»Station«, sendete sie, »hier Pyanfar Chanur: Bestätige Hasatso-Sendung. Namen der Überlebenden.«
»Chanurs Stolz«, antwortete die Station, »Hasatso berichtet, dass die vier Überlebenden in guter Verfassung sind. Keine näheren Informationen. Geben Anfrage weiter. «
Abwesend dankte sie der Station und starrte für einen Moment auf den Schirm. Bei dieser Anfrage musste sie sich mit der Verzögerungszeit abfinden, konnte nichts anderes tun als warten. Sie raffte sich auf, Checks durchzuführen, während alle Schiffe mit der Reparatur ihrer Schäden beschäftigt waren, den Stationsmarkt anzurufen und ein paar Käufe und Lieferungen via Dockskurierdienst zu vereinbaren. Es gab Verzögerungen bei dieser Verbindung: Auf der Station schien jeder in dem ganzen Durcheinander geistig benebelt zu sein, bis hinunter zu den Gebrauchsartikelmaklern.
»Station, was hält die Antwort auf?« sendete sie an Haupt-Op. »Besatzung verweigert Antwort«, kam es zurück. Auch dort ein Versagen der Kommunikation. Die Nerven. Möglicherweise lagen aufgewühlte Hani mit den Mahe-Rettern im Streit. Schiff verloren, Fracht verloren, Leben verloren. Eine schreckliche Geschichte.
Und einer der Knnn hatte von der Station abgelegt und sendete sein Heulen, wälzte sich entlang eines unsicheren Kurses um die Peripherie der Station wie eine Kugel aus Irrlicht, löste damit tickende Beschwerden/Beschuldigungen/Bitten? von der Tc‘a-Kontrolle aus.
Götter. Das Sauerstoffatmerkommando wurde für den Augenblick ruhig. Tc‘a schnatterten und zischten. Pyanfar griff nach dem Ausstoß des Übersetzers, aber fand nichts Verständliches darin. Tc‘a ließ sich am besten übersetzen, wenn es sich um einfache Docksinstruktionen handelte oder allen Schiffen gemeinsame Operationen. Dies hier war etwas anderes, verdammt noch mal.
Schließlich trat Schweigen ein, sogar bei den Tc‘a. Der Knnn fuhr weiter hinaus und blieb dort. Die Hasatso setzte ihren langsamen Anflug fort. Endlich meldete sich die Mahendo‘sat- Seite der Station wieder mit ruhigen Operationsanweisungen für den anfliegenden Frachter, nichts Informelles.
Pyanfar sendete keine Fragen an sie. Niemand tat es.
Die Neuigkeiten trafen ein, als die Hasatso mit der letzten Phase des Anfluges begann: vier Überlebende gab es, eine fünfte war während des Ausstoßes des Rettungsbootes an ihren Wunden gestorben und blieb im Boot, als die Hasatso es wieder freigab, keine Hani- Entscheidung, sondern eine Ma he-Ehrung. Zwei waren mit der Sternjäger gestorben, entweder beim Angriff oder weil sie es nicht geschafft hatten, das Rettungsboot zu erreichen — diese Information war nicht eindeutig. Ein Name wurde genannt: Erster Offizier Hilan Faha, Überlebende; und noch einer: Lihan Faha — der Kapitän, die dritte Tote.
»Tante«, sagte Hilfy, nachdem Pyanfar sie zur Brücke gerufen und ihr alles erklärt hatte, »ich würde gerne zu ihrem Liegeplatz am Dock gehen. Ich weiß, dass es gefährlich ist, aber mit deiner Erlaubnis würde ich es gern machen.«
Pyanfar legte Hilfy eine Hand auf die Schulter und nickte. »Ich begleite dich«, sagte sie, woraufhin Hilfy sowohl erleichtert als auch erfreut wirkte. »Geran«, sagte Pyanfar dann, nachdem sie sich umgedreht, über den Kom gebeugt und den Rundspruch eingeschaltet hatte. »Geran.«
Die Bestätigung traf ein.
»Geran, übernimm wieder die Wache im Unterdeck-Op! Es sind wieder Nachrichten hereingekommen. Der Kapitän der Sternjäger und zwei Frauen ihrer Besatzung sind tot.
Hilfy und ich werden das Rettungsschiff aufsuchen und die Faha dann mit zu uns an Bord nehmen, wenn es ihnen recht ist. Es hätte keinen Sinn, wenn sie sich mit den Fragen und Formularen der Mahe herumschlagen.«
Nach einer kurzen Verzögerung kam die traurige Bestätigung. »Komm!« sagte Pyanfar dann zu Hilfy, und sie gingen hinaus zum Lift. Hilfys Haltung war ziemlich aufrecht, ihr Gesicht beherrscht… keine guten Nachrichten, wenn man bedachte, dass sie schlafen gegangen war in dem Glauben, die Lage sei besser, als es sich jetzt tatsächlich herausgestellt hatte. Aber zumindest ein Teil der Faha-Besatzung war gerettet worden, und das war mehr, als sie zu Beginn gehofft hatten.
