Lager. Irgendwie muß dieser Trupp Verbindung mit Angehörigen ihrer Bande aufnehmen. Entweder kommen sie zu uns oder wir zu ihnen.«
»Es wäre für Panthermädchen ungewöhnlich, den ersten Schritt zu tun«, sagte Rim lächelnd. »Es sei denn, mit der Waffe.«
»Wir werden ein gefesseltes Sklavenmädchen freilassen, um uns mit ihnen in Verbindung zu setzen.«
Читать дальше