Wieder ein Posten auf der Kif-Rechnung, wenn der Tag ihrer Aufstellung einmal gekommen war. Aber wenn jetzt dort draußen Kif waren — und das konnte gut sein, dass sie am Rand des Systems lauerten und dasselbe Spiel spielten, dass die Stolz ihrerseits bei Urtur gespielt hatte —, dann warteten sie auf einen Augenblick, wo sie im Vorteil waren, wo nicht mehr fünf bewaffnete Mahendo‘sat-Patrouillenschiffe im Raum kreuzten.
Der Rundspruch hatte nicht nur Geran geweckt. Tirun war auf und saß im Op, als sie auf dem Weg zur Schleuse dort vorbeikamen, und auch Geran war da, der die Wache zugewiesen worden war. Chur stand mit Tully auch in der Gegend herum, und der Außenseiter wirkte leicht beunruhigt in diesem ganzen Aufruhr, den er nicht begriff. Von weiter unten im Korridor kam Haral herbeigeeilt. »Ich komme mit, wenn du erlaubst«, sagte sie, und Pyanfar nickte, denn es war ihr durchaus recht. »Kif sind da draußen«, sagte Pyanfar. »Aber ich lasse mich nicht zweimal auf dieselbe Art fangen.«
»Gebt acht!« wünschte ihnen Tirun, als sie gingen, und in der Luftschleuse zögerte Pyanfar, während Haral die äußere Luke öffnete, um sich die Pistole aus deren sicherem Aufbewahrungsort im Schließfach neben dem Kom zu holen und sie sich in die Tasche zu stecken.
»Wir kommen an keinen Detektoren vorbei«, sagte sie. »Los geht‘s!«
Die Luke blieb hinter ihnen offen; sie gingen den gerippten Rampengang hinaus aufs Dock.
Maschinen heulten links von ihnen; die Mondaufgang war noch mit der Entladung beschäftigt und Container kamen heraus in die Hände von Mahendo‘sat-Dockarbeitern, nicht in die einer Hani-Besatzung.
»Vielleicht sind sie auch weg, um die Faha zu treffen«, mutmaßte Pyanfar, als sie das völlige Fehlen einer Hani-Überwacherin vor dem Schiff bemerkte. Eine höfliche Geste, die zu erwarten gewesen war; die Politik blieb abseits, wenn ein Hani-Schiff verunglückte.
»Nicht viel los«, meinte Haral.
Das traf zu. Wo normalerweise die gewaltigen Docks einen regen Fußgängerverkehr die Krümmung hinauf und hinab aufgewiesen hätten, gab es jetzt nicht einmal mehr gelegentliche Passanten, und die Aktivitäten bei der Mondaufgang waren die einzig erwähnenswerten in Sichtweite. Dockarbeiter, Wartungspersonal und Mahe, die in speziellem Auftrag unterwegs waren, blieben stehen und starrten sie im Vorbeigehen an und hinter ihnen her. Stsho drängten sich an den Eingängen ihrer Schiffe und flüsterten miteinander. Auch die Kif waren draußen, wie zu erwarten gewesen war, bildeten eine Traube nahe dem Zugang zu einem ihrer Schiffe — ganze acht von ihnen, die bei ihren Containern herumlungerten und den Hani knackende Beleidigungen nachriefen.
Und bei einer dieser Unverschämtheiten zuckten Pyanfars Ohren; sie unterbrach ein instinktives Herumfahren und versuchte den Anschein zu erwecken, sie hätte nicht gehört oder nicht verstanden. Er weiß Bescheid, Hani-Diebin. Wie viele Schiffe willst du noch in den Untergang treiben?
»Käpt‘n…«, murrte Haral, und auch Hilfy machte Anstalten, sich umzudrehen. »Nach vorn, Götter!« zischte Pyanfar und packte Hilfy am Arm. »Was willst du hier anfangen und mit welchen Chancen?«
»Was machen wir denn?« fragte Hilfy, die gehorsam zwischen ihnen einherging. »Woher kann er etwas wissen?«
»Weil eines dieser Kif-Schiffe seins ist, Kleine; es kam von Kita hierher, und jetzt hat dieser Akukkakk noch weitere Schiffe dazu verpflichtet, ihm zu helfen. Sie werden sich von hier aus verstreuen wie Sporen, sobald wir ablegen, und die Götter mögen uns helfen; wir sitzen hier fest, bis die Reparaturen fertig sind.«
Читать дальше